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Meinung

Den nächsten Schritt gemacht

Der effzeh wurde am Ende Neunter mit 43 Punkten. Erfolgsgaranten hierfür waren die Kölsche Achse sowie die Qualitäten des Trainerteams.

© effzeh.com

Der effzeh schließt die Saison 2015/16 als Neunter mit 43 Punkten ab. Die beste Platzierung seit 24 Jahren ist das Resultat guter Einkaufspolitik und herausragender Mannschaftsführung. Darüber hinaus gelang es der Mannschaft von Peter Stöger, spielerisch und taktisch deutliche Fortschritte im Vergleich zur Vorsaison zu machen. Die Verluste von Kevin Wimmer und Anthony Ujah im vergangenen Jahr konnten vollständig kompensiert werden. Teure Abgänge einiger Leistungsträger sind nun fast zwangsläufig. Ein effzeh.com-Saisonrückblick.

Das zweite Jahr soll das schwerste sein, so ist zumindest die landläufige Meinung über Aufsteiger in der ersten Bundesliga. Der effzeh hat diese Herausforderung mit Bravour gemeistert. Trotz des Verlustes von Kevin Wimmer und Anthony Ujah, zwei Säulen der Mannschaft, stand das Team von Peter Stöger erneut an keinem Spieltag auf einem Abstiegsplatz. Der effzeh geriet nie in sehr gefährliche Situationen, wie sie andere etablierte Vereine wie Frankfurt, Stuttgart und viele andere durchleben und zum Teil sogar absteigen mussten. Aber auch abseits der Tabelle zeigte das Team häufig dem Gegner die Grenzen auf, wenngleich es häufig an die eigenen stieß. Siege und starke Spiele gegen Kontrahenten aus der oberen Tabellenhälfte belegen, dass der Verein den nächsten Schritt gemacht hat.

Frederik Sörensen | Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Frederik Sörensen | Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Ein wesentlicher Baustein war eine gelungene Transferpolitik im Sommer. Jörg Schmadtke holte Frederik Sörensen und Dominique Heintz für die Innenverteidigung, von denen zumindest einer den Verlust Wimmers kompensieren sollte. Dazu kamen (der damalige) Flügelspieler Leo Bittencourt, der technisch versierte Milos Jojic, Stöger-Wunschspieler Philipp Hosiner und als Königstransfer Anthony Modeste, der Anthony Ujah ersetzen musste. Die Transfers saßen nicht alle, insbesondere Jojic enttäuschte während der Saison auf ganzer Linie und fand erst zum Ende eine ordentliche Form, aber die Neuzugänge integrierten sich gut und manche übertrafen die Erwartungen sogar. Dominique Heintz und Anthony Modeste waren auf Anhieb Leistungsträger und machten ihre Vorgänger schnell vergessen. Zudem zeigte „Sachbearbeiter“ Bittencourt zum Ende ungeahnte Qualitäten als hängende Spitze.

Daneben schwang sich Simon Zoller zum zweitbesten Torjäger auf. Seine spielerischen Fähigkeiten wirken etwas limitiert, aber er war der abschlussstärkste effzeh-Akteur und extrem agil und spielintelligent. Jedoch konnten nicht alle Spieler ihre Vorjahresform halten oder steigern. Pawel Olkowski fiel in ein Leistungsloch, verletzte sich zwischendurch und schaffte es nie, richtig in Tritt zu kommen. Auch Yuya Osako zeigte nur teilweise, welche hervorragenden technischen Fähigkeiten er besitzt, kam teilweise gar nicht ins Spiel. Und Kevin Vogt vermied Zweikämpfe im defensiven Mittelfeld fast so häufig wie Kopfbälle, konnte kaum die positiven Eindrücke der Vorsaison bestätigen. Seinem Nebenmann, Kapitän Matthias Lehmann merkte man zudem häufiger Probleme beim Antritt und insbesondere in der Spieleröffnung an.

Kölsche Achse als Erfolgsgarant

Besonders hervorstechend ist aber die kölsche Achse der Mannschaft. Timo Horn, Jonas Hector, Yannick Gerhardt und Marcel Risse spielen nun seit drei Jahren zusammen und stehen symbolisch für die Weiterentwicklung des gesamten Vereins. Alle haben in jedem Jahr eine Leistungssteigerung abgeliefert. Timo Horn gilt nun auch überregional (zurecht) als einer der besten Bundesligakeeper, Jonas Hector wird als Stammspieler in die Europameisterschaft gehen, Yannick Gerhardt bringt dem effzeh nun -angeblich- 13 Millionen Euro (wenngleich ein Dürener in Wolfsburg immer noch eine drollige Vorstellung ist) und Marcel Risse hat sich zur Allzweckwaffe entpuppt, die die Gegner immer mit Vorstößen nervt und mit sieben Assists die beste Vorbereiterbilanz der Mannschaft aufweisen kann. Weitet man den „Kölsch“-Begriff etwas aus, könnte man auch Grätschenmeister Dominic Maroh dazu zählen, der unter Peter Stöger drei nahezu fehlerfreie Jahre absolviert hat und ein absoluter Garant für die stabile Defensive ist.

