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Meinung

Am „Neuaufbau“ gescheitert

Holger Stanislawski wollte beim Umbruch dabei sein. Nach nur einem Jahr schmeisst er hin, obwohl alle Ziele erreicht wurden. Ein Kommentar.

© effzeh.com
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Und dann sagte Stanislawski: „Es ist eine Zeit für Veränderungen“. Schließlich hätte die Zeit im Verein „so viel Kraft gekostet“. Und weiter: „Jetzt ist ein Punkt erreicht, wo die Kraft und Energie weg ist“. Um diesen Umstand zu umschreiben, bediente er sich seines Lieblingsvergleiches: der „Rucksack“ sei zuletzt immer schwerer geworden. Und der Gang zur Mannschaft, um seine Entscheidung zu verkünden sei natürlich, na? Was wohl? Natürlich „brutal“ gewesen. Dann weinte Stani heftig, nickte, schluckte und dann war es vorbei.

Die genannten Zitate stammen aus dem Jahr 2011 und sie lassen sich dennoch auch in das Hier und Jetzt hieven. So wie er seinerzeit seinem Stammverein St. Pauli den Rücken kehrte, verlässt er nun den effzeh. Und in beiden Situationen, die ansonsten hinsichtlich seiner Bindung zu den jeweiligen Vereinen nicht viel miteinander gemein haben, zeigte er ein erstaunliches Gefühl für sein Timing: Damals, in Hamburg, ließ er die Bombe zu einem Zeitpunkt platzen, als sein Verein gerade in den tiefsten Abstiegsorgen steckte. Fünf (!) Spieltage vor Saisonende ließ er Fans und Presse wissen, dass es Zeit für eine neue Herausforderung sei. Als sei die Aufgabe, eine Mannschaft vor dem Gang in die Zweitklassigkeit zu bewahren nicht genug Herausforderung.

Heute steckt der effzeh zwar nicht in einer vergleichbar temporär akuten Krise, die den Tag seiner Abschiedsverkündung zum Unding macht, dennoch ist es mehr als fragwürdig, in der momentanen Phase, in der die Wunden vom verpassten Aufstieg geleckt und die Blicke in die Zukunft und die Gestaltung des Kaders gerichtet werden, nach nur einem Jahr das zwar nicht sinkende, aber eben auch nicht präzise in ruhigere Gewässer fahrende Schiff zu verlassen.

Dabei geht es weniger um die Frage, ob der Abgang des Trainers in Punkto Entwicklung der Mannschaft und einer Spielidee tatsächlich ein herber Verlust sein wird. Es geht vielmehr um den Anstand, das Umfeld und den Verein nicht an der Nase herumzuführen. Von der Zukunft zu fabulieren, in der man brutal angreifen werde, dabei den Boulevard zu umschwänzeln, sich volksnah und voll identifiziert zu geben, um dann das Weite zu suchen, wenn es einem gerade in den Kram passt.

Über die Gründe des scheidenden Trainers zu spekulieren, ist müßig. Es könnte ein Angebot von Werder vorliegen, es könnte der Frust sein, die Mannschaft nicht in den entscheidenden Spielen entsprechend fokussiert bekommen zu haben. Aber in Zeiten, in denen ein Verein versucht, Konstanz, Ruhe und Sachlichkeit als neue Tugenden zu entwickeln und bei dem der Trainer eben eine wichtige Rolle spielt, eben diese Elemente mit Leben zu wecken, ist ein solcher Schritt zu einem solchen Zeitpunkt vor allem dann eine Frechheit, wenn eben dieser Trainer bis dahin oscarreif Leidenschaft für das Projekt „Neuaufbau 1. FC Köln“ vorgaukelte.

Eines ist jedoch klar: An Stanislawski wird man sich an den Kölschen Stammtischen in einigen Jahren nur noch spärlich erinnern. Der Geißbock auf der Brust, der wird bleiben. Bei allen Menschen, die etwas Faszinierendes in dem Verein erkennen, tatsächlich mit ihm durch dick und durch dünn gehen (wollen). Stani hat all das offenbar nicht im Club gesehen. Das ist schade. Allerdings für ihn.

 

Stani hoffte mal länger dabei zu sein:

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