Nein, nervenschonend war sie gewiss nicht, diese Rückrunde der Saison 2020/21. Sie enthielt alles: Drama, Hoffen, Bangen, Verzweifeln, Trainerwechsel, drohenden Untergang und wundersame Rettung. Sie schien – wie für die klassische Tragödie im antiken Griechenland typisch – unausweichlich auf das fatale Ende, den mittlerweile siebten Abstieg des 1. FC Köln zuzusteuern, bevor durch Sebastiaan Bornauws 1:0 kurz vor Ende des letzten Saisonspiels gegen Schalke 04 zumindest der Relegationsplatz gesichert werden konnte. Die beiden Spiele gegen Holstein Kiel forderten dann noch einmal das Nervenkostüm der Geißbockfans heraus, bevor mit dem Schlusspfiff um 19.48 Uhr am 29. Mai 2021 der Klassenerhalt feststand.
Das Ende der besten Saisonphase
Die Spieltage 18 bis 20 stellten das Ende der besten Saisonphase der Kölner dar – was die Ergebnisse betrifft. So brachten das 0:0-Unentschieden gegen Hertha BSC und das 2:1 bei Schalke 04 (Ende der Hinrunde) sowie die Siege gegen Bielefeld und in Mönchengladbach dem 1. FC Köln 10 Punkte in fünf Spielen und Tabellenplatz 14 mit acht Punkten Vorsprung auf einen direkten Abstiegsplatz. Allerdings boten diese Spiele fußballerisch zumeist nicht mehr als biedere Hausmannskost, die Entwicklung einer eigenen Spielidee war kaum erkennbar.
Im ersten Spiel der Rückrunde gab es gegen die TSG Hoffenheim eine 0:3-Niederlage in einer Partie, in der die Schützlinge von Trainer Sebastian Hoeneß ihre Chancen mit großer Effizienz verwerteten, während Gisdols Team seine Einschussmöglichkeiten teils mit Pech, teils durch Unvermögen ungenutzt ließen. Höhepunkt war ein von Anthony Modeste verschossener Elfmeter eine Viertelstunde vor Schluss. Es sollte der vorläufig letzte Auftritt des Franzosen vor seiner Leihe zu St. Etienne gewesen sein.
Dabei wiederholte sich allerdings auch ein immer wieder in dieser Saison erkennbares Muster: Auf eine gute Halbzeit folgte eine deutlich schwächere – und umgekehrt.
Ohne ihren Kapitän Jonas Hector, der die folgenden fünf Partien fehlen sollte, gelang den Kölnern ein wichtiger 3:1-Heimsieg gegen ebenfalls abstiegsbedrohte Bielefelder. Diesmal waren sie es, die zweimal durch Marius Wolf und einmal durch Elvis Rexhbecaj ihre Chancen effektiv zu nutzen wussten. Dabei wiederholte sich allerdings auch ein immer wieder in dieser Saison erkennbares Muster: Auf eine gute Halbzeit folgte eine deutlich schwächere – und umgekehrt. Und so mussten die Fans trotz der klaren 3:0-Führung nach dem Anschlusstreffer der Ostwestfalen noch um den Sieg zittern.
Derbysieg folgt auf Pokalpleite
Mit gesteigertem Selbstbewusstsein ging es an die Donau, wo Zweitligist Jahn Regensburg im Achtelfinale des DFB-Pokals auf die Kölner wartete. Bei sehr schwierigen Platzbedingungen verspielten die Geißböcke einen 2:0-Vorsprung und mussten bei dem vermeintlichen 3:1-Führungstreffer durch Benno Schmitz eine kontrovers diskutierte VAR-Entscheidung verdauen. Winterneuzugang Emmanuel Dennis schoss ein Tor, vergab aber einen Handelfmeter. Im Elfmeterschießen patzten Jorge Meré sowie Jannes Horn und besiegelten so das Aus im Pokal.
Vor dem Derby bei Borussia Mönchengladbach sprach vieles gegen den 1. FC Köln. Neben dem Ausscheiden im Pokal und den Strapazen des Pokalspiels einschließlich Verlängerung sorgte Dominick Drexlers despektierliche Äußerung über anfeuernde Fans, die das Team vor der Abreise an den Niederrhein verabschiedeten, für zusätzliche Unruhe. Umso überraschender, dass die Kölner sich als kompaktes Team präsentierten und durch zwei Tore von Elvis Rexhbecaj zu einem nie erwarteten Derbysieg kamen.
Von da an ging’s bergab
Es folgten acht Begegnungen, in denen der 1. FC Köln lediglich magere zwei Punkte ergattern konnte. Wie schon in der Hinrunde wurden auch in dieser Phase einige Partien zu Endspielen für Trainer Markus Gisdol. Gegen den BVB konnte ein Punktgewinn, der Ergebnis einer ordentlichen Leistung war, die Weiterbeschäftigung des Übungsleiters zunächst noch sichern, eine Last-Minute-Niederlage gegen den 1. FSV Mainz 05 bedeutete dann jedoch wenig später das Aus für Gisdol.
Markus Gisdols Spielidee schien sich darin zu erschöpfen, das Fußballspielen zu verhindern, das des Gegners und vor allem auch das seiner eigenen Mannschaft.
Bei den Niederlagen in Frankfurt, beim 1. FC Union Berlin und im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart wurde die Ideenlosigkeit des Kölner Spiels mehr als deutlich. Markus Gisdols Spielidee schien sich darin zu erschöpfen, das Fußballspielen zu verhindern, das des Gegners und vor allem auch das seiner eigenen Mannschaft. Lediglich bei der zu hoch ausgefallenen 1:5-Niederlage bei den Münchener Bayern blitzte phasenweise so etwas wie Spielwitz auf.
Für Aufsehen außerhalb des Spielfelds sorgte Horst Heldt, als er nach der Heimniederlage gegen den VfB auf die kritische Frage eines Journalisten befand, dass er glaube, mehr Ahnung zu haben als dieser Pressevertreter. Mittlerweile war der Vorsprung, den man auf den ersten direkten Abstiegsplatz hatte, auf einen Punkt zusammengeschmolzen. Zum wiederholten Male in dieser Saison schrillten die Alarmglocken, sah Markus Gisdol seinen Job gefährdet und mit der Partie gegen den BVB einem erneuten “Endspiel” entgegen.
Das Aus für Gisdol, Funkel übernimmt und führt den 1. FC Köln in die Relegation