Foto-Credits: Dirk Unschuld
Eine der aufregendsten Begegnungen der abgelaufenen Spielzeit lieferte das Heimspiel gegen 1899 Hoffenheim. 3:2 lautete das Endergebnis nach 90 Minuten. Der effzeh hatte geackert, gekämpft, schönen Fußball geboten und verließ am Ende verdient, wenn auch knapp, als Sieger das Müngersdorfer Grün. Ich stand an diesen wunderschönen Sonntag zur Abwechslung im Block S1. Dort erlebte ich leider ein persönlich trauriges Kapitel meiner Stadionkarriere – ein Rückblick:
Nachdem uns Matthias Lehmann und Anthony Ujah in Führung geschossen hatten, wurde in der 62. Minute der mittlerweile allseits bekannte Anthony Modeste eingewechselt, der auch prompt einen Elfmeter für Hoffenheim herausholte (70.), fast mit einem Fallrückzieher ein Traumtor markierte und schlussendlich per Kopfball in der 82. für den Anschlusstreffer sorgte. Diese fantastische Leistung anzuerkennen fiel, rivalitätsbedingt, dem Einen oder Anderen schwer – doch was sich ein paar Reihen unter uns abspielte war an rassistischer Dummheit kaum zu überbieten. Irgendwann während Modestes Spielzeit sorgte die Sonne für einen Kurzschluss im Hirn eines effzeh-Anhängers, der fortan nur noch durch Sprüche auffiel, die ich hier beim besten Willen nicht wiedergeben möchte, die aber klar an unseren zukünftigen Stürmer, bzw. seine Hautfarbe gerichtet waren. Selbstverständlich wurde parallel Ujah bei jedem Ballkontakt gefeiert und bejubelt. Als dieser „Fan“ unmittelbar nach den ersten Bemerkungen von einem Nebenstehenden ermahnt wurde, sich seinen Hass zu verkneifen, fackelte dieser nicht lange und verpasste ihm einen Faustschlag mitten ins Gesicht. Auch der Vater des Geschlagenen sollte für seine Zivilcourage bestraft werden. Erst dann schafften es die Fans ringsherum das beschriebene Arschloch abzukühlen und die Situation zu deeskalieren.
Ich weiß noch wie meine Jungs und ich auf dem Weg nach Hause witzelten, wie toll es wäre, wenn Anthony Modeste nach der Saison zu uns nach Köln wechseln würde und dieser dumme Mensch, der sich Fan des effzeh schimpfte, plötzlich einem weiteren schwarzen Stürmern zujubeln müsste. Auch wenn Ujah heute Geschichte ist (ja, Deyverson auch!), so freut es mich doch, dass der neue Anthony seinen Weg zu uns gefunden hat! Schicksal? Neben der überragend sportlichen Komponente habe ich den naiven Wunsch, dass dieser Wechsel vielleicht ein winziges Mosaikteilchen im Kampf gegen blinden Hass darstellt. Denn wenn nur einer seine Meinung ändert, ist das schon ein Erfolg. Gegen Rassismus. Immer. Überall.
Bleiben wir bei unserem neuen Stürmerstar. Nach einiger Recherche bin ich über folgende Zahl gestolpert: 154. Der werte Herr Modeste traf in seiner bisherigen Bundesligakarriere im Schnitt alle 154 Minuten. Damit weist er eine bessere Bilanz auf als nicht ganz so unbekannte Stürmer wie Kalle Rummenigge oder gar Toni Polster! Toll, oder? Und auch unsere restlichen Einkäufe bestechen durch ihr Potential, bisher gezeigte Leistungen und Vorschusslorbeeren. Herrlich! Naja, seien wir mal ehrlich: Ab Sonntag interessiert dieses ganze Gefasel niemanden mehr. All die Formchecks, Prognosen und Blicke in die Glaskugel werden endlich hinfällig, wenn der schönste Verein der Welt wieder in das Bundesligageschehen eingreift. „Wurde aber auch Zeit!“, möchte man der DFL zurufen.
Der effzeh wird übrigens nach Baden-Württemberg reisen, um sich mit dem Verein für Bewegungsspiele Stuttgart 1893 zu messen. Dieses Duell in der Ferne sorgt bei den Anhängern des effzeh generell für ein wohliges Bauchgefühl, konnten wir doch vier der letzten fünf Auswärtsspiele seit dem 01.11.2008 gewinnen (das übrige endete 2:2)! Generell gewann Köln gegen keinen Gegner mehr Spiele (34).
Foto: DIrk Unschuld
Allerdings befindet sich der VfB in vergleichbar guter Frühform wie der effzeh. Das Testspiel gegen Manchester City sorgte international für erstaunte Gesichter, für viele Experten ist Stuttgart ein Kandidat für die Saisonüberraschung schlechthin. Aber keine Sorge, liebe Leser! Denkt man an die erste Runde des DFB-Pokals gegen Kiel, sieht man, dass Neu-Coach Zorniger und seine Mannen durchaus schlagbar sind, solange die Defensive geschlossen gegen Spieler wie Didavi, Ginczek und Filip Kostic vorgeht.
Wenn auch vor dem ersten Spiel der Saison ein Ausblick extrem schwierig ist, lege ich mich fest und tippe auf einen engen Auswärtssieg. 1:2 nach 90 Minuten. Dies widerspricht übrigens dem Kicker Fan-Tipp, nach dem 97% der Befragten für den VfB stimmen (Stand 14.08.15; 14:18 Uhr)
So könnten sie Spielen
Stuttgart: Tyton – Klein, Baumgartl, Hlousek, Insua – Gentner, Gruezo – Didavi, Kostic – Harnik, Ginczek
effzeh: Horn – Olkowski, Sörensen, Heintz, Hector – Lehmann – Risse, Jojic, Gerhardt, Bittencourt – Modeste
Die Chancen auf einen Startelfeinsatz von Yannick Gerhardt dürften hoch sein, fraglich ist nur, ob Jojic oder Osako für ihn weichen müssen. Somit könnte Peter Stöger auf das Spiel reagieren und hätte, ohne Wechsel, einen zweiten möglichen Sechser direkt auf dem Feld.
Stimmen aus der Redaktion
Martin: “Da ja jetzt alle immer sagen wir seien kein Karnevalsverein mehr und alles ruhig und anders und so: Heißt das im Umkehrschluss, dass der effzeh jetzt plötzlich Auswärtsspiele in Stuttgart verliert? Nein, so weit hat sich mein Verein dann doch nicht verändert. Dreinull. Hattrick Modeste.”
Thorsten: “Stuttgart, was soll da schon passieren? OK, da gibt es Leibesvisitationen, kein Bier im Stadion, n Sprooch die mer nit verstonn und 21. Aber auch eine Serie, die ewig hält.”
Lukas: “Endlich hat das Leben wieder einen Sinn”
Tim: “Nach Stuttgart fahren, mannschaftlich geschlossen auftreten, jeder einzelne seine Leistung abrufen, jubeln, drei Punkte einfahren uns abreisen. Also alles recht simpel. 2:1 effzeh!”
Rolf: “Es wird ein enges Spiel, Stuttgart hat eine sehr gute Offensive, wenn sie ihre Böcke in der Defensive wieder rausholen dann könnte ein knapper Sieg rausspringen.”
Gero: “Nach Colonia-Cup-Regeln hat der effzeh nach der Rückkehr aus dem Ländle sechs Punkte auf dem Konto. Da ich eine 6:7-Niederlage als eher unwahrscheinlich erachte, gewinnen die Geißböcke wohl doch mit 3:1.”
