Nach Derby-Niederlage und Fahnenverlust meldet sich Borussia Mönchengladbach mit Schuldzuweisungen an den 1. FC Köln zu Wort. Das ist ebenso wenig überraschend wie die Verklärung der eigenen Probleme in diesem Konflikt.
Ob sich Borussia Mönchengladbach nach der aus Sicht der Fohlen bitteren Derby-Niederlage gegen den 1. FC Köln am vergangenen Sonntag zu Wort melden würde, war nicht die Frage. Bereits in den letzten Jahren meldete man sich schließlich verlässlich nach den Spielen gegen den FC vom Niederrhein – wahlweise, um die Kölner zu kritisieren oder die eigenen Fans öffentlich blütenweiß zu waschen. Oder um beides gleichzeitig zu probieren.
Anlass zur Kritik bot das kölsche Fanlager in der Vergangenheit aber tatsächlich immer wieder. Ob nun wirklich inakzeptable Aktionen wie der Autobahn-Angriff auf einen Fan-Bus der rheinischen Rivalen oder die für Gladbacher Augen viel zu martialische Derby-Choreografie beim Heimspiel in Köln – jede Aktion der Geißbock-Anhängerschaft wurde von Gladbacher Seite zuverlässig kommentiert. Dass es diesmal genauso sein würde, war also keine Überraschung. Öffentliche Kritik an den Fans muss ja manchmal auch sein, um für Besserung zu sorgen. Verfolgt die Borussia also einen Plan, arbeitet sie aktiv für ein “friedliches Derby”?
Fahnenklau sorgt für Derby-Verdruss
Nein. Denn zu Verfehlungen der eigenen, vom Verein gerne als „friedlichste Fanszene Deutschlands“ gerühmten, Anhänger schweigen die „Fohlen“ genauso konsequent wie sie sich selbst zu Kleinigkeiten auf kölscher Seite öffentlich äußern. Der einzige Plan, der dahinter vermutet werden könnte, ist das eigene, realitätsfremde Image von der so außergewöhnlich friedlichen eigenen Fanszene zu bedienen. Und genau das geschah nun natürlich auch nach der jüngsten Ausgabe des Bundesliga-Klassikers.
Nicht nur, dass der 1. FC Köln die Partie in letzter Sekunde für sich entscheiden konnte, auch die Kölner Anhänger sorgten zuvor für Frust auf Gladbach-Seite. In der Halbzeitpause nutzten ein paar FC-Fans die Gunst der Stunde, warfen sich gefälschte Westen des Sicherheitsdienstes über und machten sich auf in Richtung Gästeblock. Dort angekommen, entwendeten sie eine Zaunfahne der Ultra-Gruppe „Scenario Fanatico“ und legten einen beachtlichen Sprint quer über den Platz in Richtung Südkurve hin. Die Borussia-Fans waren wenig begeistert, verschafften sich Zutritt zum Stadion-Innenraum, überlegten es angesichts der ausrückenden Polizei-Einheiten jedoch schnell wieder anders. Insgesamt also wieder genug Futter für eine Debatte.
Denkt denn niemand an die Kinder?
Bereits am Montag begann mit Rainer Bonhof ein Gladbacher Offizieller dann zuverlässig mit der Skandalisierung der Vorfälle. “Was wäre gewesen, wenn da jemand was völlig anderes vorgehabt hätte, als eine Fahne zu klauen? Und keiner reagiert auf dem Platz?“, fragte der Vize-Präsident öffentlich mit dramatischem Unterton. Es ist schlimm genug, wenn Boulevardmedien im Fußball-Kontext Vergleiche mit Terror oder tatsächlichen Gefährdungslagen anstrengen. Dass nun auch noch Clubvertreter per Zitat den Weg zu einer solch verklärenden Berichterstattung ebnen, ist bedenklich.
>>> “Für immer Fan”: Koziello mit emotionalem Abschied vom OGC Nizza
Schließlich haben, wenn man bei den Tatsachen bleibt, am Sonntag lediglich ein paar junge Leute die Gladbach-Fans und den Sicherheitsdienst ausgetrickst und einen Fetzen Textil entwendet. Mehr ist nicht passiert. Der Kontext ist eher „Lausbuben-Streich“ als “Terror-Anschlag”, das sollte auch Herr Bonhof verstanden haben. Auf Kölner Seite ließ man derweil zunächst nur verlauten, man werde probieren die Diebe zu identifizieren und zur Verantwortung zu ziehen. Die Kölner Verantwortlichen dürften sich über die Aktion freilich geärgert haben – angesichts deutlich schlimmerer Vorfälle in der Vergangenheit gehörte das diesjährige Heimderby dennoch zu einem der ruhigeren Sorte, am Geißbockheim dürfte man es auch so einordnen.
Auf der nächsten Seite: Gladbachs Geschäftsführer legt mit alternativen Fakten nach