Trotz allem wurde das Endspiel erreicht und gewonnen, was, so Chang, nicht zuletzt harter und konsequenter Arbeit geschuldet war. „Wir haben viermal in der Woche trainiert, montags stand dann für mich noch das DFB-Stützpunktraining in Hennef auf dem Plan, dazu kamen dann noch Lehrgänge und Spiele der Mittelrheinauswahl.“ Zudem hatte die Mannschaft in Frank Schaefer einen wahren Motivationskünstler als Trainer.
„Wenn er eine Kabinenansprache machte, wären wir anschließend für ihn auch durchs Feuer gegangen“, so der einstige Abwehrspieler. In dem von Schaefer präferierten 3-5-2-System mit einem hochstehenden Libero, in dem Chang aufgrund seiner Beidfüßigkeit wahlweise linker oder rechter Manndecker spielte, fühlten sich die Spieler wohl und dies trug maßgeblich zu dem großen Erfolg bei.
Auf dem Sprung in die Nationalmannschaft
Changs Einsätze in der Mittelrheinauswahl – er hatte inzwischen sogar die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen, um dort spielen zu können – und seine Leistungen in der Endrunde blieben auch vom DFB nicht unbemerkt und so wurde er vom damaligen U17-Bundestrainer Rainer Bonhof in den erweiterten Kader für die anstehende U17-Europameisterschaft berufen. Neben ihm stand noch ein Abwehrspieler von Bayern München für die Defensive auf Abruf bereit, und als sich ein Kaderspieler verletzte, wurde dieser Verteidiger und nicht Joschi Chang nachnominiert. Sein Name: Max Eberl, heute Manager bei Borussia Mönchengladbach.
In der Jugend Joschi Changs Trainer: Frank Schaefer (Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images)
Auch 1990 war es schon üblich, dass eine Mannschaft, die einen nationalen Meistertitel holte, belohnt wurde. Mannschaftsreisen nach New York oder Team-Aufenthalte auf spanischen Sonneninseln zählten zu diesen Formen von Anerkennung. Beim FC war das etwas anders: “Wir sind dann im Herbst ein Wochenende in die Lüneburger Heide gefahren als Lohn für die Meisterschaft“, sagt Chang. „Man kann sich leicht vorstellen, wie wenig begeistert wir davon waren, zumal auch einige Spieler der Meistermannschaft den Verein inzwischen verlassen hatten und deshalb nicht mitfahren konnten.“
Der entscheidende Knacks kommt in der A-Jugend
Die folgende erste Saison in der A-Jugend brachte Joschi Chang und dem 1. FC Köln zwar nicht den Meistertitel am Mittelrhein, dafür erreichte man aber das Endspiel um den DFB-Junioren-Vereinspokal. Im Endspiel, das in Köln ausgetragen wurde, unterlag man dem FC Augsburg nach einer 2:0-Führung noch mit 2:3. Joschi Chang wurde in der 71. Spielminute eingewechselt, konnte die Niederlage jedoch nicht verhindern. Kapitän der Augsburger war Dieter Frey, der 1994 mit den Münchener Bayern Deutscher Meister wurde und mit ihnen 1996 den UEFA-Pokal gewann. Die Abwehr der Fuggerstädter organisierte ein großgewachsener, schon damals asketisch wirkender Schlaks mit dunkelblonden Haaren – Thomas Tuchel, aktuell Trainer bei Paris Saint-Germain.
In der Rückrunde der darauffolgenden Saison erhielt Changs Karriere beim FC den entscheidenden Knacks. Das Verhältnis zu Trainer Frank Schaefer gestaltete sich nicht immer unproblematisch und die Vertragsgespräche mit dem 1. FC Köln für die Zeit nach der A-Jugend verliefen enttäuschend. „Es gab drei Arten von Verträgen: Amateurverträge, Verträge als Vertragsamateur und Profiverträge. Als Vertragsamateur hätte ich 1500 bis 2000 DM verdient und auch meine Leistungen beim FC als angemessen wertgeschätzt empfunden“, erklärt Chang. „Angeboten bekam ich jedoch lediglich einen Amateurvertrag, der keine Verbesserung zu meinem Jugendvertrag bedeutet hätte.“
Die Unterschiede zu heute – und Changs weiterer Weg
So wie Chang ging es den meisten Spielern des Meisterteams von 1990, lediglich Pablo Thiam sollte später einen Profivertrag bekommen. Das Ergebnis war grenzenlose Enttäuschung und die Erkenntnis, dass niemand da war, der diese Enttäuschung abfedern half. „Es gab damals noch keine sportpsychologische Begleitung der Jugendspieler, wie es heute das NLZ macht. Wenn wir Probleme hatten, mussten wir diese selber lösen“, erläutert das einstige FC-Talent. „Auch die Partnerschulen, in denen die heutigen Jugendspieler ihre schulischen Qualifikationen erwerben können, und die zusätzlich im Sportinternat zur Verfügung stehenden Lehrkräfte wurden erst im neuen Jahrtausend Teil des Nachwuchskonzepts. Zu meiner Zeit hat es niemanden im Verein interessiert, ob wir schulische Probleme hatten oder nicht.“
Seit ich begonnen hatte, Fußball zu spielen, hatte ich keinen anderen Wunsch gehabt, als den, Profi beim FC zu werden. Für mich war ein Traum kaputtgegangen!
Er zog die Konsequenzen aus dem wenig befriedigenden Vertragsangebot und schloss sich noch vor Ende der Saison der Kölner Viktoria an. „Für mich war ein Traum kaputtgegangen!“ Chang hält kurz inne. „Seit ich begonnen hatte, Fußball zu spielen, hatte ich keinen anderen Wunsch gehabt, als den, Profi beim FC zu werden – und nun das!“ Er trainierte sieben Monate bei der Viktoria mit, die zu der Zeit in der Oberliga Nordrhein spielte. Ein Vertragsabschluss mit den Rechtsrheinischen kam aber nicht zustande, weil die damals für A-Junioren übliche Ablöseforderung des FC von der finanziell klammen Viktoria nicht geschultert werden konnte.
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