Einerseits gibt es hier persönliche Gründe: Toni Schumacher verriet bei der Mitgliederversammlung, dass nach etlichen Jahren im Geschäft natürlich auch in den Redaktionen beispielsweise der “Bild” und des “kickers” befreundete Redakteure arbeiten würden. Es ist nur ein Beispiel für die Nähe zwischen Vereinsführung und einzelnen Medienvertretern. Andererseits geraten die Journalisten auch zunehmend unter Druck, da die Bundesliga-Clubs im Zweifel ihre eigenen Kanäle ausbauen und stärker nutzen – so gibt es das Interview mit dem Starspieler dann eben bei bei “FC Bayern.TV” und nicht bei unabhängigen Medien. Dass die Fragen nicht gleichwertig kritisch sind, braucht man da nicht zusätzlich zu erwähnen. Zu guter Letzt könnten Vereine auch Akkreditierungen verweigern oder zumindest mühsam gestalten, um Druck unliebsame Berichterstattung zu unterbinden.
Studie besagt: Kritischer Sportjournalismus in Deutschland ist Mangelware
Das erklärt auch die Ergebnisse einer von der Otto-Brenner-Stiftung geförderten Studie des freien Journalisten Tonio Postel, die vor kurzem veröffentlicht wurde. Diese besagt, dass unabhängiger und kritischer Sportjournalismus in Deutschland Mangelware ist. Als einen möglichen Grund nennt die Studie, dass Sportjournalisten vom Wohlwollen der Spieler und Funktionäre abhängig seien. Dazu passt auch folgende Passage aus dem Buch „Football Leaks“ der “Spiegel”-Redakteure Rafael Buschmann und Michael Wulzinger: „Unabhängigen Journalismus bekämpft der Fußball mit Schärfe und Ausgrenzung. Die Pressestellen erlauben Gespräche mit den Sportlern und Funktionären nur dann, wenn sie am Ende jedes Wort, das geschrieben wird, gegenlesen und im Zweifel auch verändern können.“
Foto: Shaun Botterill/Getty Images
Tonio Postel hingegen richtet seine Kritik vor allem an die Journalisten: “Diese Sport- bzw. Fußballjournalisten müssen sich die Frage gefallen lassen, wie sie es mit der Nähe und der Distanz zum Objekt ihrer Berichterstattung halten. Zu selbstverständlich verbrüdern sich viele Reporter mit Fußballspielern oder -managern, um als erste an Informationen zu gelangen”, konstatiert der freie Journalist. Positiv hervorzuheben ist laut Postel jedoch die Sportberichterstattung von Qualitätsmedien und öffentlich-rechtlichen Sendern. Diese versuchten demnach, die Balance zwischen Unterhaltung und hintergründigem Journalismus zu wahren – ganz im Gegensatz zu Privatsendern und Boulevardmedien.
Schmutzige Kampagne gegen Stefan Müller-Römer
Auch deshalb, so scheint es, ist es für manches Blatt mitunter unproblematisch, sich an Kampagnen, die von Vereinsverantwortlichen gestartet werden, zu beteiligen. Das ist im Verlauf der vergangenen Wochen auch in Köln vielen sauer aufgestoßen: Im Wahlkampf um die neue Besetzung des Mitgliederrats wurde extrem schmutzig gespielt – die Attacken zielten zumeist auf den bisherigen Mitgliederratschef Stefan Müller-Römer ab.
“Zu selbstverständlich verbrüdern sich viele Reporter mit Fußballspielern oder -managern, um als erste an Informationen zu gelangen”
Interna wurden an die „Bild“-Zeitung durchgesteckt, einseitige Artikel, die deutlich Partei für den Vorstand nahmen, wurden im „kicker“ und dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ abgedruckt. Doch warum ist das so? Warum berichten der “kicker”, der “KStA” oder die “Bild” beispielsweise so einseitig über den Konflikt zwischen Vorstand und Mitgliederrat und lassen sich teilweise sogar dazu verleiten, kurz vor einer demokratischen Wahl einen einzelnen Kandidaten zu diskreditieren?
Die Ergebnisse der Studie sind sicher nicht deckungsgleich auf die Situation der Medienlandschaft rum um den 1. FC Köln anwendbar. Denn erstens war mit dem “kicker” zuletzt ein sogenanntes qualitativ hochwertiges „Fachblatt“ mit reichlich tendenziöser Berichterstattung in Erscheinung getreten, und zweitens ist der “Express” als Boulevardblatt das einzig große Medium rund um den Verein, das nach wie vor halbwegs kritisch über den FC-Vorstand berichtet.
Dennoch zeigt sich an diesem Beispiel, dass die im Diskussionspapier der Otto-Brenner-Stiftung gestellte Forderung nach mehr kritischem Sportjournalismus durchaus ihre Berechtigung hat. In Köln scheinen einige Journalisten die Distanz zum Gegenstand ihrer Berichterstattung gerne mal vermissen zu lassen – und wirken so wie mediale Instrumente der Vereinsvertreter, die mit Exklusiv-Infos locken.
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