Mit dem Selbstvertrauen von drei ungeschlagenen Spielen in Folge empfing der 1. FC Köln im Rahmen des zwölften Spieltags den bisherigen Tabellenführer aus Leverkusen, der seinerseits ungeschlagen durch die Liga pflügt und regelmäßig mehr als drei Tore pro Spiel schießt. Deswegen war vor Spielbeginn eigentlich klar, dass es für den FC ein perfekter, für Leverkusen ein gebrauchter Tag sein müsste, damit die Serie der Kölner bestehen bleibt. Mit dem hochverdienten 0:4-Endergebnis aus Sicht der Mannschaft von Markus Gisdol war der 1. FC Köln noch gut bedient, der Unterschied in allen leistungsrelevanten Kategorien einfach zu groß.
Durch die Sperre von Ondrej Duda war Gisdol zu einer Umstellung in der Startelf gezwungen, der Trainer setzte mit Sebastian Andersson wieder auf einen echten Stürmer, der aber ansonsten eine ähnliche Rolle wie der Slowake übernahm. Die Herangehensweise zu Spielbeginn basierte wie zuletzt immer auf dem 5-1-2-2, in dem Gisdols Team aber schon in der Anfangsphase nicht in die Zweikämpfe kam. Die spielstarken und schnellen Leverkusener zeigten sich von Beginn an trotz des hohen Pensums zuletzt sehr wach und aktiv, bereits nach zwei Minuten verzeichneten sie zwei Eckbälle. Die Anfangsphase ließ schon Schlimmeres befürchten, weil der FC Schwierigkeiten hatte, sich zu befreien – und wenn er sich befreien oder gar selbst das Spiel aufbauen wollte, kamen gegen das Pressing der Chemiefabrikanten nur Notpässe heraus.
Spielstärke im Zentrum, Tempo auf den Außen
Die Mannschaft von Peter Bosz baute dabei mit einer stabilen 2-1-2-Struktur im Zentrum auf, bei dem beide Innenverteidiger (Jonathan Tah und Aleksandar Dragovic) zusammen mit dem Verbindungsspieler Julian Baumgartlinger die Bälle über die erste Kölner Verteidigungslinie transportierten. Von dort aus ging es dann weiter über die beiden Achter Nadiem Amiri und Florian Wirtz, der in einigen Situationen von Ellyes Skhiri gar in Manndeckung genommen wurde. Wenn einer der beiden es schaffte, mit Gesicht nach vorne aufzudrehen, suchte er fast immer den direkten Weg nach vorne und die Schnittstellenpässe zwischen den Kölner Verteidigern – durch das Tempo von Moussa Diaby und Leon Bailey auf den Außen und deren Qualität im Dribbling entstand auf diese Weise eigentlich fortlaufend Gefahr.
Der FC selbst versuchte es zu Beginn wie erwähnt in einer Fünferkette und hatte damit in der letzten Linie Überzahl. Problematisch daran waren jedoch die weiten Wege für die Achter Elvis Rexhbecaj und Salih Özcan, die immer wieder auf die Außen herausschieben mussten und damit Räume im Zentrum öffneten. Die Qualität der Leverkusener in engen Situationen, kombiniert mit einer beruhigenden Führung, sorgten daher auch für beeindruckende Statistiken: Die Bosz-Elf brachte 87 Prozent der Pässe an den Mitspieler und verfügte über zwei Drittel des Ballbesitzes.
Früher Doppelschlag setzt den Ton
Dass aus dieser Dominanz Tore entstehen würden, war eine logische Folge: Nach acht Minuten traf der frühere Kölner Mitchell Weiser in Anschluss an einer Standardsituation aus dem Halbfeld. Bei Amiris Flanke setzten sich alle FC-Spieler fast auf einer Linie nach hinten ab, Sebastiaan Bornauw konnte klären. Durch das In-die-Tiefe-Fallen der Defensive eröffnete sich im Sechzehner ein Raum für Weiser, der den abgewehrten Ball per Direktschuss verwandelte – verdiente Führung, klar, aber in dieser Form eben auch vermeidbar durch bessere Staffelung.
Nur wenige Sekunden später fiel das zweite Tor für Leverkusen, weil Amiri sich aus einer engen Situation tief in der eigenen Hälfte gut mit einem Pass befreien konnte, den Diaby stark kontrollierte und dann mit einer Körpertäuschung an Skhiri vorbeikam. Der Franzose nahm weiter Tempo auf und wurde nicht rechtzeitig gestellt, sodass er nach längerem Lauf aus 18 Metern überlegt zum 0:2 aus Kölner Sicht einschieben konnte. Nach 15 Minuten hatten die Gäste bereits fünf Abschlüsse, von denen zwei erfolgreich waren – der Ton war also gesetzt für die restliche Spielzeit.
FC stellt um, bleibt aber chancenlos
Offensiv ging beim FC bis auf eine Jakobs-Rücklage auf Özcan, der allerdings den Ball verlor, relativ wenig. Nach 26 Minuten hätte Skhiri bei einem Vorstoß über die rechte Seite vielleicht den Flachpass in die Mitte wählen müssen, anstatt abzukappen – dort stand beispielsweise Andersson relativ frei. Nach etwa einer halben Stunde veränderte Gisdol dann auch die Grundordnung und ordnete ein 4-2-3-1 an, in dem seine Mannschaft mehr Zugriff und vor allem mehr Spieler in der gegnerischen Hälfte haben sollte. Der FC lief daraufhin mit Rexhbecaj und Andersson vorne an, Thielmann rückte nach rechts. Jannes Horn spielte Linksverteidiger – und hatte Glück, als er den durchgebrochenen Bailey mit einem Foul stoppte, das durchaus einen Platzverweis hätte nach sich ziehen können.
Kurz darauf (nach 42 Minuten) wurde Horn gegen Dimitrios Limnios ausgetauscht, der Grieche rückte ins linke Mittelfeld. In dieser Phase der Partie agierten die Leverkusener, wahrscheinlich auch durch besseren Zugriff der Kölner, etwas zurückhaltender und kontrollierter. In der Anfangsphase der zweiten Halbzeit war es allerdings ein weiterer Leverkusener Doppelschlag, der das Ergebnis in die Höhe schraubte: Erst traf Patrik Schick sehenswert nach einer Diaby-Hereingabe (vorher hatte Amiri, wie immer, einen Steilpass gespielt) zum 0:3. Ein paar Minuten später kombinierten sich die Gäste über Schick, Baumgartlinger und Bailey bis in den Sechzehner des FC, dort traf dann mit Florian Wirtz ein weiterer ehemaliger Kölner zum vierten Treffer.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar, dass es beim FC nur noch darum gehen würde, ein schlimmeres Ergebnis zu verhindern. Weil beide Trainer nach etwas mehr als einer Stunde binnen weniger Minuten sechs Mal wechselten, verlangsamte den Spielfluss deutlich. Aber immerhin kam beim FC Kapitän Jonas Hector zu seinem Comeback nach fast drei Monaten Abstinenz. Das Spiel und vor allem das Zustandekommen des Ergebnisses verdeutlichten, dass der FC insbesondere gegen die direkte Konkurrenz wird punkten müssen – formstarke Topteams (und das war Borussia Dortmund beim Auswärtssieg vor ein paar Wochen eben nicht) sind immer in der Lage, die Abstiegskandidaten in der Bundesliga zu demontieren. Hoffentlich gelingt es dem FC, am Samstag in Leipzig eine ähnlich desillusionierende Leistung zu verhindern.