Der Ersatz für Jhon Cordoba ist da: Sebastian Andersson tritt im Sturm des 1. FC Köln die Nachfolge des bulligen Kolumbianers an, der in der vergangenen Saison 13 Treffer für die “Geißböcke” erzielen konnte. Lediglich ein Tor weniger gelang Andersson im Trikot des 1. FC Union Berlin, darüber hinaus bestach der 29 Jahre alte Schwede bei den “Eisernen” durch unbändigen Einsatzwillen und einer Kopfballstärke, die in der Bundesliga in der vergangenen Spielzeit ihresgleichen suchte.
Nun wirft Andersson diese Qualitäten für den 1. FC Köln in die Waagschale. Welchen Spieler die “Geißböcke” verpflichtet haben, warum der Schwede mit seiner Spielweise vielleicht sogar noch besser in die Mannschaft passt als Cordoba und wieso der Angreifer vermutlich nicht zum Volkshelden in der Domstadt werden wird, klären wir im Experteninterview mit “Spielbeobachter” Mars, dessen Herz bekanntlich sowohl für den FC als auch für Union schlägt.
Mars, Sebastian Andersson schließt sich nach zwei starken Jahren für den 1. FC Union Berlin dem 1. FC Köln an. Ein Abschied zur richtigen Zeit bei den „Eisernen“?
Eigentlich bin ich etwas überrascht, da ich ihm durchaus zugetraut hätte, Max Kruse den Platz in der Sturmspitze zumindest nicht kampflos zu überlassen. Oder hätte ihn mir auch sehr gut neben ihm vorstellen können. Dazu hätte allerdings das letztjährige System angepasst werden müssen, wovon ich nach Kruses Verpflichtung aber sowieso ausgehe. Aus Union-Fankreisen habe ich jedenfalls nichts als Bedauern vernommen.
“Er wird sicher keine 25-Tore-Saison abliefern wie einst Modeste. Die 13 Tore von Córdoba traue ich ihm zu!”
Mit 29 spielte der Schwede zuletzt seine erste Bundesliga-Saison, überzeugte dabei mit zwölf Treffern. Glaubst du, dass er für den FC eine Verstärkung sein wird? Und hat er noch ein paar gute Jahre im Tank?
Er wird sicher keine 25-Tore-Saison abliefern wie einst Modeste. Die 13 Tore von Córdoba traue ich ihm zu, dazu sehe ich ihn noch stärker auf anderen Gebieten. Abnutzungserscheinungen habe ich noch keine bei ihm feststellen können, er ist ja auch erst vor zwei Monaten 29 geworden. Ich gehe davon aus, dass da noch ein paar gute Jahre drin sein sollten.
Im Hinspiel gegen den FC war Andersson der entscheidende Mann, auch in der Rückrunde machte er eine passable Figur als Anspielstation in vorderster Front. Ein Eindruck, der auch über diese zwei Partien hinaus zeigte?
Ja, definitiv. Andersson ist einer der besten Wandspieler, die ich auf diesem Niveau, also sagen wir mal, untere Tabellenhälfte, gesehen habe. Er ist nicht der Superturbo in Sachen Geschwindigkeit, geht aber viele und weite Wege und macht die Bälle fest. Das ist eine seiner drei Stärken – in der vergangenen Saison war er der Spieler mit den meisten gewonnenen Zweikämpfen und Kopfbällen in der ganzen Liga. Das ist schon beeindruckend.
Im sehr zweikampfstarken und kopfballlastigen Spielstil von Union Berlin nahm Andersson in der vergangenen Saison eine zentrale Rolle ein. War die Herangehensweise der „Eisernen“ sehr auf die Bedürfnisse des Schweden zugeschnitten oder nutzte Coach Urs Fischer dadurch einfach perfekt dessen Stärken?
Ein zweikampfstarker Wandspieler in der Spitze passte natürlich perfekt in das Spiel eines Aufsteigers, bei dem die Defensive mehr Vorrang hat als zum Beispiel Ballbesitzfußball. Ich glaube nicht, dass Fischer das gesamte Spiel auf Anderssons Stärken ausgerichtet hat, könnte mir allerdings vorstellen, dass der genau deshalb dafür ausgewählt wurde.
“Ich denke, dass Andersson sehr, sehr gut passen kann zu Gisdols schnellem Kick & Rush, bei dem es auch mal der lange Ball sein darf und gemütliches Ballgeschiebe im Mittelfeld nicht so angesagt ist.”
Als Cordoba-Ersatz kommt er an den Rhein. Eine Last, die Andersson schultern kann? Passt seine Spielweise überhaupt in die Mannschaft?
Ich denke ja. Ich denke sogar, dass er sehr, sehr gut passen kann zu Gisdols schnellem Kick & Rush, bei dem es auch mal der lange Ball sein darf und gemütliches Ballgeschiebe im Mittelfeld nicht so angesagt ist. Dazu ist er wirklich sehr viel unterwegs, wie bereits gesagt, was möglicherweise auch defensiv noch eine Verbesserung zu Córdoba darstellt. Stehen bleibt er jedenfalls nicht.
Sechs Millionen Euro legen die „Geißböcke“ dem Vernehmen nach für Andersson auf den Tisch – Rekordverkauf für Union Berlin im Übrigen. Letztlich eine gerechtfertigte Summe aus deiner Sicht?
Das finde ich sehr schwierig zu beantworten in diesem Transfersommer. Die Ablösesummen sind ja in den letzten Jahren explodiert und nun kommt Corona dazu – mir fehlt gerade ein bisschen die Orientierung um ehrlich zu sein. Aber Córdoba für kolportierte 15 Millionen abgeben und Andersson für 6 Millionen holen – klingt für mich nach einem guten Geschäft, da ich beide ungefähr gleich stark einschätze. Klar: Wenn er seinen Vertrag erfüllt, wird er möglicherweise nicht mehr viel Geld einbringen. Aber bis dahin ist noch viel Wasser den Rhein runtergeflossen.
Auf dem Platz ein echter Kämpfer, doch wie ist Andersson abseits des Rasens? Was für einen Typ hat sich der FC da geangelt?
Einen uneitlen und unauffälligen, recht kühlen und oftmals distanziert wirkenden Typen. Bei Union, wo man eigentlich schnell zum Volkshelden werden kann, hat er sich nie darum bemüht, sich gut zu stellen. Nicht falsch verstehen, nicht dass er den Eindruck gemacht hätte, Fans und Verein wären ihm egal, aber Professionalität schien ihm wichtiger zu sein als Volksnähe. Sehr unaufgeregt alles.
Über unseren Interviewpartner: mars, hat den effzeh noch Europapokal in Müngersdorf spielen sehen, als der Gegner noch nicht Arsenal FC hieß. Wohnt seit über 25 Jahren in Berlin und hat zusätzlich den 1. FC Union Berlin in sein Herz geschlossen. Bloggt selten unter spielbeobachter.com, twittert häufiger unter @spielbeobachter.