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Meinung

Kein Beschluss gegen die Fans?

Es sollte Ruhe einkehren nach der Verabschiedung des DFL-Sicherheitskonzepts. Mit Methoden wie in Stuttgart klappt das nicht.

© (privat)

Die Polizeimaßnahmen gegen Fans des 1. FC Köln rund um das DFB-Pokalspiel am Mittwoch werfen neue Fragen rund um das Sicherheitskonzept der DFL auf.  Ein Kommentar.

Ankunft in Stuttgart.© effzeh.com

Ankunft in Stuttgart.
© effzeh.com

Eigentlich sollte ja nun Ruhe einkehren. Endlich war die sich kaugummiartig hinziehende Diskussion um das neue DFL-Sicherheitskonzept vorbei. Eine Diskussion in der jeder fröhlich mitgemischt hat: Funktionäre, Vereinsvertreter, Fanvertreter, die Polizei und nicht zuletzt auch die Politik. Diese nämlich drohte Konsequenzen an, sollten die Verbände nicht Herr der Lage werden. Die Innenministerien zeigten in der Diskussion um die „Gewalt im Fußball“ ungewohnt viel Engagement.  Aber nun hatte die Liga ja reagiert.

Einige Teile der Fans hatten dies zum Anlass genommen bis zur Winterpause den Support zu unterlassen. Die Offiziellen der DFL dürften sich angesichts dessen dennoch Hoffnung gemacht haben, dass dies der Schlusspunkt einer durchaus schweren sportpolitischen Geburt gewesen sein könnte.

„Unser Beschluss ist kein Beschluss gegen die Fans“, sagte Der DFL-Vorsitzende, Reinhard Rauball. Es sind Worte, die beschwichtigen sollten in einer von allen Seiten aufgeladenen Auseinandersetzung. Mal waren es die Fans, die wieder nicht die Finger von der Pyrotechnik lassen konnten. Mal die Vereine, die willkürlich die Einlasskontrollen verschärften. Mal war es die Polizei, die mit einer fragwürdigen Statistik ein martialisches Bild von den Zuständen im deutschen Fußball malte. Und mal war es die Politik, die damit drohte die Stehplätze zu verbieten. Das ganze wurde natürlich dementsprechend medial begleitet. Und aus dem Nichts hatte der Fußball ein Gewaltproblem.

Alle zufrieden – außer den Fans

Es wurde eigentlich selten darüber geredet, ob dem überhaupt so ist. Vielmehr wurde nur noch darüber geredet, was man dagegen tun könnte. Ist Pyrotechnik das Hauptproblem oder Gewalt? Gibt es überhaupt ein “Problem”? Im Vergleich zu anderen Massenveranstaltungen präsentiert sich ein Besuch im deutschen Stadion gerade zu harmlos. Und was um das Stadion herum passiert, ist von dem neuen Sicherheitspapier keinesfalls betroffen. Dennoch wollten alle irgendwas tun und keiner wusste wogegen denn nun genau. Zufrieden waren am Ende aber alle – außer den Fans.

Einige Punkte der neuen Regelungen lassen Spielraum für sehr umstrittene Kontrollmethoden bei Auswärtsfahrten und die Reduzierung der Gästekontingente durch den Heimverein. Bei Politik und Polizei war man jedoch glücklich: „Dass DFL und Vereine mehrheitlich das Sicherheitskonzept beschlossen haben, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Jetzt geht es darum, die Maßnahmen auch umzusetzen“, erklärt der Innenminister Nordrhein-Westfalens, Ralf Jäger. Und auch der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, zeigt sich erfreut: „Strengere Einlasskontrollen, verstärkte Videoüberwachung und Sanktionsmöglichkeiten können dafür sorgen, Gewalt gar nicht erst aufkommen zu lassen.“

Angesichts der Polizeimaßnahmen, die im Rahmen des DFB-Pokalspiels in Stuttgart durchgeführt worden sind (effzeh.com berichtete), erscheint dieser Satz geradezu ironisch. Man braucht schon viel Fantasie um sich vorzustellen, wie genau eine Einlasskontrolle, die eine komplette Entkleidung beinhaltet, Gewaltakten entgegenwirken kann. Die effzeh.com zugänglichen Informationen werfen die Frage nach der Verhältnismäßigkeit auf. Gleichzeitig erscheint es doch fadenscheinig, wenn man sich polizeiseitig über die hohe Arbeitsbelastung rund um Fußballspiele beklagt und munter die Dienststunden seiner Beamten für verhältnislose und vor allem unnötige Kontrollen aufwendet. Mal ganz abgesehen von der generellen Fragwürdigkeit einer „Nacktkontrolle“.

Hysterische Diskussion, hysterische Maßnahmen

Es sind Maßnahmen, die den Fußballfan im Allgemeinen und den Auswärtsfahrer im speziellen kriminalisieren. Einer konkreten Bedrohungslage würde das ja gerecht werden. Aber die gibt es nicht. Es ist ein skurriler Zustand, wenn man sich ausziehen und sein Fahrzeug verwüsten lassen muss, um ein Fußballspiel besuchen zu dürfen. Zumindest wenn man gleichzeitig komplett bekleidet in ein Flugzeug steigen darf. Oder zu einem Konzert gehen darf.

Der Fußball in Deutschland, ist nicht in einer Situation, die solche Maßnahmen erfordern würden. Es gibt kein signifikantes „Gewaltproblem“, sondern lediglich eine hysterische Diskussion um des Deutschen liebstes Kind. Es gibt auch kein bisschen mehr „Lebensgefahr“ in deutschen Stadien als sonst wo, auch wenn der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft seinerzeit eindringlich davor warnte.

Ein solches Vorgehen zum jetzigen Zeitpunkt ist zudem mehr als eine simple Durchsetzung neuer Methoden. Es ist vor allem ein falsches Signal, angesichts dessen die Worte von Reiner Rauball für einen betroffenen Fan wie Hohn klingen müssen. Es kann nicht sein, das Menschen, die ein Fußballspiel sehen wollen, sich behandeln lassen müssen wie Schwerverbrecher. Es sind Aktionen, die sicherlich kein Verständnis finden werden. Und damit alles andere als das, was die Polizei gerne als „Deeskalationsstrategie“ beschreibt. Eher sind sie das Gegenteil davon.

„Ich wünsche mir, dass die Vereine den Dialog mit den Fans vor Ort weiterführen“, sagte Herr Rauball. Die Frage, wie man mit solchen Maßnahmen eine Dialogbereitschaft fördern will, muss erlaubt sein.

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