Verantwortlich dafür zeichnete sich Aljoscha Pause, der sich als Filmemacher bereits mit Produktionen über den ehemaligen effzeh-Profi Thomas Broich (“Tom meets Zizou – Kein Sommermärchen”) einen Namen gemacht hatte. Im Zentrum stand in dieser Doku mit Mario Götze ein Fußballer, der trotz seines jungen Alters bereits Erfolg und Misserfolg im Sport in jeweils unterschiedlichen Intensitäten kennengelernt hat. Nach seinem Siegtreffer im WM-Finale 2014 (und auch schon davor) galt er als der kommende Superstar, bevor er beim kriselnden BVB zum Bankdrücker mutierte und Schwierigkeiten mit Ex-effzeh-Coach Stöger offenbarte.
Manchester City und Juventus: Zwei Klubs als Pioniere
International gibt es viele weitere Projekte, in denen das Selbstmarketing wie im Fall Götze unterschiedlich offen durchschien: “Amazon” begleitete den englischen Verein Manchester City und dessen populären Trainer Josep Guardiola während der Saison 2017/2018 und zeigte immer wieder Szenen aus dem Innenleben des mit viel Geld hochgezogenen Vereins, kommentiert von niemand Geringerem als Sir Ben Kingsley.
Ähnlich war es bei Juventus, über die im Rahmen einer “Netflix”-Dokumentation berichtet wurde. Bereits hier fällt auf: Die beiden großen Plattformen widmen sich zwei erfolgreichen Vereinen, die viel Erfolg und ohnehin schon eine große Fanbasis haben. Gezeichnet wird das Bild eines perfekt funktionierenden Fußballklubs, in dem keinerlei Probleme oder Konflikte vorliegen. Dass Manchester City allerdings nur durch das Geld aus den Vereinigten Arabischen Emiraten dort ist, wo der Verein mittlerweile steht, wird weniger thematisiert.
Reines Marketing? Es geht auch anders
Auch bei der Doku über Juventus wird weniger auf problematische Aspekte eingegangen, gleichermaßen werden Sponsoren prominent ins Licht gerückt, weswegen eine Frage erlaubt scheint: Sind diese als Dokumentationen deklarierte Serien eigentlich wirklich neutral, dokumentieren sie die Realität? Oder dienen sie nur dazu, ein Produkt zu vermarkten? Dass ein Blick in die Kabine authentisch wirkt, ist logisch – die dahinter stehende Inszenierung nimmt dem Ganzen aber ein wenig den Zauber.
Hauptfigur der Doku über Man City: Pep Guardiola | Foto: Nigel Roddis/Getty Images
Dass es jedoch auch anders geht, beweist “Amazon” mit der Doku-Serie “Six Dreams”, bei der über sechs Folgen verschiedene Protagonisten des spanischen Erstliga-Fußballs begleitet werden. In Zusammenarbeit mit La Liga ist ein Produkt entstanden, das auch einen Blick wirft abseits der Scheinwerfer: Die Arbeit in Klubs wie Girona oder Eibar, die mit einem geringen Budget die Liga zu halten versuchen, ist ein zentrales Motiv der Serie. Anhand des Sportdirektors Quique Carcel (Girona) und der Präsidentin Amara Gorostiza (Eibar) erkennt man, wie schwer die Arbeit im professionellen Fußball sein kann, wenn man nicht über das ganz große Geld verfügt.
Müssen es immer die Glamourvereine und -spieler sein?
Andrés Guardado, mexikanischer Nationalspieler, wird während seiner Saison mit Betis Sevilla ebenso begleitet wie Inaki Williams bei Athletic Bilbao. Der einzig wirklich glamouröse Vertreter des spanischen Fußballs in dieser Serie ist Atletico Madrids Jungstar Saul Niguez. “Six Dreams” offenbart jedoch jenseits der Hochglanzproduktionen, das auch weniger bekannte Protagonisten es verdienen, einen näheren Blick auf ihre Arbeit zu werfen.
Über deutsche Vereine gibt es solche Doku-Serien momentan noch nicht, obwohl RTL Nitro angekündigt hat, die Europapokal-Saison von Eintracht Frankfurt in einer siebenteiligen Doku-Reihe filmisch zu begleiten. Damit sich solche Produktionen über Mittelklasse-Vereine allerdings lohnen, müssen sie ein Thema aufgreifen, das die Massen über die Fanbasis hinaus begeistert – das muss die Doku-Reihe erst einmal unter Beweis stellen. Denn klar ist, dass alle Eintracht-Fans einschalten werden – wie man das breite Publikum abholt, wird abzuwarten bleiben.
Von daher gilt: Die Dokus sind unter dem Blickwinkel inszenierter Einblicke in die Fußballwelt durchaus interessant, bieten allerdings bis auf wenige Ausnahmen wirklich einen Mehrwert. Gerade für kleinere Klubs dürften solche Formate in der Umsetzung schwierig werden – obwohl Potenziale durchaus vorhanden sind. Denn wen würde es nicht interessieren, wenn man am Beispiel des 1. FC Köln filmisch untersucht, wie ein großer Traditionsverein den Weg in die Moderne schaffen will und dabei immer wieder grandios scheitert? Vielleicht hat ja eine große Plattform Interesse, die Protagonisten zu begleiten – wir würden auf jeden Fall einschalten!