Das Jahr 2019 hätte für den 1. FC Köln durchaus besser beginnen können. Vielleicht wurden an Silvester nicht genug Daumen gedrückt, vielleicht haben die unergründlichen Bleifiguren, die mittlerweile nicht mehr aus Blei bestehen dürfen, auch schon böse Voraussagen in kölschen Haushalten gemacht, doch die ersten 30 Tage im neuen Jahr verliefen aus Sicht der Geißböcke nicht unbedingt optimal.
Neben erfreulichen Neuverpflichtungen begleiteten den effzeh zahlreiche kleinere und größere Probleme in der Vorbereitung. Dass es dann in der ehrwürdigen Alten Försterei im ersten Spiel des neuen Jahres gleich zu einer Mammutaufgabe kommt, die zudem in besonderem Maße richtungsweisend ist, macht die Ausgangslage vor dem Top-Spiel am Donnerstag nicht weniger spannend.
Transfer-Posse und Verletzungen behindern Vorbereitung
Doch was macht die Ausgangslage aus Kölner Sicht so verzwickt? Die Transfer-Posse um Anthony Modeste, welche die Verantwortlichen am liebsten schon vor Weihnachten endgültig geklärt hätten, warf einen großen Schatten über die Vorbereitung des Teams und war während des Trainingslagers in Marbella das Hauptthema.
Eine Spielgenehmigung hat Modeste noch immer nicht. Der Franzose darf also auch in der Hauptstadt nicht auflaufen. Dabei muss sich effzeh-Trainer Markus Anfang über die Besetzung seines Angriffes momentan doch eigentlich am wenigsten Sorgen machen.
Immerhin scheinen Simon Terodde und vor allem Jhon Cordoba ihre starke Form aus dem Jahr 2018 konserviert zu haben und zogen sich – noch viel wichtiger – keine ernsthaften Verletzungen zu. Das nämlich ist die zweite bittere Storyline des noch jungen Jahres.
Reihenweise erschwerten dem Anfang-Team kleinere und größere Blessuren die Vorbereitung. Unter anderem mussten die Innenverteidiger Lasse Sobiech (Adduktoren) und Rafael Czichos (Gesäß) mit muskulären Problemen länger aussetzen und sind auch für das Duell in Berlin fraglich.
Noch schlimmer erwischte es mit Marco Höger und Louis Schaub zwei absolute Stützen im effzeh-System. Die Mittelfeldlenker fehlen nach im Training erlittenen Verletzungen noch länger. Zudem fehlt mit Jonas Hector ein weiterer Leistungsträger gelbgesperrt. Zu allem Überfluss verletzte sich dann auch noch mit Salih Özcan der potenzielle Ersatzmann im Abschlusstraining.
Kainz und Geis gleich dabei?
Wäre der Erste Fußballclub Köln nun ein normaler Zweitligist, würde er mit einer absoluten Rumpftruppe ohne echten Stürmer in die Hauptstadt reisen. Weil der sowieso schon üppig besetzte Kader im Winter mit Johannes Geis und Florian Kainz allerdings noch durch zwei weitere potenzielle Bundesliga-Stammspieler ergänzt wurde und der Doppelsturm in der 2. Liga auch ohne Modeste seinesgleichen sucht, steht Anfang in Berlin trotz aller schlechter Vorzeichen dennoch ein elitärer Kader zur Verfügung.
Dabei könnten die beiden Neuzugänge aufgrund der ausgedünnten Personaldecke – auch der kränkelnde Dominick Drexler ist fraglich – gleich einmal beginnen. Geis dürfte in der Zentrale gleich eine prägende Aufgabe zukommen, Kainz könnte Landsmann Schaub ersetzen. Die Entscheidung für oder gegen die Dreierkette in der Defensive hängt wohl davon ab, ob Czichos als Partner für Mere und Schmitz zur Verfügung steht, wobei Anfang sich in der PK vor dem Spiel positiv zu einem Einsatz äußerte.
Union Berlin: Elitäre Heim- und Defensivstärke
Leichter wird die Aufgabe für die Geißböcke dennoch nicht, immerhin reist der Tabellenzweite zur besten Heimmannschaft der Liga, die dem effzeh mit nur fünf Punkten Rückstand zudem im Nacken sitzt.
Die Elf von Urs Fischer, die mit dem blitzschnellen Ex-Stuttgarter Carlos Mane noch einmal sehr gut verstärkt wurde, stellt zudem mit Abstand die beste Defensive der Liga und bewies bereits beim 1:1 im Hinspiel, dass sie mit ihrer giftigen und zugleich disziplinierten Spielweise der Anfang-Elf auf die Nerven gehen kann, auch wenn sich der effzeh damals noch im mittlerweile als abgeschlossen zu sehenden Systemanpassungsprozess befand.
Standortbestimmung in der Alten Försterei
Der effzeh könnte mit einem Sieg sofort ein sehr beruhigendes Polster auf die Nicht-Aufstiegsplätze schaffen, Union dagegen könnte mit einem Heimsieg gleich einmal richtig Druck machen. Für beide Teams steht also direkt enorm viel auf dem Spiel – Eingewöhnungsprozesse sind nicht erlaubt, die Motoren auf beiden Seiten müssen gleich auf Hochbetrieb arbeiten.
Das Flutlichtduell in der selbstverständlich ausverkauften Alten Försterei, welches eine grandiose Stimmung auf den Rängen garantiert, ist also durchaus brisant und verdient die Bezeichnung als Top-Spiel in besonderem Maße.
Anfang jedenfalls gab die Route auf der Pressekonferenz vor dem Spiel vor. “Wir haben den Kader nochmal verändert und den Druck erhöht. Hochmütig oder übermütig werden wir nicht, das würde nicht zu uns passen. Aber wir werden die Rückrunde so angehen, dass wir jedes Spiel gewinnen wollen”, so der Coach.