Mit einer Portion Stolz verkündete effzeh-Finanzvorstand Alexander Wehrle die Kooperation mit dem FC Liaoning Hongyung. Zurecht! Schließlich sind Finanzen, also sowohl das Haushalten mit den aktuellen Finanzvoraussetzungen, als auch das Erschließen neuer finanzieller Möglichkeiten Wehrles Kernaufgabe. Ein Finanzchef, der einen Deal mit wirtschaftlich extrem lukrativen Aussichten bekanntgeben kann, der hat zunächst mal seinen Job richtig und richtig gut gemacht. Dass Wehrle sich da ein wenig auf die Schulter klopft, sei ihm sowohl gestattet, als auch gegönnt. Denn dank der Kooperation mit den Chinesen, die in erster Linie vom fußballerischen Know-how der Kölner und diese ihrerseits von einem großen neuen Vermarktungspotenzial im Land der Mitte profitieren wollen, erschließen sich für den FC ganz neue Dimensionen und Perspektiven in Sachen Auslandsvermarktung. Wirtschaftlich betrachtet ist das für den effzeh schon jetzt ein Meilenstein.
[perfectpullquote align=”left” cite=”” link=”” color=”” class=”” size=””]”Wir gehen einen etwas anderen Weg als die größeren Vereine. Wir beschränken uns auf die Zusammenarbeit mit einem Club in einer Provinz.”[/perfectpullquote]Unbedingt positiv hervorgehoben werden muss auch, dass man in Köln nicht einfach versucht, plump die Modelle der Branchenriesen Bayern München und Borussia Dortmund zu kopieren, sondern mit einem offenbar gut durchdachten und strategisch ausgetüftelten eigenen Modell den “großen Sprung nach vorne” versucht. Denn wo Weltmarken à la Bayern und Dortmund zu gigantischen Werbetouren durch ganz China und auch andere Länder reisen, um möglichst viel vom Gesamtmarkt für sich zu vereinnahmen, setzt der effzeh auf einen (hoffentlich) verlässlichen Einzel-Partner. Drei Jahre Kooperation, der effzeh unterstützt die Chinesen beim Bau einer Fußballschule, bestreitet im kommenden Sommer ein Testspiel in China mit garantierten Einnahmen über 500.000 Euro und hat die Möglichkeit, sich in einer Region mit einer Bevölkerung von 44 Mio. Menschen, das ist die Hälfte der Einwohner Deutschlands, aufgrund der regionalen Alleinstellung von Liaoning exklusiv präsentieren und vermarkten zu können.
Der Markt in China ist gigantisch und ein zwar aufstrebender, aber keinesfalls im internationalen Spitzenniveau agierender Klub tut gut daran, nicht mit Übereifer auf die gigantische Torte draufzuspringen, sondern sich ein passendes Stück dieser herauszuschneiden. Intelligent, vorausschauend, maßvoll – Wehrle und der effzeh gehen das Expansions-Projekt mit aller gebotenen Vorsicht und Voraussicht an. Der Finanzchef (“Wir gehen einen etwas anderen Weg als die größeren Vereine. (…) Wir beschränken uns auf die Zusammenarbeit mit einem Club in einer Provinz.”) peilt mit Augenmaß das nächstgrößere Gardemaß an. Hut ab, Herr Wehrle. Ein durch und durch guter Plan, der aber bei aller Behutsamkeit niemals risikofrei sein kann.
Erfolg birgt auch Risiken
Denn erstens bringt ein solcher Expansionskurs bei aller sicher vorhandenen Abwägung von Chance und Risiko seitens der Verantwortlichen naturgemäß die Möglichkeit des Scheiterns an den eigenen Erwartungen mit sich, zweitens ist selbst im Falle des (wirtschaftlichen) Erfolges eines solchen Unternehmens nicht jegliche Auswirkung auf andere Bereiche vorherzusehen. Oder anders gesagt: Interessenkonflikte im sind Erfolgsfall vorprogrammiert. Globale oder regionale Marke? Diese Frage wird sich bei einer erfolgreichen Vermarktung in China oder auch anderen Ländern stellen. Was werden effzeh-Fans, die noch mit 15.000 Leidensgenossen im alten Müngersdorfer standen, sagen, wenn ihr Klub die ökonomische Möglichkeit hat, Karten für 20, 30 oder 40 Prozent über den heutigen Preisen zu verkaufen, weil ja die Nachfrage aufgrund des erfolgreichen Marketings da ist? Was, wenn der effzeh keine Trainingslager mehr in Deutschland oder Österreich, sondern in China, Japan oder sonstwo auf der Welt veranstalten wird?
Es ist keine neue Weisheit: Aber dort, wo es finanzielle Gewinner (zum Beispiel ein Fußball-Klub) gibt, gibt es eben immer auch wirtschaftliche Verlierer. Der Kapitalismus sieht das so vor, englische Fans können ein Lied davon singen. Dass der deutsche Fußball und somit auch der effzeh, wie von manchem immer wieder behauptet, dieser extremen Kapitalisierungs-Gefahr nicht ausgesetzt sei, ist eine genauso naive wie falsche Annahme. Panikmache oder Kulturpessimismus sind aufgrund des Deals unangebracht, ignorieren kann man die Entwicklung allerdings auch nicht.
Fakt ist, dass ein Klub wie der effzeh, der sportliche und wirtschaftliche Ambitionen hat, ein solches Potenzial natürlich zu nutzen versuchen muss. Fakt ist aber auch, dass die Höhenluft des Erfolges schnell die Sicht für das Wesentliche vernebeln kann. Davor sind auch die, das sei noch einmal extra betont, sehr klug, überlegt und bis heute niemals hastig oder gierig handelnden effzeh-Macher nicht gefeit. Wer aufbricht in neue Gefilde, der tut dies zwangsläufig zu Lasten der alten.
Die Augen verschließen können die Verantwortlichen des FC vor dieser Tatsache ganz sicher nicht. Erfolg birgt auch Risiken, aber: Sie haben stets die Möglichkeit, die Verhältnismäßigkeit zwischen neuen und alten Gefielden zu steuern und gegebenenfalls anzupassen. Der Kurs stimmt, Kurskorrekturen sind aber sehr wahrscheinlich während dieses großen Projektes für den effzeh irgendwann von Nöten. Nimmt man die bisherige Arbeit, Kommunikation und Priorisierungspolitik der effzeh-Macher, kann man ihn bei allen Risiken ganz sicher die Fähigkeit, das Abenteuer China im Sinne des 1. FC Köln bestmöglich zu gestalten, attestieren. Seien Sie weiterhin achtsam und klug, meine Herren.