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Vorspiel

Der 1. FC Köln tritt am Freitag in Leverkusen an: Wat sull dä Quatsch?

Statt wie eigentlich terminiert am Sonntag tritt der 1. FC Köln bereits am Freitag zum Nachbarschafts-Duell in Leverkusen an. Die Umstände der Vorverlegung bestimmten die Debatten im Vorfeld und dürften für ein hitziges Spiel in der BayArena sorgen.

Aus dem Hinspiel: Jonas Hector und Ellyes Skhiri im Zweikampf mit dem Leverkusener Frimpong (Foto: Lars Baron/Getty Images)

Meist dreht sich der tägliche Bundesligazirkus ja um den runden Ball. Die Spieler spielen 90 Minuten Fußball und am Ende des Spektakels werden drei Punkte an die eine oder die andere Mannschaft verteilt. JournalistInnen und Fans bewerten im Anschluss, fragen nach, ordnen ein, analysieren und / oder polemisieren mitunter zu den auf den Platz gezeigten Leistungen und deren Ursachen. So sollte es jedenfalls sein. Ab und an allerdings ist dies anders. Dann gibt es vor einem Spiel Schlagzeilen, die nichts mit dem Spiel an sich zu tun haben. Meist sind es äußerst nervige Themen, die sich in den Vordergrund drängen, selten bieten sie wirklichen Mehrwert und noch seltener sind sie für irgendetwas gut.

In dieser Woche hatten Beobachter der Fußball-Bundesliga insbesondere mit rheinischem Fokus mal wieder das Vergnügen. Die Ursache: Auf Antrag von Bayer Leverkusen findet das Nachbarschaftsduell gegen den 1. FC Köln nicht wie eigentlich geplant am Sonntagnachmittag, sondern bereits am Freitagabend statt. Der Grund: Leverkusen spielt am kommenden Donnerstag bei der AS Rom das Hinspiel im Halbfinale des Europapokals und wollte mehr Regenerationszeit. Diese Regenerationszeit war für die DFL ein „übergeordneter Grund“, der für eine Verschiebung notwendig ist. Es brauchte keine Zustimmung aus Köln. Soweit die Fakten.

Im Hinspiel erzielte Benno Schmitz mit diesem Volley das 1:0 (Foto: Lars Baron/Getty Images)

An sich alles kein Problem, möchte man meinen. Auch die Kölner empfangen bereits am kommenden Freitagabend die Hertha und haben so eine ganze Woche statt „nur“ fünf Tage Vorbereitungszeit. Doch am Geißbockheim reagierte man verstimmt. Auch die Polizei war wenig begeistert, obwohl sie der Verlegung zustimmte. Warum?

Grund für die Empörung auf Kölner Seite war nicht die Verlegung an sich, sondern die Art und Weise der Kommunikation sowie die Begründung. Der 1. FC Köln sei nicht genug eingeweiht und vor vollendete Tatsachen gestellt worden, so Kölns Sportchef Christian Keller. Und natürlich sei Leverkusens Halbfinale im Europapokal wichtig, aber wenn Erholung und Gesundheit der Spieler an erster Stelle stehen würden, warum konnte das Spiel des 1. FC Kölns gegen die TSG Hoffenheim nicht verlegt werden, weniger als 48 Stunden nach dem Conference-League-Spiels der Geißböcke beim 1. FC Slovacko, wo das Spiel wegen Nebels zunächst abgesagt und am nächsten Mittag nachgeholt werden musste. Gewiss, es mag Paragraphen geben, die dies schlüssig erklären, um die Gesundheit der Spieler konnte es dabei jedoch nicht gehen. Außerdem, so fragte Keller, warum sei dies nun eine Verlegung wert, die Spiele von Eintracht Frankfurt vor ihrem Halbfinale 2022 seien schließlich nicht verlegt worden?

