Folge uns
.

Report

Zwischenzeugnis für den neuen Vorstand des 1. FC Köln: Finanziell auf Horstmanns Spuren?

Der neue Vorstand des 1. FC Köln ist nun seit mehr als drei Monaten im Amt. Wir nutzen die Winterpause, um einen Blick auf die wichtigsten Handlungsfelder zu werfen und zu analysieren, wo sich bereits etwas getan hat – und wo nicht. Der zweite Text beschäftigt sich mit den Finanzen.

Foto: Matt Cardy/Getty Images

Zugegeben, eine ganz neue Situation ist es für den Präsidenten nicht. Denn schon einmal fand Werner Wolf den 1. FC Köln finanziell angeschlagen vor, als er die Zügel an der Vereinsspitze übernahm. Das war 2011, nachdem Wolfgang Overath spontan hingeschmissen hatte und Wolf als damaliger Verwaltungsratsvorsitzender interimsweise einspringen musste. Die aktuelle Situation unterscheidet sich leicht davon: Wolf ist seit rund 100 Tagen gewählter Präsident, die Finanzen sehen nicht ganz so dramatisch aus wie vor acht Jahren. Trotzdem klingeln im Umfeld bereits einige Alarmglocken. Wie ist das möglich?

Als Alexander Wehrle den FC-Mitgliedern im September die Zahlen aus dem Jahresbericht der Saison 2018/19 verkündete, war ihm der Stolz deutlich anzumerken: „Unser Ziel war der sofortige Wiederaufstieg. Hätten Sie mich vor der Saison gefragt, wäre ich mit der Zielerreichung Aufstieg auch bereit gewesen, einen kleinen Verlust zu akzeptieren. Aufstieg und positives Ergebnis in Liga 2 sind eine fantastische Leistung auf allen Ebenen” sagte der Geschäftsführer auf der Mitgliederversammlung. Zu den hohen Transferausgaben im Sommer 2019, denen kaum Einnahmen gegenüberstanden, fügte er hinzu: „Etablieren wir uns, lohnen sich die Investitionen. Wir könnten auch einen erneuten Abstieg verkraften.“

Auch interessant
Zwischenzeugnis für den neuen Vorstand des 1. FC Köln: Versöhnung mit den Ultràs in Sicht?

Seit der Mitgliederversammlung vergingen jetzt rund 100 Tage. In dieser Zeit tauschte der FC nicht nur hochrangiges Personal für viel Geld aus, sondern geriet auch in Abstiegsnähe. Im Zuge dessen sickerten auch aktuelle Zahlen in der Presse durch, die Wehrles schon damals zweifelhafte Mär vom finanzstarken 1. FC Köln weiter entkräfteten. Viele Fans fühlen sich daher inzwischen an die Ära von Wehrles Vorgänger Claus Horstmann erinnert – und das nicht ganz zu Unrecht.

Die Vergangenheit: Die Horstmann-Jahre

Claus Horstmann war von 1999 bis 2003 Hauptgeschäftsführer des 1. FC Köln, von 2003 bis 2013 Geschäftsführer der KGaA. Unter dem damaligen Präsidenten und “Sanierer” Albert Caspers erarbeitete er sich zunächst einen seriösen Ruf. Dieser blieb selbst zu Zeiten Christoph Daums und Michael Meiers, als der Verein weit über seine Verhältnisse lebte, nahezu unbeschädigt. Trainer und Sportchefs kamen und gingen, Horstmann blieb. Erst als der effzeh abgestiegen war und kurz vor der Insolvenz stand, wurde der Finanzchef vom damals neu gewählten Präsidenten Werner Spinner verabschiedet. Durchlebte der effzeh zu Beginn seiner Amtszeit noch eine finanzielle Gesundung, war er zum Ende fast pleite.

Claus Horstmann im Jahr 2013 | Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Horstmann war im Club fast nie ein finanzielles Korrektiv, sondern beschaffte auch in den brenzligsten Situationen noch weiteres Geld zum Ausgeben. 2004 gab der effzeh Genussscheine im Wert von zehn Millionen Euro aus (2012 wiederholte er dies mit einem Volumen von 7,5 Millionen Euro), 2005 legte er eine erste Anleihe über fünf Millionen Euro auf, 2009 verkaufte er die Catering-Rechte an eine Tochterfirma für 7,5 Millionen Euro, was einer Kreditaufnahme ähnelte. Bereits da warnte das damalige Verwaltungsrats- und heutige Mitgliederratsmitglied Fritz Guckuk, dass man “auf der äußersten Rille” fahre.

Einnahmen aus der Zukunft in der Gegenwart ausgeben

Ungeachtet dieser Warnung begann der Club 2010 dann damit, Einnahmen aus der Zukunft in der Gegenwart auszugeben und Transferrechte an Spielern zu verkaufen. Bis zum Ausscheiden Horstmanns stiegen die Verbindlichkeiten auf über 30 Millionen Euro, der FC verlängerte 2011 aus “Alternativlosigkeit” langfristig den Vermarktungsvertrag mit IMG, stand vor einer Deckungslücke von neun Millionen Euro und strengen Lizenzauflagen der DFL. Wie es dazu kommen konnte? Ganz einfach: Im November 2010 erklärte Horstmanns damals neuer Assistent Oliver Leki die Planungen so: “Unser Plan muss eben nur aufgehen.”

Auch interessant
Die finanzielle Lage des 1. FC Köln: Ein Transfersommer mit Risiko

Während der Club einerseits seine Existenz in Roulette-ähnlichen Szenarien riskierte, verstand sich Horstmann andererseits meisterhaft auf die Befriedung des Umfelds (wer dazu mehr lesen möchte, schaue sich die Übersicht im effzeh-forum an). Räumte er 2009 noch ein, dass der FC „in den vergangenen zehn Jahren zu viele Fehler im sportlichen Bereich gemacht“ habe und darunter die finanzielle Situation leide, beschwichtigte er im Juli 2010 folgendermaßen: “Es sind Zahlen, die niemandem Anlass zur Sorge geben müssen.”

Hohe Ausgaben und trotzdem hohe Handlungsfähigkeit?

Und noch im Oktober 2011, als der Karren längst metertief im Sumpf steckte, betonte Horstmann, der FC sei “voll handlungsfähig. Wir haben in der letzten Saison unsere Verbindlichkeiten, die unter dem Liga-Schnitt liegen, sogar leicht abgebaut, obwohl wir drei Trainer bezahlen mussten. Und wir werden wohl auch in diesem Geschäftsjahr wieder etwas abbauen können.“ Daher vertraute der Großteil des FC-Umfelds Horstmann bis zum Schluss. Die Zahlen spielten dabei keine Rolle.

Einer derjenigen, die damals intern zu lange nicht intervenierten, war der damalige Verwaltungsratsvorsitzende, der dem Gremium als einfaches Mitglied schon seit 2003 angehörte: Werner Wolf. Denn einerseits führte zwar Horstmann die Feder, als der Club fast in den Ruin stürzte. Andererseits versagten damals aber auch die Kontrollgremien und ihre Mitglieder, die dem Geschäftsführer freie Hand ließen.

Auf der nächsten Seite: Die Gegenwart – zu viel Geld für zu wenig Leistung

ZurückSeite 1 von 2

Mehr aus Report

.