Im Sommer 2004 kehrt er nach Deutschland zurück. Die vielen Verletzungen haben auch mental ihre Spuren bei ihm hinterlassen. Andrzej Rudy, ehemaliger FC-Profi und damals Trainer des Bonner SC, muss ihn geradezu dazu überreden, an einem Trainingsspiel seines Clubs teilzunehmen. Dabei prallt ein Mitspieler mit seinem Knie mit voller Wucht gegen Cannizzaros Knie. „Ich habe gedacht, es ist alles kaputt“, erinnert er sich. Glücklicherweise gab das MRT am nächsten Tag Entwarnung, das Knie ist nur stark geprellt.
Trotzdem zweifelt er, denkt daran, sich eine berufliche Existenz aufzubauen, hat mit dem Profifußball eigentlich abgeschlossen. „Aus mir, dem selbstbewussten Torjäger, dem mit 17 die Türen zur großen Fußballbühne offenstanden, war ein an sich selbst zweifelnder 23-Jähriger geworden, der das Gefühl hatte, dass sein Körper den Anforderungen des Leistungssports Fußball nicht gewachsen war.“
Verschwunden in der Wolke aus Eisspray: “Wo ist Massimo?”
So benötigt ein Spielerberater viel Geduld und all seine Überredungskünste, um Cannizzaro davon zu überzeugen, ein Probetraining beim damaligen Tabellenzweiten der dritten Liga, KFC Uerdingen, wahrzunehmen. Vor dem Training nimmt ihn der Uerdinger Trainer Wolfgang Maes, den er noch aus der Jugend kennt, zur Seite und sagt ihm den Satz, der sein Selbstbewusstsein wieder etwas größer werden lässt: „Einer, der Tore geschossen hat, verlernt das nie!“ Das Training verläuft zufriedenstellend, der Verein gibt ihm einen Vertrag, Cannizzaro sieht auf einmal wieder einen kleinen Silberstreif am Horizont.
Er holt die körperlichen Defizite auf und bestreitet eine Reihe von Drittliga-Spielen, ist aber immer noch nicht schmerzfrei. „Wenn Wolfgang Maes eine Halbzeitbesprechung machte, fragte er immer nach kurzer Zeit: ‘Wo ist Massimo?‘ Derweil hatte ich mir nämlich jedes Mal das Eisspray genommen und damit volle Kanne auf meinen Schambeinbereich gehalten. Aufgrund der dadurch entstehenden Eisspray-Wolke konnte Maes mich dann nie sehen.“
In einem Spiel in Dortmund zieht sich der Uerdinger Stürmer einen Muskelfaserriss im Adduktorenbereich zu und fällt erneut wochenlang aus. Erst gegen Ende der Saison ist er wieder einsatzfähig, erzielt in den letzten vier Spielen sechs Tore, spielt aber stets mit Schmerzmitteln. Erst eine Leistenoperation bei Dr. Ulrike Muschaweck in München führt zu einer spürbaren Schmerzlinderung.
Eine “sportlich richtig gute Zeit” in Hamburg
Aufsteiger Kickers Emden nimmt ihn dann unter Vertrag, er bestreitet 32 Spiele in der Regionalliga Nord und erzielt trotz der sehr defensiven Ausrichtung der Mannschaft zwölf Tore. Endlich ist er schmerzfrei und kann sein Potential mehr als nur andeuten. So häufen sich dann im Sommer 2006 die Angebote für ihn, das des HSV, der einen Führungsspieler für die blutjunge zweite Mannschaft sucht, ist das beste.
Foto: Friedemann Vogel/Bongarts/Getty Images
Cannizzaro unterschreibt einen Zweijahresvertrag bei den Hanseaten und fühlt sich in der Alstermetropole pudelwohl. „Die Stadt Hamburg ist einfach traumhaft, ich habe dort viele Freundschaften geschlossen und sportlich eine richtig gute Zeit gehabt.“ Auch privat stimmt alles, nach der ersten Saison heiratet er seine langjährige Freundin Bina. Sie ziehen nun zusammen, die Zeiten der Wochenendbeziehung sind vorüber.
Die Stadt Hamburg ist einfach traumhaft, ich habe dort viele Freundschaften geschlossen und sportlich eine richtig gute Zeit gehabt.
Trainer Karsten Bäron steht ein starkes Team zur Verfügung; Sidney Sam, Eric-Maxim Choupo-Moting, Änis Ben-Hatira, Benny Feilhaber und Rouwen Hennings machten ihre ersten Schritte im Seniorenbereich, unterstützt durch den Führungsspieler Massimo Cannizzaro, der dazu noch in der ersten Saison mit 17 Toren Torschützenkönig der Regionalliga Nord wird. Seine Leistungen bleiben auch Trainer Thomas Doll nicht verborgen, der ihn am 11. November 2006 in den Profikader für das Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach beruft, ihn aber nicht einwechselt.
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