Kein Wunder, sondern harte Arbeit und viel Glück: Der 1. FC Köln gewinnt erstmals in dieser Saison ein Bundesliga-Spiel und schielt wieder aufs rettende Ufer.
So richtig glauben konnte es Timo Horn es auch im Interview nach der Partie noch nicht. Zwar hatte der Torwart des 1. FC Köln nach dem Schlusspfiff intensiv mit Interimstrainer Stefan Ruthenbeck gejubelt, doch verstanden hatte er den ersten effzeh-Erfolg der laufenden Bundesliga-Saison nicht so recht. “Man traut sich gar nicht auszusprechen, dass das der erste Sieg der Hinrunde war. Das war eine Riesenerlösung, als der Schlusspfiff ertönte”, gestand der 24-jährige Schlussmann, der in der Schlussphase mit einigen Paraden den Kölner Sieg festgehalten hatte.
Der erlösende Erfolg zum Jahresabschluss stand nach einer couragierten Leistung lange auf der Kippe, weil der effzeh es gegen schwache „Wölfe“ verpasste, den entscheidenden Nadelstich zu setzen: “Wenn man nur 1:0 führt, ist es klar, dass irgendwann das Nervenflattern losgeht. Die Wolfsburger haben natürlich noch mal angezogen. Wir mussten die Führung über die Zeit bringen, das haben wir heute gemeinsam mit dem lieben Gott geschafft“, betonte Horn und lobte die Fans: “Ein Dank gilt auch den Zuschauern, die uns trotz allem immer noch unterstützen.”
Jüngste effzeh-Startelf seit 1967
Dass der effzeh nach Abpfiff jubeln konnte, hatte er jedoch nicht nur dem lieben Gott oder Timo Horn zu verdanken, die Ruthenbeck-Elf verdiente sich den ersten Dreier der Bundesliga-Saison durch eine leidenschaftliche Vorstellung in allen Mannschaftsteilen. Nach kurzem Abtasten kämpften sich die stark ersatzgeschwächten „Geißböcke“, die mit den Startelf-Debütanten Chris Führich und Birk Risa begannen, zunehmend in die Partie. Vorne ging, wie schon unter der Woche bei Bayern München, über Lukas Klünter die Post ab. Zweimal brach der zum Stürmer umfunktionierte Rechtsverteidiger über außen durch und brachte die Wolfsburger Defensive ins Wanken.
Mutig agierte die jüngste Kölner Bundesliga-Startelf seit 1967 das ganze Spiel über, vergaß aber zunächst sich zu belohnen. Sörensen vergab gleich doppelt, nach der Pause schlenzte Jojic die Kugel an die Latte. Doch der Auftritt machte Lust auf mehr: Führich überzeugte mit seiner Spielfreude, Risa riss in vorderster Front richtig Meter ab und daneben ordnete Salih Özcan das effzeh-Spiel. Bei all der Freude über die ansprechende Leistung darf jedoch nicht vergessen werden: Mit dem VfL Wolfsburg kam ein Gast nach Müngersdorf, der sich leistungstechnisch kaum über der Grasnarbe bewegte. Zwischenzeitlich wirkte es sogar eher so, als seien die „Wölfe“ der designierte Absteiger ohne Saisonsieg.
Ruthenbeck: “Wir haben nun 17 Endspiele vor uns”
Diese katastrophale Bilanz haftete jedoch dem effzeh an – bis zum Schlusspfiff. Denn das nötige Spielglück war an diesem Samstagnachmittag endlich einmal mit den Kölnern im Bunde: Christian Clemens, bei seiner Einwechslung von einigen Kölner Anhängern noch ausgepfiffen, leitete in der 67. Minute den Angriff mit einem schicken Seitenwechsel ein und sprintete dann durch bis zum Steilpass von Milos Jojic, der wohl einen anderen Adressaten hatte. Clemens war es egal, er brachte den Ball am starken VfL-Keeper Casteels vorbei ins Netz. 1:0 – eine Führung und die Aussicht auf den ersten Bundesliga-Erfolg der Saison, der nach einigem Zittern in den letzten Minuten über die Zeit gebracht werden konnte.
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“Der Sieg ist hoch verdient”, sagte Interimscoach Stefan Ruthenbeck, der sich durchaus Hoffnung auf ein weiteres Engagement in der Rückrunde machen darf, über die effzeh-Erlösung kurz vor dem Weihnachtsfest: “Trotzdem ist es erst der erste Dreier. Jetzt nicht durchdrehen! Die Mannschaft hat sich belohnt für die Arbeit – nicht mehr und nicht weniger. Wir haben nun 17 Endspiele vor uns in der Rückrunde. Wir wollen konsequent arbeiten – und dann abliefern”, betont der 45-Jährige: “Die Mannschaft hat so viel investiert und wir haben so viel in die Fresse bekommen in den vergangenen Wochen, teilweise nicht zu Unrecht. Aber in den vergangenen Wochen war schon zu sehen, dass es wieder vorangeht, schon mit dem letzten Spiel von Peter Stöger. Das hier war gut und tut uns allen gut.”
Besser als Tasmania Berlin – Negativrekorde abgewendet
Der Erfolg tat gleich aus mehreren Gründen gut: Der effzeh wendete den Negativrekord einer sieglosen Hinrunde ab (das schaffte bislang nur der 1. FC Nürnberg), auch schafften die „Geißböcke“ die vier Hinrunden-Punkte, die Tasmania 1900 Berlin in der Spielzeit 1965/66 umgerechnet auf die heutige Drei-Punkte-Regel einfuhr, zu überbieten. Und auch wenn der Abstand zum rettenden Ufer noch elf Zähler beträgt, kam rund um den vermeintlich designierten Absteiger wieder Hoffnung auf.
Nach der Winterpause, so rechneten einige effzeh-Fans bereits vor, habe der effzeh drei Heimspiele in den ersten vier Begegnungen – da gelte es für die „Geißböcke“ dann. „Wir gehen jetzt jedes Spiel an wie ein Endspiel“, annoncierte Ruthenbeck. „Kratzen, beißen, pitschen“ wie gegen Wolfsburg, das sei sein Style. Es klang, als sei seine Mission mit dem ersten erlösenden Erfolg noch nicht beendet.