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Meinung

Ein fairer Prozess?

Warum die Kennzeichnungspflicht für Polizisten unumgänglich ist. Und was das mit Samstag zu tun hat. Ein Kommentar.

©flickruser: stallkerl

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Der immerfort schwelende Konflikt zwischen Polizeikräften und Fußballfans geht also weiter. Nach den Vorfällen auf Schalke, die hohe Wellen schlugen, waren nun (mal wieder) die Fans des 1. FC Köln in den Fokus gerückt.

Beim sportlich durchaus positiv-verlaufenen Auswärtsspiel der Kölner, kam es erneut zu Auseinandersetzungen zwischen Fans und Polizei: Mal wieder sind Flaschen und Fäuste geflogen, mal wieder gab es Festnahmen, mal wieder gab es Beleidigungen und all das, was mittlerweile offenbar schon irgendwie dazu gehört. Und: Mal wieder wurde für viele Unbeteiligte aus dem schönen Fußballsamstag eine Farce.

Niemand wird ernsthaft behaupten, dass Fußballfans – insbesondere die organisierten – engelsgleiche, immer friedliche Wesen seien. Das sind sie nicht. Sie sind vor allem eine Masse, in der sich die unterschiedlichsten Mitglieder tummeln, die manchmal tatsächlich nicht mehr gemein haben, als die Leidenschaft für ihren Herzensclub.

Kollektivbestrafung als Lösung? 

Es gibt nicht den prototypischen “Fußballfan”, es gibt nicht einmal den “Ultra”, denn auch dort, wie überall, sind nicht alle Menschen gleich. Nicht jeder, der den gleichen Schal trägt, hat auch die gleiche Meinung, Einstellung und Gesinnung. Das scheint in diesem ewigen Konflikt immer wieder unterzugehen.

Es wird auch niemand protestieren wenn jemand, der sich nicht benehmen kann, dafür auch bestraft wird. Aber derjenige, der währenddessen neben ihm gestanden hat, ist deshalb noch lange nicht genauso schuldig.

Diesen Vorwürfen – soviel scheint zum jetzigen Zeitpunkt sicher – muss sich die Polizei mindestens stellen. Glücklicherweise sind es direkt auch mal die wichtigsten Vorwürfe – denn sie werfen grundsätzliche Fragen auf. Wann darf das Fehlverhalten von wenigen zu einem grundsätzlichen Nachteil von vielen werden? Oder kurz gesagt: Kann man Sippenhaft rechtfertigen?

Eine Diskussion darum, wie viele Festnahmen im Einzelnen nun korrekt oder nicht korrekt waren, droht zu einem Rohrkrepierer zu werden. Vielmehr sollten sich alle Beteiligte, allen vorran aber die Polizei und das ihnen vorgesetzte Innenministerium ernsthaft und vor allem grundsätzlich damit auseinandersetzen, ob das eigene Verhalten, die eigenen Maßstäbe wirklich richtig sind. Dazu gehört vor allem die Möglichkeit, dass Fehler überhaupt möglich sind, erstmal einzugestehen. Dazu gehört aber auch Konsequenz.

Faire Ausgangsituation?

Genauso rabiat und nachdrücklich, wie man manchmal gegen Fußballfans vorgeht, sollte man vielleicht auch mal die eigenen Richtlinien und Weltsichten überprüfen. Denn eines muss mal klar gesagt sein: Die Polizei sitzt am längeren Hebel, da sie als staatliche Bürgerschutzinstitution einen Vertrauensvorschuss besitzt. Dieser geht sogar soweit, dass Polizisten im Dienst sich nicht namentlich kennzeichnen müssen. Und wer am längeren Hebel sitzt, hat auch mehr Verantwortung.

Während also von Fußballfans, unabhängig davon ob sie nun wirklich beteiligt waren oder sich daneben benommen haben, fleißig die Identitäten gesichert werden und es ggf. zu dementsprechenden Anzeigen oder ein Einträgen in Karteien kommt, bleiben die Beamten völlig unantastbar. Man kann sich ja schlecht beschweren, wenn man nicht einmal den Namen der Person benennen kann.

Dass das nicht nur unfair, sondern vor allem auch unangemessen für einen modernen Rechtsstaat ist, sehen übrigens auch die Vereinten Nationen so, die schon seit langem auf diesen gesetzlichen Missstand hinweisen.

Vertrauen durch Kennzeichnung

Aber viel mehr noch führt es dazu, dass das, was die Fußballfans der Polizei vorwerfen, die Pauschalisierung und Sippenhaft, auf die Polizei selbst zurück fällt. Was wiederum dazu führt, dass Beamte, die sich vorbildlich verhalten haben, genauso betrachtet werden, wie diejenigen die (deutlich?) zu weit gegangen sind. Diese Ungleichheit zwischen Beamten und Fan führt also zur Verhärtung der Fronten – und die, das sieht man ja leider immer wieder, sind eh schon verhärtet genug.

Nein, eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten wird den Konflikt zwischen Fußballfans und Polizei nicht sofort lösen, dafür bedarf es noch viel mehr. Aber es würde all denjenigen, die immer wieder in einer Auseinandersetzung mit der sie selbst nichts zu tun haben, unter die Räder gekommen sind, vielleicht wieder ein bisschen mehr Vertrauen in die Phrase: “Dein Freund und Helfer” ermöglichen.

Denn dann hätten sie das, was ihnen zusteht: eine faire Chance sich gegen Fehlverhalten der Polizei zur Wehr zu setzen. Was nichts anderes ist als die Chance auf das, was wir in Deutschland eigentlich für juristisch selbstverständlich halten: Einen fairen Prozess. Und die Gewissheit, dass Bürgerrechte auch beim Besuch eines Fußballspiels bestand haben.

 

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