Grund vier: Keine Lösung für Defensivprobleme
Die ganze Saison über plagte sich der 1. Fußballklub aus Köln mit Problemen in der defensiven Absicherung seines Wundersturmes. Am 31. Spieltag hatte der FC bereits 41 Gegentore hinnehmen müssen (zum Vergleich: beim Tabellenzweiten, dem HSV, waren es nur 33), nur acht Spiele in der Saison konnten gegentorfrei bestritten werden (HSV: 12). Dabei zeichneten sich nach der Umstellung auf 3-5-2 (siehe oben) zwei Muster für Gegentore ab, die Anfang in der gesamten Saison über nicht in den Griff bekommen hat: Zum Einen eine merkwürdige, die Saison durchziehende Schwäche nach gegnerischen Standards – dabei hat Anfang im Laufe der Saison sogar von einem eher raumorientierten Verteidigungsansatz zu einer eher klassischeren Mannorientierung umgestellt – insofern, als dass die beim Gegner als gefährlich identifizierten Spieler unter Manndeckung genommen wurden.
Hierbei kam beim FC allerdings das Problem zum Tragen, dass die Mannschaft eher klein ist – der einzige Stammspieler über 1,90m ist Simon Terodde – ein Stürmer. Keiner der drei Stamminnenverteidiger knackt diese Marke (Höger: 1,83m, Czichos: 1,88m, Meré: 1,82m) – einzig der hünenhafte Lasse Sobiech (1,96m) hätte hier für Abhilfe sorgen können, durfte aber gerade in den letzten fünf verhängnisvollen Spielen nicht mehr oder nur sehr begrenzt spielen. Zwar kann Anfang nichts für die Zusammenstellung der Mannschaft, allerdings opferte der Trainer mit seiner Aufstellung Kopfballstärke für Spielstärke. So wurde sogar der eigentliche Mittelfeldspieler Marco Höger zum zentralen IV der Dreierkette umfunktioniert, anstatt Sobiech spielen zu lassen, dem man kein gutes Aufbauspiel attestierte.
Muster bei Gegentoren
Da dies jedoch reine Spekulation ist, macht es mehr Sinn, auf das zweite Muster bei Gegentoren zu blicken – so fielen viele Tore des Gegners, gerade gegen eher spielschwache Teams, nach einem sehr ähnlichen Ablauf: Der Torwart oder einer der Defensivspieler schlägt einen weiten Ball nach vorne in den Raum, den die mangelnde Rückwärtsbewegung des linken Wingbacks Florian Kainz im Halbfeld offenbart, ein schneller Flügelstürmer peilte diesen Raum mit hoher Geschwindigkeit, aus der Tiefe kommend, an und zwang den linken Halbverteidiger Rafael Czichos so in ein 1:1-Duell, welches der Abwehrspieler nur selten für sich gewinnen konnte, da der Angreifer eben aus der Dynamik kam und Czichos zudem Schnelligkeitsdefizite hat.
Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images
Dem Linksaußen des Gegners war also zumeist der Durchbruch möglich, er konnte nun entweder direkt schießen oder seinen kantigen Stürmer im Zentrum suchen, der erneut oft Größenvorteile gegen Höger/Meré hatte. Die Rückrundentore der Duisburger aber auch der Paderborner gegen Köln können als Musterbeispiele für beide genannten Probleme gelten.
Um der Gegentorflut Herr zu werden, setzte Anfang zunehmend auf defensive Spielertypen, gerade im Mittelfeld. Durch die Bankversetzung von Spielern wie Koziello und Schaub schaffte man vielleicht eine generell höhere defensive Stabilität zu kreieren, allerdings zugunsten der Spielstärke – und die offensichtlichen Defensivschwächen, wie sie oben beschrieben wurden, wurden damit nicht gezielt behoben.
Fazit:
Wie versucht wurde aufzuzeigen, ist Anfang vor allem an mangelnden taktischen Anpassungen – im Makro- wie auch im Mikrotaktischen – gescheitert. Sein Kieler System konnte er in Köln nie implementieren und im Laufe der Saison setzte er immer mehr auf simple Abläufe anstatt auf einstudierte Spielzüge, die seine Idee zu berechenbar machten und eher einen unkreativen Heldenball anstatt gepflegten Fußball hervorriefen, obwohl der Kader anderes hergäbe. So ergab sich stets das Gefühl, die Mannschaft bliebe unter ihrem Leistungsmaximum. Sicherlich gibt es noch andere Defizite – etwa mangelndes Vertrauen in junge Spieler oder Erbhöfe für Spieler, die das Leistungsprinzip aushebeln – aber aus taktischer Sicht lagen hier die größten Defizite.