Auf der anderen Rheinseite brauchte man ein paar Tage, um auf die Vorwürfe zu reagieren: “Wenn die Kölner das Gefühl haben, dass sie zu spät informiert wurden, bedauern wir das“, antwortete Leverkusens Geschäftsführer Simon Rolfes, der jedoch auch vermerkt haben wollte, dass Thomas Kessler bereits am Mittwoch kontaktiert wurde. Und es sei „gang und gäbe“, dass es in anderen Ländern im Vorfeld zu Verschiebungen käme. FC-Trainer Steffen Baumgart nahm auf der Spieltagspressekonferenz letztlich die Entschuldigung an: „Die haben sich entschuldigt, super gemacht. Toll! Vielen Dank.“ Nur um anschließend nachzuschieben: „Bei mir hat keiner angerufen.“ Alles klar? Alles klar!

Nun könnte man diese Episode als etwas kindliches Verhalten beiderseits einsortieren und sich auf das Spiel am Sonntag Freitag konzentrieren. Gräbt man jedoch noch ein bisschen tiefer, hinterfragt die Begründung der Spielverschiebung und sieht sich die Kollateralschäden an, so kann man auch zu einem anderen Urteil kommen.

“Die haben sich entschuldigt, super gemacht. Toll! Vielen Dank”

Steffen Baumgart

Denn die Frage, wie „Gang und gäbe“ Verschiebungen international vor wichtigen Europapokalabenden sind, kann mit Blick auf die anderen Teilnehmer in den Wettbewerben in diesem Jahr auch anders beantwortet werden, als dies Simon Rolfes getan hat. Denn da sind drei Tage Erholung zwischen dem heimischen Ligabetrieb und dem Highlight „Europapokal-Halbfinale“ eher “gang und gäbe“ als andersherum.

NRW-Innenminister bat um “wohlwollende Prüfung”

Manchester City und Real Madrid, welche am Dienstag die Halbfinals der Champions League eröffnen, spielen beide am Samstag, haben also lediglich zwei Tage Erholung. Real Madrid spielt dabei sogar das Pokalfinale am Samstagabend mit all der Intensität, die damit einhergeht. Die beiden Mailänder Vereine, welche am Mittwoch in der Königsklasse aufeinandertreffen, spielen beide den Rhythmus Samstag – Mittwoch. Und der Gegner der Leverkusener, der AS Rom, spielt Samstagabend – Donnerstag. Juventus, ebenfalls im Halbfinale der Europa League, spielt sogar den den ursprünglichen Rhythmus der Leverkusener, also Sonntag – Donnerstag. Lediglich der FC Sevilla profitiert vom Spielplan, denn La Liga hat am Wochenende spielfrei. Auch kein Team, welches am Donnerstag im Halbfinale der Conference League spielt, hat ihr Spiel vom Wochenende auf den Freitag verlegt bekommen. Eine Verlegung auf Freitag war also, anders als insinuiert, zumindest in dieser Saison nicht „Gang und gäbe.“ Natürlich gibt es sie, aber Verschiebungen sind eher die Ausnahme.

Ein Geschmäckle bekam die Verlegung schließlich mit der Meldung des Kölner Stadtanzeigers unter der Woche, dass die polizeiliche Genehmigungsprüfung ob der Spielverlegung auch über den Schreibtisch von NRW-Innenminister Herbert Reul ging. Und dieser hatte um „wohlwollende Prüfung“ gebeten. Mit anderen Worten: Der Antrag sollte bei den zuständigen Behörden bitte ohne große Widerrede durch gehen, Dienstanweisung von ganz oben. Das brisante dabei: Reul ist nicht nur Fan von Bayer Leverkusen, sondern besitzt auch eine Dauerkarte in der BayArena. Nun muss man beachten, dass es Freitagabends im Gegensatz zu Sonntagnachmittags dunkel ist, was die Arbeit der von der Polizei als Hochrisikospiel eingestuften Spiels erschwert und für Nervosität sorgen sollte. Klar ist jedenfalls: Sollte es am Freitag irgendwo knallen, hat der Innenminister sich unangenehmen Fragen zu stellen. Behördensprecher Wolfgang Baldes dazu im Kicker: “Die Verlegung des Derbys zwischen Leverkusen und Köln auf den Freitagabend ist aus polizeilicher Sicht eine einmalige Ausnahme.” Alles klar? Alles klar!

