- Die Wade der kölschen Nation
Wenn wir über Verletzungen von kölschen Spielern sprechen, dann darf die Story von Wolfgang Weber natürlich nicht fehlen. Jeder Großvater, der seine Enkel zu einem anständigen effzeh-Fan machen will und der zudem eine Heldengeschichte zum Besten geben möchte, wird diese sagenumwobene Story erzählen.
Vor etwas mehr als 50 Jahren, im März 1965 um genau zu sein, war das gemeine Fußballspiel ein anderes als heute. Vor allem zwei unterschiedliche Gesetzmäßigkeiten fallen auf: Der 1. FC Köln war eine der besten Mannschaften Europas und im Spiel selbst durfte man noch nicht auswechseln.
Als der effzeh also im dritten und entscheidenden Spiel des Viertelfinals im Europapokal der Landesmeister auf den FC Liverpool traf und sich Wolfgang „Bulle“ Weber noch vor der Halbzeitpause das Wadenbein bei einem unglücklichen Zusammenprall brach, stand er vor einem Dilemma. Der eisenharte Verteidiger war von üblen Schmerzen geplagt, konnte sein Team aber ja nicht im Stich lassen und mit zehn Spielern weiterspielen lassen.
Dass das Wadenbein durch war, wusste während des Spiels natürlich keiner der Beteiligten. Da Weber das Bein aber kaum belasten konnte und während des Spiels immer wieder umfiel, durfte man so etwas schon erahnen. Doch auch dank des Kampfeswillens des Bullens, der bis zum Ende durchhielt, holte der effzeh einen 0:2-Rückstand auf. Am Ende stand es 2:2.
Ach ja, damals gab es ja noch einen kleinen Unterschied: Elfmeterschießen kannte man nicht. Um den Sieg wurde eine Münze geworfen…
In den Zeiten von Facebook und Youtube kommen Fußballfans mit einem Hang zum Masochismus voll auf ihre Kosten. Immer wieder geistern Videos von Horror-Verletzungen durchs Netz. Erst neulich durfte man dabei zusehen, wie das Bein von Demba Ba in China in drei Teile zerbrach. Auch die Szene, in den sich der komplette Unterschenkel von Elkin Soto um das Bein von Rafael van der Vaart wickelte, kann man sich ganz ohne Altersschutz so oft ansehen, wie man möchte.
Vor 25 Jahren war die Technik noch nicht so weit. Ekelhafte Verletzungen gab es dennoch, so zum Beispiel den Kniescheibenbruch von Henrik Andersen. Während der legendären Europameisterschaft 1992 war effzeh-Spieler Andersen gerade auf dem Weg mit der dänischen Nationalmannschaft Geschichte zu schreiben, als ihm im Halbfinale gegen die Niederlande die Kniescheibe entzweibrach.
Dank Youtube gibt es auch hier ein Video für alle Menschen, die sich gerne ansehen, wie Fußballspieler brutal leiden. Andersen blickte jedenfalls sein Knie an und hörte nicht mehr auf zu schreien. Danach fiel der schon zuvor verletzungsanfällige Däne beim effzeh fast ein komplettes Jahr aus. Unschön.
Im Leben der etwas jüngeren Generation von effzeh-Fans sind wohl nur wenige Momente derart im Gedächtnis geblieben, wie die Szene vom dritten Spieltag der Saison 2008/09, als der türkische Nationalspieler im Spiel gegen den Karlsruher SC bereits nach einer knappen halben Stunde plötzlich zusammenbrach und regungslos am Boden liegen blieb.
Ein Schockmoment für den Mann mit dem goldenen Außenrist, seine Mitspieler und alle Anhänger des 1. FC Köln. Der bewusstlose Außenverteidiger wurde umgehend ins Krankenhaus gebracht, von allen Seiten wurden Stoßgebete in Richtung Allah, Gott oder an wen auch immer geschickt. Im Krankenhaus stabilisierte sich Ümits Zustand glücklicherweise wieder.
Es stellte sich heraus, dass der damalige effzeh-Kapitän an einer Myokarditis, also einer Herzmuskelentzündung, litt. Das Spiel in Karlsruhe sollte das letzte in der Karriere von Ümit sein. Im März 2009 gab er sein Karriereende aufgrund seiner Herzprobleme bekannt. Es hätte definitiv noch schlimmer kommen können.[perfectpullquote align=”right” cite=”” link=”” color=”” class=”” size=””]”In Wahrheit wollte man den Goalgetter wohl einfach nur ein bisschen von der Versuchung eines kölschen Gedecks fernhalten.”[/perfectpullquote]
Milivoje Novakovic hat den Fans des glorreichen 1. FC Köln lange Zeit Freude bereitet. Einige seiner Treffer aus der ersten und zweiten Liga sind bis heute legendär. Sein Spielstil war denkwürdig. Der Slowene lief immer ein wenig so wie eine Roboter, bei dem die Funktion der Arme falsch eingestellt wurden.
Anhand seines Laufstils waren wohl viele nicht wirklich überrascht, dass der Stürmer sich zunehmend über Rückenprobleme beklagte. Das Problem an Novas „Rückenproblemen“? Sie waren wohl nur ein Vorwand. Seine Trinkfestigkeit war in der gesamten Stadt bekannt, seine Stammkneipe ebenfalls. Es wirkte also immer ein wenig verdächtig, wenn der Slowene sich schon wieder wegen Rückenproblemen zur Behandlung in der Heimat befand.
In Wahrheit wollte man den Goalgetter wohl einfach nur ein bisschen von der Versuchung eines kölschen Gedecks fernhalten. Dass die „Rückenprobleme“ ebenso wie diverse Magen-Darm-Erkrankungen quer durch die Republik zumeist als Metapher für andersweitige Abkömmlichkeiten standen, galt lange als ein offenes Geheimnis. Was daran Wahrheit, was daran Dichtung war, wird der geneigte effzeh-Fan wohl nie erfahren.
Die vier weiteren denkwürdigen Verletzungen folgen morgen im zweiten Teil. Dann geht es um unseren Vize-Präsidenten, die wunderlichen Krankheiten der Nase, einen Ischias-Unglücksraben und den humpelnden Salto-Mann.