Als Fan des Ersten Fußballclubs Köln ist man bereits viel Leid gewöhnt. Dröge Null-Tore-Vorstellungen bei Temperaturen um den Gefrierpunkt mitten im Winter sind keine Seltenheit in der nur wenig ruhmreichen Vereinshistorie der letzten 20 Jahre.
Die fußballerische Magerkost, die der 1. FC Köln derzeit mit Ansage anbietet, ist allerdings immer schwerer zu ertragen. Das vollkommen erwartbare 0:0 in einem Heimspiel gegen Hertha BSC, in dem der effzeh nie wirklich versuchte ein Tor zu erzielen, ist da nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Defensive Stabilität als einziges Ziel
Nach dem 0:5 beim SC Freiburg war zu erwarten gewesen, dass Trainer Markus Gisdol im folgenden Spiel wieder alles auf die Karte defensive Stabilität setzen würde. Dementsprechend war auch das 5-5-0-System (auf dem Blatt vielleicht auch ein wohlgemeintes 5-4-1 oder 5-3-2), mit dem der Trainer sein Team aufs Feld schickte, ebenso wenig verwunderlich wie die Ausbootung des einzig spielstarken Verteidigers Jorge Mere.
Auch die Aufstellung des vorherigen Rechtsverteidigers Marius Wolf an vorderster Front als falsche Neun oder immer mal wieder sporadisch anlaufende halbe Acht sorgte nur noch für Achselzucken. Die Betonmischer vor dem Müngersdorfer Stadion hatten sowieso schon seit Tagen Position eingenommen. Alles andere als ein niveauarmes und ereignisloses Bundesliga-Spiel wäre angesichts der Vorzeichen rund ums Geißbockheim eine faustdicke Überraschung gewesen.
Labbadia: “Es war das erwartete Spiel”
Wer im Vorfeld sein gesamtes Vermögen in das Wettbüro seines Vertrauens gebracht hatte, um auf das erwartet torlose Unentschieden zu setzen, durfte sich schon früh im Spiel große Hoffnungen machen. Die beiden um ihre Jobs kämpfenden Feuerwehrmannstrainer freuten sich über die defensive Kompaktheit, mit der ihre Teams auftraten.
Die Hertha zeigte ab und zu zarte Ansätze von Spielkultur, während beim effzeh zwar das Bemühen in den Zweikämpfen zu erkennen war, das alte Lied der fehlenden Passgenauigkeit aber immer wieder deutlich hervortrat. So hatten die Gäste nicht nur die größeren Spielanteile, sondern auch die etwas besseren Chancen, insofern es sie überhaupt gab.
Frustrierend war allerdings gar nicht so sehr, dass wieder einmal wenig nach vorne zusammenlief für den 1. FC Köln, sondern dass bewusst auch nur extrem wenig versucht wurde. Wie ein Damokles-Schwert schwebte die Marschrichtung der defensiven Stabilität als oberste Maxime des Matchplans auch gegen die Hertha über den “Geißböcken”.
Hertha-Trainer Labbadia gab daher richtigerweise im Anschluss zu Protokoll: “Es war das erwartete Spiel für mich. Wir wussten, dass wir auf eine gut organisierte und abwartende Kölner Mannschaft treffen werden. Das haben wir, finde ich, sehr gut hinbekommen. Wir haben keine klare Torchance zugelassen.”
Hertha mit Pech und Unvermögen
Beinahe wirkte es so, als wolle die Gisdol-Elf das Unentschieden gegen den strauchelnden Mitkonkurrenten schon möglichst früh über die Zeit retten. Etliche Momente spielerischer Armut und Angst ließen immer wieder den Wunsch aufkommen, zurück im Stadion zu sein und dieses Team irgendwie nach vorne zu peitschen. Viel zu frustrierend mutete das ewige Ballgeschiebe ohne Offensivdrang an. Viel zu hilflos schrie man das örtliche TV-Gerät an, wenn der x-te Querpass durch die eigenen Reihen bei den Kölnern dem Ansatz eines vertikalen und direkten Angriffs vorgezogen wurde.
Während die Hertha in der letzten halben Stunde wenigstens versuchte ein Tor zu erzielen und durch den Pfostenschuss von Guendouzi (82.) sowie einen unfassbar pomadig ausgespielten Konter (90.+3) auch die besten Chancen auf den Sieg hatte, vermittelte die Heimmannschaft aus der Domstadt nicht den Eindruck, ein Tor schießen zu wollen.
Was wäre hier mit Fans wohl los?
Unweigerlich kommen da Fragen auf: Finden die das eigentlich okay in diesem 6-Punkte-Spiel gegen diesen formschwachen Tabellennachbarn, der wenige Tage noch von Arminia Bielefeld abgekocht wurde, ganz offensichtlich auf ein 0:0 zu spielen? Ist das der Anspruch? In welchen Spielen plant ein Abstiegskandidat dann auf Siege zu spielen? Würden die sich das mit Fans im Stadion auch erlauben?
“Wir können mit dem Punkt gut leben. Wir hätten natürlich gerne gewonnen. Aber es war heute wichtig, hinten die Null zu halten.”
Die spielerische Armut, die auch die Vorstellung gegen die Hauptstädter einmal mehr offenbarte, wäre per se zu entschuldigen (schlechten Fußball sind effzeh-Fans gewöhnt), wenn die Reaktionen darauf nicht auch noch so positiv wären. Wie zu erwarten war, freute sich Markus Gisdol nämlich im Anschluss über das Ergebnis und betonte gewohnt ambitionslos: „Wir können mit dem Punkt gut leben. Wir hätten natürlich gerne gewonnen. Aber es war heute wichtig, hinten die Null zu halten.“
Wolf: “Mit ein bisschen Glück hätten wir auch gewinnen können”
Marius Wolf pflichtete seinem Trainer bei und sah das eigene Team sogar im Pech: “Ich denke der Punkt ist für beide in Ordnung. Was wir letzte Woche gar nicht hinbekommen haben, hat heute geklappt. Mit ein bisschen Glück hätten wir auch gewinnen können.”
Wahrscheinlich dachte Wolf beim Thema Glück an die beiden besten Chancen der Geißböcke, die er und Jonas Hector vergaben. Anscheinend reichten diese halben Gelegenheiten, um das Glück heraufzubeschwören. Gegen den FC Schalke 04 wäre am Mittwoch eine knappe 0:1-Niederlage dann auch okay – die sind jetzt ja schließlich im Aufwind.