Man stelle sich mal vor, die Mitgliederversammlung des 1. FC Köln würde in der kommenden Woche anstehen: Aufgrund der sportlichen Situation wäre wohl mit einem noch hitzigeren Verlauf zu rechnen gewesen als zu Beginn des Monats Oktober. Nach mittlerweile drei sieglosen Spielen in Folge wird die Unruhe rund um den Bundesliga-Absteiger dennoch zunehmend größer, auch weil viele Beobachtende der Meinung sind, dass die Entwicklung beim 1. FC Köln ausbleiben würde – dass der große Konkurrent aus Hamburg unter der Woche seinen Trainer entlassen hat, scheint in dieser Geschichte nicht wirklich beruhigend einzuwirken.
Und so gibt es die Forderungen nach einem Trainerwechsel mittlerweile auch beim 1. FC Köln. Warum genau diese Entscheidung dazu führen sollte, dass die Mannschaft in der Folge alle Spiele gewinnt und souverän aufsteigt, erschließt sich dabei allerdings nicht. Dieser Text soll nicht als Entschuldigung für das dienen, was auf dem Spielfeld passiert. Dort gibt es Kritikpunkte – soviel steht fest. Das Spiel gegen Heidenheim offenbarte, dass die großen Probleme des 1. FC Köln insbesondere dann auftreten, wenn es um Stresssituationen geht. Wenn der 1. FC Köln ein Tor erzwingen muss und die Zeit knapp wird, fehlen von außen die wirklich zielgerichteten Impulse, die der Mannschaft eine Hilfe sein können. Das muss gar nicht mal der viel zitierte “Plan B” sein. Es reicht auch aus, ein wenig die Panik herauszunehmen und darauf einzuwirken, dass man weiter mit flachen Pässen versucht, ins Angriffsdrittel zu kommen.
Brechstange ab Minute 80: Ein deutlicher Kritikpunkt
Mit Cordoba, Guirassy und Terodde ab der 80. Minute agierte der effzeh auch schon im verlorenen Heimspiel gegen den MSV Duisburg. Das hatte zur Folge, dass die Aufbauspieler spätestens ab der Mittellinie panisch wurden und den Ball selbst aus unmöglichen Winkeln Richtung Sechzehner jagten – wahrscheinlich in der Hoffnung, dass er irgendjemandem auf den Fuß fallen würde. Und wenn der 1. FC Köln dann viele Spieler in die offensive Zone bringt, ergeben sich automatisch Räume für die Gäste. Das war auch gegen Heidenheim zu beobachten, als der effzeh verzweifelt auf den Ausgleich drängte, gleichzeitig aber seine Abwehrspieler häufig in Unterzahl gegen die konternden Gäste antreten mussten. Diese wilde Spielweise irgendwie in den Griff zu bekommen ist eine der Hauptaufgaben momentan.
Das bekannte auch Rafael Czichos, der nach dem Spiel gegenüber fc.de sagte: “Wir haben es vorne selbst zu eng gemacht. Am Ende haben wir es viel mit langen Bällen versucht, da hätten wir besser bei unserem Spiel bleiben und spielerische Lösungen suchen sollen.” Dieser Sachverhalt ist tatsächlich ein Kritikpunkt, an dem man arbeiten kann – ansonsten jedoch fällt es schwer, in einer Trainerentlassung den richtigen Schritt zu sehen. Die Balanceprobleme muss der 1. FC Köln in den Griff bekommen, um in der 2. Bundesliga wieder beständig zu punkten, das ist klar. Doch ist die Lage wirklich so dramatisch?
Balanceprobleme – helfen die Spiele gegen Schalke und Hamburg?
Die Niederlage gegen Duisburg kann in ihrer Entstehung durchaus mal passieren. Doch sowohl in Kiel als auch zuhause gegen Heidenheim reichte den Gegnern jeweils ein Torschuss aufs Tor, um einen Punkt zu entführen – bei allem an den Tag gelegten Realismus dürfte das in den kommenden 23 Zweitligapartien nicht der Fall sein. Fest steht allerdings auch, dass die Mannschaft jetzt unter der Anleitung von Markus Anfang in erster Linie im mentalen Bereich arbeiten muss, um auch gegen den hohen Stresslevel anzukämpfen, dem sich die Spieler insbesondere in Heimspielen immer wieder aussetzen – denn darunter leidet offensichtlich die Leistungsfähigkeit und die Entscheidungsfindung im Offensivspiel. Denn eigentlich hatte man gegen Heidenheim ordentlich agiert, lediglich im Sechzehner fehlte am Ende ein wenig die Ruhe.
Ansonsten war es aber in Bezug auf das Positionsspiel gar nicht so verkehrt, das Ergebnis überlagert diese Aspekte jedoch. Vielleicht kommen in diesem Zusammenhang auch die kommenden beiden Spiele genau zur richtigen Zeit: Am Mittwoch wird der 1. FC Köln gegen den Bundesligisten FC Schalke 04 nicht wirklich der Favorit sein, der das Spiel gewinnen muss. Genauso ist es am darauffolgenden Montag gegen den HSV, da dort die beiden (selbst ernannten) Aufstiegsfavoriten aufeinandertreffen und auch ein offeneres Spiel zu erwarten ist als zuletzt gegen Duisburg, Kiel und Heidenheim, wo die Initiative in erster Linie bei den “Geißböcken” lag.
Das soll nicht heißen, dass die Mannschaft sich jetzt beruhigt darauf verlassen kann, den Mannschaftsbus vor dem eigenen Tor zu parken – mitspielende und aktive Gegner hatte der 1. FC Köln in dieser Saison bis dato eher selten. Die Mannschaft sollte also diese beiden Spiele dafür nutzen, wieder zur Sicherheit im eigenen Spiel zurückzufinden, in dem die Abläufe wieder etwas besser funktionieren und vor allem die Entscheidungsfindung vor dem Abschluss oder dem letzten Pass stimmt. Darauf aufbauend kann dann die individuelle Qualität der Spieler helfen, wieder zu Erfolgserlebnissen zu kommen und die beiden Spiele positiv zu bestreiten. Wenn allerdings beide Spiele in die Binsen gehen, werden die Diskussionen um Markus Anfang gewiss nicht leiser werden.