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Müngersdorf

Der 1. FC Köln siegt mit 4:2 beim VfL Wolfsburg: Chapeau oder das Lüften der Schiebermütze

Der 1. FC Köln überrascht seine Anhänger mit einem verdienten 4:2-Auswärtssieg beim VfL Wolfsburg, zu dem das gesamte Team beitrug, besonders aber auch Florian Kainz mit einer blitzsauberen Leistung, einem Tor und zwei Assists.

Florian Kainz hat gerade zum 3:1 beim VfL Wolfsburg getroffen (Foto: Cathrin Mueller/Getty Images)

Steffen Baumgart atmete erst einmal tief durch. Nein, so kurz nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck wollte sich beim Kölner Trainer noch keine Entspannung einstellen. Zu aufreibend waren die 93 Minuten beim 4:2-Sieg seines Teams in Wolfsburg für den wie immer sehr engagiert agierenden Übungsleiter gewesen. Der frühe Rückstand, danach die scheinbar komfortable Führung, der ärgerliche Anschlusstreffer und schlussendlich das erlösende 4:2.

Irgendwann huschte dann doch ein Lächeln über sein Gesicht. Sie hatten es wieder einmal geschafft, seine Jungs, trotz aller Verletzungsprobleme und ungeachtet der Belastung durch die Spiele in der Conference League. Einen Auswärtssieg hatten sie errungen gegen einen Gegner, der individuell gewiss stärker einzuschätzen war als sein Team. Aber seine Spieler waren als Mannschaft aufgetreten, hatten keinen Weg gescheut und nahmen nun als verdienter Sieger die Glückwünsche des Gegners entgegen. Ein wenig stolz war er schon, der Steffen Baumgart. Und womit? Mit Recht.

Früher Rückstand – dann beruhigende Führung

Zu Beginn der Partie schien er auch schon direkt auf Betriebstemperatur zu sein – im Gegensatz zu seinem Team. Das musste schon nach zwei Minuten hilflos mit ansehen, wie Lukas Nmecha zum Wolfsburger Führungstor traf. Baumgart gestikulierte fortan, beschwor und dirigierte von der Außenlinie – und es half. Der Steckpass von Florian Kainz, Dejan Ljubicics Laufweg und sein cooler Abschluss ins linke Toreck, das sah nach Fußball aus, nach richtig gutem sogar und wurde mit dem 1:1 belohnt (22.). Und es sollte noch besser kommen. Zwar halfen Koen Casteels und Paulo Otavio beim Kölner Führungstreffer tatkräftig mit, aber die Flanke von Jonas Hector kam punktgenau und Jan Thielmann hätte zudem auch noch zum Toreinschuss bereitgestanden.

Jan Thielmann muss nicht mehr eingreifen – 2:1 (Foto: Cathrin Mueller/Getty Images)

Steffen Baumgart mag sich schon die Worte für seine Halbzeitansprache zurechtgelegt haben, als er sich meldete, der neue Freund des 1. FC Köln, der VAR aus dem Kölner Keller. Zweifellos zu Recht, denn an dem Foul des Wolfsburgers Luca Waldschmidt, begangen im 16er an Jan Thielmann, gab es nichts zu deuteln. Florian Kainz verwandelte sicher und so wurden die Geißböcke von einer recht beruhigenden 3:1-Führung in die Kabine begleitet.

Sargis Adamyan sorgte für Klarheit und Entspannung

Wer mit einem großen Ansturm des VfL Wolfsburg in Hälfte 2 gerechnet hatte, sah sich getäuscht. Die Kölner hatten die Partie im Griff, kamen auch zu einigen Chancen, doch ihr Coach beackerte weiterhin wenig entspannt die Seitenlinie und schien irgendwie unzufrieden mit den Darbietungen seiner Schützlinge zu sein. Zu Recht, denn Lukas Nmecha entwischte der Kölner Abwehr erneut und schoss zum 2:3-Anschlusstreffer ein (79.). Doch Florian Kainz war es, der zum dritten Mal dem Spiel seinen Stempel aufdrückte, Sargis Adamyan mit einem Steilpass auf die Reise schickte, der per Innenpfosten zum 2:4 vollendete (81.).

Der wie Adamyan eingewechselte Denis Huseinbasic hätte fast noch das fünften Tor für die Kölner erzielt, dann war Schluss. Und Steffen Baumgart wird irgendwann zumindest innerlich die Schiebermütze für sein Team gelüftet haben, verdient hatte es das allemal. Denn er weiß in ganz besonderer Weise, was seine Spieler da geleistet haben: “Wir schöpfen nicht aus dem Vollen, aber aus dem, was wir haben und die Jungs hauen alles raus,” sagte er nach dem Spiel.

Erkenntnisse: Starkes Team – starker Kainz

Mentalität schlägt Qualität – dem Inhalt nach fasste Wolfsburgs Trainer Nico Kovac so das Spiel später zusammen. Sein Team hatte vieles von dem vermissen lassen, was die Kölner auszeichnete: Laufbereitschaft, Zweikampfstärke und die Überzeugung, auch nach einem Rückstand zurückkommen zu können. Zudem wussten die Geißböcke mit Florian Kainz einen Spieler in ihren Reihen, der sich nicht zum ersten Mal in dieser Saison in überragender Form präsentiert. Einen Treffer erzielte er selbst, zwei weitere bereitete er vor, sieben Scorerpunkte in den bisherigen Pflichtspielen der Saison stehen bereits auf seinem Konto.

“Wir schöpfen nicht aus dem Vollen, aber aus dem, was wir haben und die Jungs hauen alles raus.” (Steffen Baumgart)

Der eine Kingsley hat den 1. FC Köln verlassen, der andere ließ ihn durch seine Leistung am Samstagnachmittag fast vergessen. Kingsley Schindler agierte auf der Position des rechten Außenverteidigers, als ob er schon zig Spiele dort bestritten hätte. Unterstützt wurde er dabei von Jan Thielmann, dessen Laufleistung und Einsatz half, die rechte Kölner Abwehrseite dicht zu machen. Und da war das Lächeln von Marvin Schwäbe nach dem Ende der Partie. Gegen Stuttgart hatte er Mal um Mal retten müssen und die Null gesichert, in Wolfsburg war er wenig gefordert worden und hatte zwei Treffer kassiert. Torwartschicksal eben.

Ausblick: Erst Nizza, dann Union Berlin

Am nächsten Sonntag (15.30 Uhr) stellt sich mit Union Berlin ein Team vor, dass neben dem SC Freiburg mit Fug und Recht als “Mannschaft der Stunde” bezeichnet werden kann. Den Berlinern war es gelungen, sogar den scheinbar übermächtigen Bayern einen Punkt abzutrotzen. Ein Team mit einer überragenden Mentalität und einem System, dass jedem Spieler in Fleisch und Blut übergegangen zu sein scheint.

Ondrej Duda beim letzten Heimspiel gegen Union Berlin am 7.11. 2021. (Foto: Lukas Schulze/Getty Images)

Wie der 1. FC Köln sind auch die “Eisernen” unter der Woche international gefordert, an der Alten Försterei geht es am Donnerstag in der Europa League gegen das belgische Überraschungsteam von Royale Union Saint-Gilloise, während der 1. FC Köln in seinem ersten Spiel der Gruppenphase der Conference League an die französische Mittelmeerküste zum OGC Nizza reist. Beide Aufgaben – in Nizza und zu Hause gegen die “Eisernen” – stellen große Herausforderungen für Baumgarts Team dar, spielerisch, taktisch und auch kämpferisch.

 

 

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