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Meinung

Kölner Presse: Spürbar angepasst

Während andere Vereine erneut immense Summen investierten, blieb der effzeh bescheiden. Gekommen sind letztlich nur vier Spieler, die den vormals identifizierten Bedarf nicht abdecken. Das wird in der Presse aber kaum thematisiert. Eine Analyse.

Foto: Jan Hetfleisch/Getty Images

Hängepartien, Transferwahnsinn und ein Glückspate

Am 29.6. hüpften schließlich einige Herzen der effzeh-Fans in die Höhe, als Jörg Schmadtke dem Kicker mitteilte, dass ein Transfer von Dortmunds ehemaligem Topverteidiger Neven Subotic „eine Überlegung“ sei. Der Express wiederum fragte am 2.7.: „Wer wird die ordnende Hand in der FC-Defensive?“ Der effzeh fahre zweigleisig, spreche mit Subotic und Sané, zudem brachte er einen Vorvertrag zwischen Sané und dem effzeh ins Spiel. Mehr als zwei Wochen später krittelte Schmadtke in Richtung Hannover, dass man Sané „eben im Winter“ verpflichten werde, falls es im Sommer nicht klappen sollte. Der Stadtanzeiger diagnostizierte außerdem gar „Wochen der Hängepartien“ und brachte einen Transfer von Flügelspieler Pione Sisto ins Gespräch, auf den Jörg Schmadtke angeblich große Stücke halte.

Photo by Mika Volkmann/Bongarts/Getty Images

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Als der Express in resignierendem Tonfall am 22.7. schrieb, dass der Transfer von Sané geplatzt wäre, wies er zugleich darauf hin, dass der effzeh „nun zu Plan B“ greifen müsse. Peter Stöger sagte zwar, dass der effzeh mit dem damals bestehenden Kader in die Saison gehen und „konkurrenzfähig“ sein könne, aber mit weiteren Zugängen mehr „Varianten und Möglichkeiten“ habe. Jörg Schmadtke erklärte wiederum in einem Interview vom 31.7. bezüglich des Transfermarkts, dass die Entwicklung „gefährlich“ sei und „der Euro nichts mehr wert ist“. Jeder müsse „seinen Weg und seine Strategie finden“. Nachfragen zu Transfers und den vor Wochen noch identifizierten Baustellen und Lücken im Kader wurden nicht gestellt, obwohl seit Ende Juni nur noch Sehrou Guirassy zum effzeh wechselte.

Im August nahm die Berichterstattung dann die vollständige Kehrtwende. Der Stadtanzeiger frohlockte schon am 6.8., dass die „Sorgenkinder der vergangenen Saison allesamt einen erfolgreichen Neustart zu vollziehen“ scheinen. Egal ob Pawel Olkowski („mit jener Spielfreude, die ihn in seiner ersten Saison zu einem der besten Rechtsverteidiger der Liga machte“, Milos Jojic („präsentierte sich […] mit gestähltem Oberkörper“) oder Yuya Osako („wirkt unbeschwerter, was sich tatsächlich noch viel positiver entwickeln könnte, wenn er mal trifft“) – der Konkurrenzkampf sei groß wie nie zuvor und belebe die Mannschaft. Zwar sehe man sich noch nach Neuzugängen um, aber jede Position sei „doppelt besetzt und gefühlt haben sich die jeweils konkurrierenden Paare oder auch Trios beim FC lange nicht so wenig getan, was den Leistungsstand betrifft.“ Die Baustellen im Kader, die Kracher, die noch kommen sollten, der Plan B zu Sané? Geschwätz von gestern!

Jörg Schmadtke gab sich in seinen öffentlichen Äußerungen im August anderen Themen hin, als potentiellen Neuzugängen. So empfahl er im Stadtanzeiger, den Einfluss von Spielerberatern einzudämmen, es sei „versäumt“ worden, dies frühzeitig zu reglementieren. Bei der Saisoneröffnung verkündete er schließlich die Vertragsverlängerungen mit Jonas Hector und Leo Bittencourt, woraufhin der Express ihn als „Paten des Kölner Glücks“ bezeichnete und gleich noch großspurig hinzufügte: „‘Big Deals‘ für den FC und ein Fingerzeig an den irren Transfermarkt. Barcelona, Sevilla und Co. – Köln ist nicht chancenlos im wilden Begehren um die Spieler.“ In einem Expressartikel vom 26.8. verkündete Schmadtke, vom Express als Don Quijote unter den Fußballfunktionären präsentiert, wie er dem „Wahnsinn“ auf dem Transfermarkt getrotzt habe: „Du musst die Zahlen ein Stück weit ausblenden. Und du darfst schon gar nicht von Euro in D-Mark umrechnen. Man kann nicht alles mitmachen, aber man muss auch mitspielen. Da muss man einen Weg finden. Wir wollen nicht zu viel ausgeben, auf der anderen Seite will man natürlich als abgebender Verein von der Marktsituation auch profitieren.“ Und: „Wir müssen möglichst frühzeitig dran sein. Aber das erhöht natürlich auch die Gefahr, dass man mal danebenliegt.“

