Es war wieder einmal Pay-Day beim Deutschen Fußball-Bund. Nicht nur, dass man sich mit Adidas auf einen neuen Ausrüster-Deal für „La Mannschaft“ einigte und damit 50 Mio. Euro einstrich. Nein, auch das Sportgericht des Verbandes verteilte am Montag wieder fleißig seine Knöllchen. Gleich vier Vereine wurden mit Geldstrafen in einer Höhe von insgesamt 44.000 Euro bedacht. Und wieder einmal gehörte auch der effzeh dazu. „Das Sportgericht (…) hat den Bundesligisten 1. FC Köln (…) wegen zweier Fälle eines unsportlichen Verhaltens seiner Anhänger mit einer Geldstrafe in Höhe von 14.000 Euro belegt“, ließen die Verbandsjuristen in Frankfurt wissen.
So weit, so routiniert mag die Reaktion auf eine solche Nachricht zunächst ausfallen. Schließlich gehören Strafen für das Abbrennen von Pyrotechnik oder das Werfen von Gegenständen schon länger zum leidlichen Bundesliga-Alltag. Das System, Vereine für das Fehlverhalten Dritter zu bestrafen, ist zwar noch genauso unlogisch wie immer schon. Doch hat man sich an den Status Quo in soweit gewöhnt, dass niemand anzweifeln würde, dass es plausible Gründe für ein Verbot von Pyrotechnik in Stadionkurven gibt. Und somit eben auch plausible Gründe für Strafen, wenn die Regel gebrochen wird. Einzig darüber, wen die Sanktionen dann treffen sollten, gehen die Meinungen deutlich auseinander.
“Verunglimpfende Inhalte”
Dass ein Teil der jetzigen DFB-Strafe auf die Rauchbomben, die beim Spiel gegen Borussia Dortmund am letzten Spieltag gezündet wurden, zurück zu führen ist, überrascht daher auch nicht. Der zweite Tatbestand, der mit den 14.000 Euro nun gesühnt wurde, dafür aber umso mehr. „Gegen Ende der ersten Halbzeit des Bundesligaspiels gegen Eintracht Frankfurt am 13. Februar 2016 wurden im Kölner Zuschauerblock ein langes Banner mit verunglimpfendem Inhalt gezeigt“, bemängelt der Verband nämlich ebenfalls.
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„Es gibt nur eine Sache, die größer ist als die Freiheit – Der Hass auf die, die sie dir nehmen“ und „Scheiss auf eure Strafen und Verbote! Scheiss auf euch!“, stand auf den beiden Spruchbänder, um die es sich Augenzeugenberichten zufolge handeln muss und die auch vom „Express“ als Corpus Delicti benannt wurden. Es erscheint überaus unwahrscheinlich, dass ein ordentliches Gericht hierbei den Straftatbestand der Beleidigung feststellen oder auch nur ein Verfahren eröffnen würde. Zwar ist die ablehnende Botschaft an den Verband unfreundlich, ja sogar unflätig formuliert. Doch auch die ebenfalls auf dem Banner gezeigte Formel „110 DFB → AMK“, die recht niveauarmen türkisch-geprägten Jugendsprech enthält, sollte der größte Fußballverband der Welt durchaus aushalten können.
Die fragwürdige Weltsicht des DFB
Zwar geht aus der Pressemitteilung nicht hervor, welches Vergehen welchen Anteil an den 14.000 Euro haben soll, dennoch oder gerade deshalb stellt der Verband mit der nun verhängten Strafe für „Banner mit verunglimpfenden Inhalten“ die eigene Imagepflege juristisch praktisch auf eine Stufe mit Vergehen wie dem Abbrennen von Pyrotechnik. Wenn jemand den „guten Ruf“ des mächtigen Verbands im Stadion in Verruf bringt, ist das also ähnlich strafenswert wie Vergehen, die die Stadion- und Zuschauer-Sicherheit betreffen. Eine durchaus fragwürdige Weltsicht.
Doch noch problematischer sind die potenziellen Folgen solcher Urteile. Denn bestraft wurde wieder einmal der Verein und somit nicht die eigentlichen Urheber des Spruchbandes. Dieser Rechtssprechung immanent ist, dass der Club eine Verantwortung für die Inhalte der Banner und Plakate in der Kurve hat, was ihn wiederum in die Rolle einer Zensurbehörde drängt. Man kann dem Veranstalter bzw. seinem Sicherheitsdienst durchaus noch zumuten, mit dafür verantwortlich zu sein, wenn es Besuchern gelungen ist, Pyrotechnik ins Stadion zu schmuggeln. Doch jedes Spruchband, jede Fahne, jedes Banner vorab zu prüfen und gegebenenfalls zu zensieren, kann nicht die Aufgabe eines Fußballvereins sein. Und Inhalte zu verbieten, gegen die ordentliche Gerichte wohl nichts einzuwenden hätten, sowieso nicht.
Denn schon die derzeitige juristische Konstruktion der Haftung für Dritte erschwert die Arbeit in Fanprojekten, die der Verband ironischerweise ja immer wieder lauthals fordert, nicht unerheblich. Wenn der Verein nun auch noch die Spruchbänder nach den Wünschen des DFB zensieren würde, wäre ein gesundes Vertrauensverhältnis zwischen aktiver Fanszene und Klub wohl nahezu undenkbar. Ein ziemlich hoher Preis für die bloße selbstverliebte Besänftigung eines sehr eitlen Fußballverbandes.