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Meinung

Götterdämmerung beim DFB: Symptome eines kränkelnden Systems

Das DFB-Team scheidet bei der Weltmeisterschaft in Russland bereits in der Vorrunde aus und sorgt so für einen großen Knall in Fußball-Deutschland.

STUTTGART, GERMANY - AUGUST 30: Oliver Bierhoff, team manager of Germany arrives for a press conference of the German National team at Mercedes-Benz-Museum on August 30, 2017 in Stuttgart, Germany. (Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)
Foto: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images

Nun ist es bekanntlich arg küchenpsychologisch, aus dem WM-Titel 2014 den entscheidenden Grund herbei zu fantasieren, dass das DFB-Team vier Jahre später ausschied. Denn eigentlich war die Ausgangslage im letzten Sommer auf den ersten Blick ziemlich gut: Die U21 wurde Europameister, in Russland sicherte sich eine sehr junge Mannschaft den dann doch eher unbedeutenden Confed Cup. Doch vielleicht lag darin auch das Problem: Joachim Löw konstatierte nach dem Ausscheiden gegen Südkorea eine gewisse Selbstgefälligkeit seiner Mannschaft, die sich vor dem ersten Gruppenspiel gegen Mexiko gar in Arroganz äußerte. Denn wenn man das rein Sportliche betrachtet, waren die 270 Minuten der deutschen Mannschaft bei dieser WM einfach nicht gut genug. Mexiko bespielte die Schwächen des DFB-Teams sehr gezielt und gewann so verdient, gegen Schweden gewann man mit Glück – danach dachte man wohl, man könne auf den Moment fit, eben eine “Turniermannschaft” sein.

Arroganz und Selbstgefälligkeit: Hauptprobleme des DFB?

Auf diesen Durchbruch wartete man dann im abschließenden Gruppenspiel gegen Südkorea vergeblich, Deutschland rannte lange an, jedoch ohne wirklich Esprit zu versprühen. Bereits in der Vorbereitung des Spiels schien man sich zu stark darauf zu verlassen, auf Knopfdruck funktionieren zu können – vielleicht ohne die nötigen Grundlagen dafür zu haben. Denn die rein sportlichen Dinge sprachen in allen drei Spielen gegen das Team des DFB. Im Duell mit Südkorea äußerte sich das wie folgt: Die Intensität der Läufe, der Wille zum Risiko und etwas nüchterner betrachtet auch die individual- und gruppentaktischen Abläufe dieses Teams waren schlichtweg nicht ausreichend, um Südkorea an diesem Tag zu besiegen.

Und selbst wenn es gelungen wäre: Große Angst versprühte diese Mannschaft bei diesem Turnier nicht in Bezug auf die Konkurrenz. Wo genau die Gründe nun liegen, ist nicht einfach zu erklären – waren die Weltmeister wirklich nicht mehr hungrig genug? Fehlte entscheidenden Spielern (Neuer, Khedira, Müller, auch Özil) vielleicht die nötige Form? Fest steht, dass die Meriten von vor vier Jahren nun nichts mehr zählten, denn schließlich wird auch in anderen Nationen konstruktiv am Fußball gearbeitet.

Probleme des deutschen Fußballs bereits länger bekannt

Gewiss, man kann sich nun argumentativ darauf verlassen, dass man es sowieso schon immer gewusst hätte, dass die Mannschaft von Joachim Löw ausscheiden würde – der Ausgangspunkt jeder Analyse sollte deswegen zuerst das Sportliche sein. Und da wird man beim DFB in den nächsten Tagen und Wochen ansetzen müssen. Denn Mats Hummels sprach nach dem Spiel etwas Offenkundiges an: Das letzte wirklich gute Spiel der Mannschaft ist schon ein paar Monate her. Der Trend aus der Vorbereitung setzte sich fort, Deutschland gewann nur durch Kroos’ Lucky Punch gegen Schweden. Der WM-Sommer endet, ob man jetzt Fan der Nationalmannschaft ist oder nicht, mit einem Knall.

Für den Rest der Öffentlichkeit geht es nun darum, in dieser “Ausnahmesituation” erst einmal die Ruhe zu bewahren. In den nächsten Tagen wird viel über den Zustand des deutschen Fußballs gesprochen werden, der Geisteszustand der Bundesliga wird ebenfalls ins Rampenlicht rücken. Dass dort bereits seit Jahren keine wirkliche Konkurrenzsituation mehr vorhanden ist und der FC Bayern einsam an der Spitze seine Kreise dreht, hat mit dem DFB erst einmal nicht viel zu tun – diese Probleme sind auch schon länger bekannt.

Es braucht wieder Revolutionen beim DFB – und ein Umdenken

Es braucht wieder taktische Impulse, es braucht wieder kompetente Trainer, die diese umsetzen, wie dies Jürgen Klopp und sein BVB in den Hochzeiten der Münchener und Dortmunder Rivalität taten. Davon profitierte dann wiederum auch die Nationalmannschaft. Es wird auch um die Ausbildung von Jugendspielern gehen, die in Deutschland zwar nach wie vor auf einem herausragenden Niveau ist – die Leistungen der U-Nationalmannschaften des DFB gaben zuletzt auch zu denken. Aber auch hier liegt die Hauptverantwortung eher beim DFB und nicht bei den Vereinen. Es geht hier zuerst um inhaltliche Arbeit in der Ausbildung junger Spieler, auch abseits des Platzes. Dasselbe gilt für das Heranziehen junger Trainer, die eventuell auch mal andere Ansätze mitbringen, von denen der Fußball profitieren kann.

Und auch in nicht primär sportlicher Hinsicht sollte sich der DFB hinterfragen: Die Kommunikation in Bezug auf Özils und Gündogans Foto mit Erdogan war sicherlich ausbaufähig. Die Vermarktungsmaschinerie (symbolisiert in mehreren grenzdebilen Hashtags), von Oliver Bierhoff angetrieben und allenthalben nur noch müde belächelt, sorgt nun auch nicht wirklich dafür, dass das Ansehen des Verbands steigt. Von politischen Dingen wie beispielsweise dem Umgang mit China im Rahmen einer fragwürdigen Kooperation ist hier noch gar nicht die Rede.

Und die Moral von der Geschicht’? Es werden spannende Wochen, die nun vor allen Fußballinteressierten liegen. Die Öffentlichkeit wird das Thema nun noch eine Zeitlang beschäftigen. Der DFB wird alle Hände voll zu tun haben, dieses sportliche Ausscheiden einigermaßen aufzuarbeiten und sich für die Zukunft wieder neu aufzustellen, das wird schon schwer genug. Viel schwerer wird es jedoch, dass der Verband sich wieder seiner Basis annähert und deren Probleme ernst nimmt. Da helfen keine Hashtags, da helfen keine Titel. Irgendwann wird es einen dann auch vielleicht wieder emotional packen.

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