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Kreuzbandriss bei Risse: Das Cello-Dilemma

Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Die Verletzung von Marcel Risse trifft den 1. FC Köln ins Mark. Dabei sind es weniger die Freistoßtore, die den Ausfall von Cello so schmerzhaft machen.

Als der 1. FC Köln nach Ablauf der Saison 2015/16 anlässlich eines Rückblicks auf die abgelaufene Spielzeit ein Video veröffentlichte, in dem die gesamte Mannschaft schauspielerisch wertvoll und selbstironisch in einzelnen Szenen auf die Saison zurückblickten, hatte der Karnevalsverein mal wieder für Aufsehen in Fußball-Deutschland gesorgt. Stögers Büdchen-Träume vom Europapokal oder Modestes irre Taxifahrt machten auch über die Kölner Stadtgrenzen schnell die Runde.

Dass in jenem Video ein gewisser Marcel Schmidt am Empfang des Geißbockheims den Hörern abnahm und Beschwerden über die schwachen Freistöße von Marcel Risse entgegennahm, war dagegen eher ein kölscher Insider, denn nur wer reihenweise Spiele des effzeh verfolgt hatte, wusste wohl was gemeint war. Die Streuung, die Zufälligkeit in den Standards, sie brachten einen zur Verzweiflung.

In dieser Saison schoss jener Marcel Risse den effzeh schon mit zwei fantastischen Freistoßtoren zur Glückseligkeit in Derby und DFB-Pokal. Fußball-Deutschland könnte meinen, dass genau jene unberechenbaren Freistöße der Elf von Peter Stöger am meisten fehlen werden, nachdem sich Risse ohne Fremdeinwirkung einen <a href=”https://effzeh.com/risse-erleidet-kreuzbandriss/”>Kreuzbandriss im Spiel bei der TSG Hoffenheim</a> zuzog

Freistoßtore werden am wenigsten fehlen

Doch jene Freistöße, ob sie nun wie gegen Gladbach und Hoffenheim ins Tor gehen oder einfach mal wieder vogelwild im erstbesten gegnerischen Feldspieler hängen bleiben, sind nur ein äußerst geringer Faktor, den Cello ins kölsche Spiel brachte. Es gibt andere Gründe dafür, dass Risses Kreuzbandriss den effzeh ins Mark trifft und wohl noch schmerzhafter ist als der Ausfall von Leistungsträgern wie Lehmann, Bittencourt, Horn und Maroh.

Während man in Kessler und Müller gleich zwei solide Ersatzmänner für Horn hat, auch ein Maroh-Ausfall ohne großen Qualitätsverlust aufgefangen werden kann und die Bittencourt-Verletzung bei allem Wegfall in der Offensive die defensive Stabilität nicht groß beeinträchtigt, ist der Kreuzbandriss von Risse in gleich beide Richtungen eine Hiobsbotschaft.

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Risses in der Liga sehr rar gesäte und hervorstechende Eigenschaft als Wing-Back haben wir <a href=”https://effzeh.com/stoegers-agiles-in-game-coaching-als-erfolgsfaktor”>bereits an anderer Stelle beleuchtet</a>. Wie kaum ein zweiter versteht er es, mit großem und vor allem effektivem Laufpensum die rechte Seite abzudecken, wodurch sein Hintermann, in dieser Saison fast immer Sörensen, in großem Maße entlastet wird.

Vor allem wegen eines Spielertypen wie Risse, der eine ganze Seite in beide Richtungen alleine bearbeiten kann, hat Peter Stöger bereits laut über einen Systemwechsel zu einer Dreierkette nachgedacht. Wie wichtig Risse für den kölschen Defensivverbund ist, sollte das Spiel in Hoffenheim gezeigt haben. Dabei steht nicht lediglich der Fakt, dass der effzeh nach dem Ausfall der Nummer 7 noch drei Gegentore gefangen hat, vielmehr interessiert die sonstige Ausrichtung.

Hartel deckt Sörensens Schwächen auf

Die Kraichgauer hatten Rechtsverteidiger Sörensen früh als Schwachstelle in der Kölner Verteidigung ausgemacht und daher von Beginn an extrem linkslastig gespielt. Immer wieder attackierten die TSG mit wechselndem Personal. In den ersten 20 Minuten konnten die Hausherren dennoch nur wenig Gefahr über links entwickeln, weil Risse stets stark unterstützte und sich im Rückwärtsgang aufrieb.

Nach Risses Herausnahme kam mit Marcel Hartel ein gänzlich anderer Spielertyp ins Spiel, der sich fortan mehr ins Zentrum orientierte. Das war schließlich auch einer der ausschlaggebenden Faktoren bei der Entstehung des zweiten, respektive des vierten Gegentreffers, als sich Hartel etwas zu weit von seiner Seite wegbewegte und Sörensen so im direkten Duell mit dem wesentlich flinkeren Toljan auf sich allein gestellt war.