Foto: Jan Hetfleisch/Getty Images

Foto: Jan Hetfleisch/Getty Images

Alle auf einer Wellenlänge

Die zitierte Kölner Sportpresse hat während der Transferphase im Kollektiv auffällige Umschwünge hingelegt. Gab es zu Beginn noch relativ sachbezogene, aber optimistische Einschätzungen bezüglich des Kaders waren die tatsächlich folgenden Zugänge immer von dem Schüren von Erwartungen auf weitere Neuzugänge begleitet. Die gerade im Express oft angekündigten „Kracher“ kamen nicht, die Entwicklung in der causa Salif Sané waren dafür wie in einem Liveticker nachzulesen. Dass die Presse aber seit August auffallend darum bemüht ist, den effzeh und die Mannschaft stark zu schreiben und sämtliche Kritik an der Transferpolitik des Vereins ausgelassen hat, deutet darauf hin, dass die Zeitungen letztere auch nicht üben wollen. Schließlich sind es überwiegend dieselben Medien und Personen, die noch in Mai und Juni die Kaderdefizite benannt haben, nun jedoch darüber hinwegsehen. Stattdessen werden Lobeshymnen verfasst, die angesichts der Transferphase eher merkwürdig erscheinen.

Dafür, dass Köln und vor allem der effzeh jahrelang als medial äußerst heißes Pflaster galt, bleibt es seit Monaten fast schon auffällig ruhig. Die vom Verein gepredigte und teilweise auch vorgelebte Demutsstrategie scheint sich auf die Presse übertragen zu haben. Klar, auch die Journalist*innen sehnen sich nicht zwingend nach Zeiten zurück, in denen etwa Volker Finke und Stale Solbakken offene Machtkämpfe austrugen, die teilweise zu grotesken Szenen führten (unter anderem kam Finke zu einem Express-Reporter und bat sie darum, ihn nicht mehr zu attackieren – was diese natürlich wortgetreu abdruckten). Die Arbeit, die Vorstand, Geschäftsführung und Trainerteam seit 2013 leisten, ist brillant und das bislang Aufgebaute wäre nach dem damaligen Abstieg als Hirngespinst abgetan worden. Aber ist diese erfolgreiche Zeit ein Grund dafür, dass es journalistisch kaum noch Kritik am Verein gibt und stattdessen Lobeshymnen auf den Manager am Tag der Schließung des Transferfensters veröffentlicht werden?

Der Vorteil dieser Art der Berichterstattung liegt freilich auf der Hand: Auf der Welle des Erfolgs schwimmt es sich leichter und besser. Die ersten Spiele bieten in sportlicher Hinsicht auch quasi keinen Anlass, um zu kritisieren. Die schwache Chancenverwertung taugt nicht dazu und ist auch nichts Neues. Es gäbe jedoch nach wie vor genügend Aspekte im und um den Verein, die von Journalist*innen hinterfragt und analysiert werden könnten; der seit Monaten unregelmäßig aufploppende Machtkampf zwischen Vorstand und Mitgliederrat, die Gedankenspiele um die positionsfremden Einsätze einiger Spieler oder aber ausbleibende Transferinvestitionen, obwohl diese als Bonuseinnahmen beschrieben wurden – obwohl Peter Stöger regelmäßig betont, dass der jetzige Kader der Beste sei, den er in Köln jemals hatte und noch am 26.8. sagte, dass er „wunschlos glücklich“ sei. Selbstverständlich sind auch die Medien frei darin, wem sie sich in den Bewertungen der sportlichen Lage anschließen, zudem gibt es viele Gründe, die für Stögers Sicht sprechen. Aber vielleicht könnte der ein oder andere genauere Blick oder das Hinterfragen mancher Vorgänge im Verein den Kölner Sportmedien nicht schaden.

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