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Heimsieg gegen Bremen: Kölner Husarenritt wird belohnt

Freunde, Freunde, was für ein Abend. In einem denkwürdigen Spiel schlägt der 1. FC Köln den SV Werder Bremen dank einer starken ersten halben Stunde und ganz viel Mut zum Risiko.

Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images

Freunde, Freunde, was für ein Abend. In einem denkwürdigen Spiel schlägt der 1. FC Köln den SV Werder Bremen dank einer starken ersten halben Stunde und ganz viel Mut zum Risiko.

Man kennt das ja: Geht es in einem Fußballspiel um viel, ist man als effzeh-Fan dazu geneigt, der eigenen Mannschaft das Können abzusprechen. Häufig hört man dann in Vorbereitung auf ein solches Spiel: “Wäre ja schon schön, wenn sie gewinnen, aber irgendwie glaube ich nicht dran, der effzeh ist zu schlecht und Gegner XY zu gut.” Jetzt muss man nicht unbedingt Psychologie studiert haben, um zu erkennen, dass dieser Selbstschutz-Mechanismus den Schmerz einer Niederlage vorwegnehmen soll, falls es tatsächlich dazu kommt – wenn man es sich vorher eingeredet hat, fällt der Umgang mit einer Niederlage leichter. Das ist fast an allen Bundesligastandorten dasselbe, in Köln scheint es aber besonders intensiv zu sein. Die langen Jahre der Entbehrung, der Enttäuschung und des Leids haben dafür gesorgt, dass sich viele effzeh-Fans mit diesem psychologischen Trick stärkeres Rüstzeug zugelegt haben, um mit Negativerlebnissen umzugehen.

1. FC Köln: Mit lauten Fanfaren nach Europa

Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images

Ähnlich verhielt es sich auch im Build-Up zum Heimspiel gegen Werder Bremen, dem so etwas wie vorentscheidender Charakter im Rennen um Europa zukam. Mit den Gästen aus dem Norden kam ein formstarkes Team nach Müngersdorf, das sich mittlerweile sogar anschickt, Ambitionen auf einen internationalen Startplatz in der kommenden Saison anzumelden. Zuvor holte die Mannschaft von Trainer Nouri 29 Punkte aus elf Spielen – dem effzeh vorher die Chance auf einen Sieg abzusprechen war deswegen nicht nur ein psychologischer Trick. Doch es hat sich etwas verändert in Köln: Die beeindruckende Heimstärke der Mannschaft sorgt dafür, dass man mittlerweile durchaus mit gesundem Selbstvertrauen ein Spiel angehen kann.

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Hinzu kam, dass die sportliche Führung rechtzeitig zum Ende der Saison auch die Zurückhaltung ablegte. War der Traum von Europa eher ein Thema der Fans, gingen Schmadtke und Co. vor dem vorletzten Heimspiel in die Offensive. Aus den letzten drei Spielen sollte das Maximum geholt werden, um im besten Fall unter den ersten Sieben in der Tabelle zu landen, wurde mehrfach kommuniziert. Das Spiel gegen Bremen war somit das erste Qualifikationsspiel für den effzeh – die Aufgabe wurde erfüllt, die Erwartungen sogar übertroffen.

Hector: “Mit unserer Spielweise das Publikum mitreißen”

Die Mannschaft von Peter Stöger startete mit einer Veränderung in das Spiel gegen Bremen: Mit Simon Zoller rückte ein Spielertyp in die Startelf, der aufgrund seiner Geradlinigkeit und seines Tempos prädestiniert für den Matchplan von Stöger war. Jonas Hector sagte nach dem Spiel gegenüber FC-TV: “Wir wollten mit unserer Spielweise das Publikum mitnehmen und das ist uns richtig gut gelungen. Wir sind gut in das Spiel gestartet, konnten so die Ränge mitnehmen. Das hat unserem Spiel gutgetan.”

In der Tat: Was der effzeh in der ersten halben Stunde aufs Parkett legte, dürfte mithin das Beste gewesen sein, was man bisher von der Mannschaft in dieser Saison begutachten durfte. Hohe Intensität im Pressing, Risiko im Spiel nach vorne, gutes Positionsspiel, gute Nutzung der Räume – es war eine absolute Glanzleistung. Die Symbiose zwischen Zuschauern und Mannschaft verstärkte den Eindruck eines außergewöhnlichen Fußballabends in Müngersdorf, bei dem die Kölner zwölf (!) Torschüsse aus dem gegnerischen Sechzehner abgaben.

Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images

Doch bleiben wir in der Chronologie: Den ersten Warnschuss setzte Bittencourt nach sechs Minuten ab. Nach zwölf Minuten scheiterte Modeste das erste Mal per Kopf an Wiedwald, in der Folgeaktion hielt der Bremer Keeper gegen Kopfballmonster Bittencourt. Nach einem Eckball fiel dann allerdings trotzdem das hochverdiente 1:0 für den effzeh: Die Rot-Weißen behielten im Strafraum die Übersicht, wollten den Ball unbedingt ins Tor bringen. Letztlich war es Top-Torjäger Modeste, der aus kurzer Distanz die Führung erzielte.

Eine wilde erste Hälfte

Nach 27 Minuten parierte erneut Wiedwald gegen Modeste nach einem guten Steckpass von Bittencourt. Dem 2:0 ging erst fast ein Ballverlust von Hector voraus, den der beeindruckend starke Lukas Klünter allerdings verhinderte. Der Rechtsverteidiger leitete sofort den Gegenangriff ein und wurde von Zoller bedient. Die Maßflanke des 20-Jährigen fand in der Mitte Bittencourt, der seinem Ruf als Kopfballungeheuer wieder gerecht wurde.

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Dass Bremen aufgrund der starken Form allerdings mit nur ganz wenig Aktionen ins Spiel zurückkam, ließ sich nicht verhindern. Bereits in der Anfangsphase waren die Nordlichter vereinzelt gefährlich, inbesondere Junuzovic tat sich hier hervor. Nach 34 Minuten gewann Bremen einen zweiten Ball nach einem Horn-Abstoß, spielte schnell vertikal in die Spitze – es stand nur noch 1:2. Kurz darauf reichten ein Einwurf und ein simpler Laufweg von Junuzovic für das 2:2, das Spiel war damit wieder auf Null gestellt und die furiose Anfangsphase zunichte gemacht. Spätestens jetzt versuchten einige effzeh-Fans wieder, sich selbst auf mögliche Enttäuschungen vorzubereiten. Dass aber auch der effzeh vermeintlich “leichte” Tor erzielen kann, zeigte sich kurz vor der Pause: Ein langer Horn-Abstoß wurde dieses Mal von Modeste und Bittencourt verlängert, Zollers Heber erinnerte stark an sein Tor in der letzten Saison gegen Wolfsburg – der effzeh lag wieder mit 3:2 vorne.

Gnabry verkürzt, Stöger passt an

Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images

Die zweite Halbzeit startete dann mit einer Demonstration der Stärke von Anthony Modeste: Der Franzose antizipierte den Fehler von Lamine Sané, der den Ball nicht entscheidend aus der Gefahrenzone brachte. Aus eigentlich ungünstigem Winkel prügelte Modeste das Leder ins Tor, die Zwei-Tore-Führung war damit wiederhergestellt. Ihrerseits mussten die Bremer wieder ins Spiel zurückkommen, was sie durch die Hereinnahme von Serge Gnabry auch taten.

Der ehemalige Spieler von Arsenal kam nach 54 und traf nach 62 Minuten. Unterdessen musste der effzeh reagieren: Da Bremen mit Kruse, Bartels, Junuzovic und Gnabry das volle Brett an offensiver Wucht auf dem Feld hatte, rückte Jonas Hector eine Position nach hinten, der Nationalspieler komplettierte damit die Vierer- zu einer Fünferkette. Erst kam Höger (für Jojic); dann Rausch (für Bittencourt). Rausch sollte dann auch Hectors Position als linker Verteidiger übernehmen. Stöger wählte auch in diesem Spiel eine 5-4-1-Formation, um der Wucht des Gegners zu entgegnen, was schließlich auch zum Sieg reichen sollte.

Und trotzdem: Gezittert wurde genug. Gnabry vergab ein paar Chancen, Pizarro traf aus Abseitsposition, Werder belagerte den effzeh-Strafraum. Der böse Gedanke an die letzten Minuten gegen Hoffenheim verdichtete sich, kollektiv wurde auf den Schlusspfiff gehofft – und Wolfgang Stark pfiff tatsächlich beim Stand von 4:3 ab, er beendete damit ein Sieben-Tore-Spektakel, das im 1. FC Köln einen verdienten Sieger fand.

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