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Natürlich sollte man dem sehr bemühten Hartel keinen großen Vorwurf machen, doch er offenbarte eben nach seiner Hereinnahme, wie wichtig Risse gerade für die sonst so sichere Verteidigung der Stöger-Elf ist. Ohne Risse wurden die Schwächen des schon seit einigen Wochen abbauenden Sörensen aufgedeckt.

Die PersonalieSörensen eröffnet einen weiteren Punkt. Der sich im Formtief befindende Däne hatte seinen Platz auf der rechten Seite schon vor dem Hoffenheim-Spiel nicht mehr unbedingt sicher, gerade wenn man bedenkt, wie eifrig Pawel Olkowski in den letzten Tagen für seine starken Trainingsleistungen gelobt wird. Es bleibt zwar nur eine Vermutung, doch eine rechte Seite mit Olkowski und Risse spielten in den Gedankengängen von Stöger sicherlich bereits eine Rolle.

Modeste trauert

<img class=”size-medium wp-image-31474″ src=”https://effzeh.com/wp-content/uploads/2016/12/Borussia-Moenchengladbach-v-1.-FC-Koeln-Bundesliga-2-310×207.jpg” alt=”MOENCHENGLADBACH, GERMANY – NOVEMBER 19: Anthony Modeste (R) of Koeln celebrates with Marcel Risse (C) after he scores the equalizing goal during the Bundesliga match between Borussia Moenchengladbach and 1. FC Koeln at Borussia-Park on November 19, 2016 in Moenchengladbach, Germany. (Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)” width=”310″ height=”207″ /> Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images
Nun ist Olkowski sicherlich neben Hartel der erste Kandidat als Ersatz für Risse. Er bringt zwar nicht so sehr die Gradlinigkeit und dynamisch-taktische Beschlagenheit von Risse mit, bildet gegenüber Hartel aber die defensivstärkere Variante auf Rechtsaußen. Zudem ist er technisch sowie im Eins-gegen-Eins beschlagener als der Verletzte. Eine Neubesetzung der Rechtsverteidigerposition steht dadurch aber wohl nicht mehr zur Debatte. Stöger, der bekanntlich auf Konstanz in der Startformation setzt, wird in dieser Phase sicherlich nicht seine gesamte rechte Seite neu besetzen, sodass Sörensen seinen Platz behält, obwohl dem Dänen eine Pause wohl gut tun würde.

Nicht zu vernachlässigen sind schließlich Risses Stärken in der Offensive, die dem effzeh enorm fehlen werden. Schon Bittencourts Kreativität und Stärken im Dribbling fehlen im Angriff, nun fallen auch die Dynamik, Fleißigkeit und die Effizienz im Umschaltspiel von Risse weg.

Dass Modeste gegen die TSG komplett in der Luft hing, hatte eben auch mit der Risse-Verletzung zu tun. Trotz seiner zumeist großen Streuung in den Flanken, findet Risse oftmals den Weg am Gegenspieler vorbei für Hereingabe. Er ist einer der emsigsten Flankengeber der Liga, wovon der Franzose im Sturm profitierte.

Kompensation nur im Team

Zudem wies bereits <a href=”https://effzeh.com/abstiegsszenario-wahrscheinlicher/”>Daten-Experte Dustin Ward im Interview</a> mit <strong><span style=”color: #cc0000;”>effzeh<span style=”color: #ccc;”>.com</span></span></strong> auf die besonders häufig gebrauchte Passkombination zwischen Risse und Modeste hin. Es dürfte dem effzeh also ohne Risse auch deutlich schwerer fallen, Modeste über kurze und lange diagonale Pässe ins Spiel einzubringen. Beispielhaft dafür die Szene im gestrigen Spiel, als Modeste nach einer weiten Risse-Flanke nur knapp den Ausgleich verpasste.

Durch den Ausfall seines kongenialen Partners von der rechten Seite dürfte der Angreifer in Zukunft weniger Chancen erhalten. Dass neben dem fleißigen und sehr geschickten Defensivverhalten, der besonderen Chemie mit Modeste und den beinahe einzigartigen Fähigkeiten auf seiner Position auch Risses Qualitäten als Führungsspieler sowie sein Hang zu besonderen Toren fehlen wird, ist selbstredend.

Risses Ausfall ist ein extrem bitterer, für das Spiel des 1. FC Köln von ähnlicher Bedeutung wie sonst wohl nur ein Ausfall von Höger und Modeste. Aufzufangen ist er nur durch das gesamte Team. Durch Fleiß, Disziplin und einige besondere Momente. Ganz im Sinne des Verletzten eben.

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