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Diese personelle Kontinuität innerhalb trägt einen erheblichen Teil zur Weiterentwicklung bei. Der effzeh erspielte sich laut dem „kicker“ mit 187 Torchancen die achtmeisten der Liga. Leider weist er mit einer Quote von 20,3% die mit Abstand schlechteste Chancenverwertung auf (Ingolstadt hat bei 150 Chancen als nächstplatzierter eine Quote von 22,0%). Gleichzeitig liegt die Mannschaft mit 38 erzielten Toren gemeinsam mit Darmstadt auf dem viertletzten Platz, während die Defensive mit 42 Gegentreffern die viertbeste der Liga ist (gemeinsam mit Mainz, Berlin und Ingolstadt). Die Chancen sind also da gewesen, einzig die Qualität der Möglichkeiten und der Abschlüsse waren teilweise schwach. Im Vergleich zur Vorsaison, als der effzeh jedoch eigentlich nur über Konter gefährlich wurde, hat das Team einen Satz nach vorne gemacht, da die Chancen nun auch aus dem Spiel kreiert werden.

Stöger und Schmadtke setzten zur Weiterentwicklung auf die richtigen Spieler, trennten sich von Daniel Halfar, Kazuki Nagasawa und Bard Finne, die den Sprung nicht geschafft haben. Dafür bekam das Talent Marcel Hartel wertvolle Minuten, Winterneuzugang Filip Mladenovic zeigte seine offensiven Qualitäten und Anthony Modeste avancierte mit 15 Toren zum fünftbesten Torjäger in Deutschlands höchster Spielklasse. Seine Torbeteiligungsquote im Verhältnis zu allen erzielten Toren des eigenen Vereins (20/38) ist mit 52,6% vor den 47,4% von Darmstädter Sandro Wagner die mit Abstand beste der Bundesliga! Ein weiterer Beleg für die gute Personalpolitik des Vereins, aber auch für die Abhängigkeit, die die Mannschaft in Bezug auf den französischen Neuzugang hatte. Gelingt Schmadtke und Stöger das Kunststück, die Abhängigkeit von Modeste zu verringern und gleichzeitig die Verwertungsquote zu erhöhen, ist die nächste Entwicklungsstufe nicht mehr weit entfernt.

Qualitäten des Trainerteams entscheidend

Die sportliche Entwicklung ist primär unzweifelhaft mit Peter Stöger verbunden. Der Wiener brachte nüchternen Pragmatismus in die Domstadt und schuf eine Defensive, die auch im dritten Amtsjahr extrem stark spielte. Dem ehemaligen Nationalspieler gelang es trotz einiger Experimente und Rückschläge, die Mannschaft auf Kurs zu halten. Man mag Stöger für seine teils risikoarme Spielweise rügen, der Erfolg gibt ihm jedoch Recht. Einen Schritt nach dem anderen behutsam setzen, lautet die Devise. Nicht berücksichtigt sind in sämtlichen Chancenstatistiken zudem die nahezu dreißig Elfmeter, die der effzeh von den entsetzlich schwachen Schiedsrichtern während der Saison verwehrt bekam. Die Führungstreffer, die daraus möglicherweise resultiert wären, hätten eine höhere Tabellenplatzierung bedeutet und die torarmen Spiele als clevere und kontrollierte Offensive erscheinen lassen.

Foto: SASCHA SCHUERMANN/AFP/Getty Images

Foto: SASCHA SCHUERMANN/AFP/Getty Images

Wirklich großartige Qualitäten bewies Stöger aber vor allem erneut in der Menschenführung. Seine geradlinige, offene Art, mit den Spielern hat ihm eine Menge Respekt eingebracht. Obwohl der 49-jährige streng seinen Regeln treu bleibt, zieht die Mannschaft mit und dankt es ihm mit Leistung. Stöger wiederum stärkt jedem Spieler öffentlich den Rücken, wenn er glaubt, dass diese im Umfeld einen schweren Stand haben. Das mag auf viele dünnhäutig wirken, ist jedoch ein Teil seiner authentischen Persönlichkeit und trägt enorm viel zur mentalen Stabilität der Mannschaft bei. Leblose Vorstellungen? Verweigerte Zweikämpfe? Ausgelassene Sprints? Unter Stöger besitzen diese Aspekte Minimalcharakter. Die Mannschaft drehte im Gegenteil viele Spiele, ließ sich von Gegentoren nur sehr selten komplett zurückschlagen und wirkte stets gefestigt. Die Weiterentwicklung des Teams hat Stöger selbst auf seine ganz eigene Weise bestätigt: während der Hinrunde sagte er, dass die Trainer der gegnerischen Mannschaften in der Saison 14/15 häufig Respekt zollten. Mittlerweile gäben sie reihenweise zu, mit einem Punkt gegen den effzeh gut bedient zu sein.

Die Saison 2015/16 war für den effzeh also ein voller Erfolg. Die Mannschaft sorgte zudem mit dem Derbysieg, einem Sieg am Bayerwerk, dem spektakulären Sieg gegen Dortmund und dem Comeback gegen Mainz für einige emotionale Highlights, die noch lange positiv in Erinnerung bleiben werden. Nun kommt es darauf an, wer im Sommer kommt und geht. Abgänge wie der Yannick Gerhardts wiegen sportlich und emotional schwer, das kann auch ein gefülltes Bankkonto nur teilweise ausgleichen. Weitere Abgänge wie etwa der Jonas Hectors sind zudem wahrscheinlich. Neu hinzukommen werden Marco Höger und (wahrscheinlich) Konstantin Rausch. Es gibt also für Schmadtke und Stöger noch eine Menge zu tun. Die Erfahrung der letzten Jahre bringt den beiden eine Menge Vorschusslorbeeren, denen sie gerecht werden müssen. Wir Fans können jedoch auch auf eine tolle Bundesligasaison zurückblicken, in der selbst unsere Fanszene kaum negativ auffiel. So kann es gerne weitergehen!

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