„Ich war nicht dabei, aber ich hätte für mich gestimmt“, betonte Heldt mit schelmischem Grinsen auf diese Episode angesprochen. „Fakt ist, dass die Entscheidung auf mich gefallen ist, und darüber freue ich mich außerordentlich. Ich brauche die Einzigartigkeit des FC gar nicht zu erklären. Das wissen die Leute. Wer mich kennt, weiß, dass der FC für mich eine Herzensangelegenheit ist“, bemühte der neue starke Mann beim Aufsteiger seine Verbindung zu seinem alten, neuen Club und schob jovial hinterher: „Ich möchte die Leute mit meiner Arbeit überzeugen, damit sie eines Tages sagen: Leck mich am Ärmel, mit dem Heldt hat es Spaß gemacht.“
Von Spaß waren sie rund um den 1. FC Köln in den vergangenen Tagen vermutlich weit entfernt. Die sportliche Situation ist prekär, der Aufsteiger liegt mit lediglich sieben Punkten auf Platz 17. Auch finanziell sind die „Geißböcke“ nach dem Kraftakt im Sommer, als das Transferbudget um mindestens zehn Millionen Euro überzogen wurde, nicht auf Rosen gebettet. Und in der Krise nach dem Abschied der sportliche Leitung machte das neue Präsidium um Werner Wolf nicht den sattelfestesten Eindruck. Dass nur zwei Tage nach einem Ruhe ausstrahlenden Interview mit Kölner Tageszeitungen das neue Duo Heldt/Gisdol unter solchen Umständen in ihre Positionen gehoben wurde, ließ nach den harten Machtkämpfen der jüngsten Vergangenheit einige Unterstützer sprachlos bis entsetzt zurück.
Wehrles Wunsch wurde wahr
Mit Horst Heldt hat FC-Finanzchef Alexander Wehrle, der sich dem Vernehmen nach am vergangenen Wochenende noch einmal ausdrücklich für eine Verpflichtung des ehemaligen Stuttgarters stark gemacht hatte, abermals seinen Wunschkandidaten für den Platz neben sich in der Geschäftsführung erhalten. Interne Stimmen, die nach den Erfahrungen mit Armin Veh eher einen vereinsfremden und weniger mit Seilschaften behafteten Sportchef gefordert hatten, konnten sich in der Diskussion letztlich nicht durchsetzen. Die erste Entscheidung, die Heldt in Köln mitverantwortet? Seinem alten Weggefährten Markus Gisdol die „Mission Klassenerhalt“ anzuvertrauen. „Wir kennen uns. Ich bin in die Trainerfindung involviert gewesen und um meine Meinung gebeten worden“, erklärte der neue FC-Sportchef bei seiner Vorstellung.
Bereits auf Schalke hatten sich die Wege der beiden nun entscheidenden Kölner Figuren gekreuzt. Heldt war Sportchef der „Königsblauen“, während Gisdol unter Ralf Rangnick als Co-Trainer fungierte. Als der aufgrund seiner Burnout-Erkrankung seinen Posten als Chefcoach aufgeben musste, beförderte der jetzige FC-Sportgeschäftsführer allerdings nicht den Assistenten, sondern holte sich mit Huub Stevens einen erfahrenen Fahrensmann an Bord. Eine Entscheidung, die dem Vernehmen nach nicht ohne Folgen blieb: Als der Hamburger SV Anfang 2017 einen neuen Sportchef suchte, soll auch Horst Heldt für den Posten im Gespräch gewesen sein. Letztlich holte der Bundesliga-Dino Jens Todt – auch weil sich Gisdol angeblich gegen eine Zusammenarbeit mit seinem jetzigen Vorgesetzten gesträubt hatte.
Auch deshalb wirkt die heutige Realität am Geißbockheim, als wären sich drei Verzweifelte zum vermeintlich richtigen Zeitpunkt über den Weg gelaufen. Das oberste Ziel beim 1. FC Köln lautet nun für das neue Duo: Klassenerhalt. „Wir haben nicht viel Zeit. Wir müssen jetzt an den richtigen Rädchen drehen, um wieder in die Erfolgsspur zu kommen“, fordert Heldt – und sieht bei den „Geißböcken“ einen Kader, der das Zeug für den Verbleib in der Bundesliga hat. Dass der Klassenerhalt große Priorität beim FC hat, zeigt bereits die Vertragssituation der beiden Neuen: Gisdol ist zwar bis 2021 an die Kölner gebunden, sein Kontrakt gilt allerdings nur für die Bundesliga. Und auch bei Horst Heldt soll es laut einem „Express“-Bericht eine Ausstiegsklausel für den kommenden Sommer geben.
“Erfolgreicher Fußball spielen!”
Zwei Hauptaufgaben hat der neue Sportchef im Club bereits identifiziert: Zum einen müsse der 1. FC Köln wieder eine Gemeinschaft werden, erklärte Heldt. Von außen fühle es sich so an, als sei das “nicht der Fall”. Zum anderen laute die Devise nun vor allem aber schlicht und einfach: Erfolgreicher Fußball spielen! Dafür verantwortlich ist seit Montagabend Markus Gisdol, der die komplizierte Aufgabe am Rhein mit der nötigen Portion Selbstbewusstsein und Gelassenheit angeht: „Wir brauchen uns nichts vormachen, es ist eine schwierige Situation. Ich muss schauen, was zur Mannschaft passt, wie ich ihr helfen kann. Dafür bin ich da“, so der erfahrene Fußballlehrer, der bereits Hoffenheim und den HSV aus prekärer Lage noch zum Klassenerhalt führte.
Eine Einheit zu bilden – auf und neben dem Platz, das sei nun eine seiner wichtigsten Aufgaben. „Es darf kein ‚Ich‘ sein, es muss ein ‚Wir‘ sein. Wir müssen es zusammen angehen“, betonte Gisdol, zeigte sich allerdings ebenfalls realistisch: „Ich kann jetzt die tollsten Dinge erzählen. Am Ende der Saison ist es das Wichtigste, dass wir in der Bundesliga bleiben“, so der 50-Jährige. Und wenn das gelingt, dann wird auch das Gerede von der „dritten Wahl“ und dem Panikknopf, den der FC vermutlich am vergangenen Wochenende gedrückt hat, bloß nur noch Geschwätz von gestern sein. Dann, so darf jetzt schon festgehalten werden, war dieser kalt-nasse Dienstag wirklich ein Grund zur Freude und ein guter Tag für den 1. FC Köln.
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