Kingsley Schindler erzielt hier das entscheidende Tor beim 1:0-Auswärtssieg des FC in der Vorsaison (Foto: Alexander Scheuber/Getty Images)

Zusätzlich kann man nicht außer Acht lassen, dass das Frauen-Bundesligaspiel zwischen Leverkusen und Frankfurt aufgrund der Männer-Bundesliga kurzfristig verlegt werden musste. Der 19. Spieltag sollte eigentlich mit dieser Partie am Freitagabend eröffnet werden. Stattdessen wird die Partie jetzt Samstagmittag gespielt. Während in Köln 38.000 Zuschauer für einen Zuschauerrekord in der Frauen-Bundesliga sorgen, während unter der Woche zu den Rückspielen der Frauen-Königsklasse 70.000 ins Camp Nou und 60.000 ins ausverkaufte Londoner Emirates strömen, während die Frauen-WM vor der Tür steht und ins Rampenlicht gehört, währenddessen wird ein Frauen-Bundesligaspiel einfach verschoben, weil die Herren nun mal eine längere Regenationspause benötigen. Als wenn 96 Stunden Regenrationszeit im Fußball nicht „gang und gäbe“ und natürlich ausreichend genug wären.

Unterm Strich, so muss man festhalten, ist die Verlegung in seinem Zustandekommen und in seiner Begründung eigentlich nahe an der Absurdität. Die Kollateralschäden, die anscheinend unzureichende Kommunikation und die Dunkelheit machen die Verlegung letztendlich zu einer miesen Entscheidung mit obendrein hundsmiserabler politischer Optik. Oder anders gesagt: Wat jenau sollte dä janze Quatsch eigentlich?

Und damit zum Sportlichen.

Ausgangslage

Eine Woche nach der unglücklichen 0:1-Heimniederlage gegen den Champions-League-Aspiranten aus Freiburg fährt der 1. FC Köln am Freitagabend als Tabellenelfter auf die andere Rheinseite zum Rivalen aus Leverkusen, um das Rückspiel im Nachbarschaftsduell auszutragen. 35 Punkte hat die Mannschaft von Steffen Baumgart in den bisherigen 30 Spielen gesammelt. Dies macht vier Spiele vor Schluss sieben Punkte Vorsprung auf den Relegationsrang. Die Geißböcke, so scheint es, gucken sich den immer dramatischer werdenden Abstiegskampf aus sicherer Entfernung an und schielen mit einem Auge auf die 40-Punktemarke und den 10. Tabellenrang, welcher derzeit von Derbygegner Gladbach belegt wird.

Personell muss Steffen Baumgart auf Eric Martel verzichten, der Mittelfeldspieler hatte gegen Freiburg seine fünfte gelbe Karte gesehen. Ljubicic sollte daher in die Zentrale rücken, Thielmann könnte in die Startelf rutschen und auf dem Flügel starten. Ansonsten kann Baumgart bis auf die Langzeitverletzten aus dem Vollen schöpfen, dürfte bis auf die Änderung für Martel allerdings wieder auf die zuletzt gut spielende Elf setzen.

Und auch die Werbetochter aus Leverkusen geht es in der Liga nicht mehr um die ganz großen Ziele, allerdings belegt die Mannschaft von Trainer Xabi Alonso derzeit den sechsten Platz und ist damit im Kampf um Europa mittendrin. Die Konkurrenten um den Platz in der Europa Conference League lauten Wolfsburg und Mainz. In Richtung Europa League oder gar Champions League geht für Leverkusen nicht mehr viel, zu groß scheint der Rückstand auf die vorderen Plätze. Gewinnt Leverkusen die Europa League, spielen sie allerdings dennoch in der kommenden Saison in der Königsklasse.

So lief das letzte Aufeinandertreffen

In der dröften englischen Woche des Bundesligaherbstes empfingen die Geißböcke Anfang November Bayer Leverkusen. Der FC ging durch ein Tor von Benno Schmitz nach einer halben Stunde in Führung, ehe ein Doppelschlag in der zweiten Hälfte die Partie zugunsten der Leverkusener kippen ließ. Tigges hatte die Möglichkeit zum Ausgleich, doch traf nur die Latte. Es war ein glücklicher Erfolg für die Werkself, die sich nach dem Spiel bei Torhüter Lukas Hradecky bedanken konnten.

Top-Fakt

Nicht besonders erfreulich, aber statistisch zu auffällig um es nicht zu erwähnen: Ein besorgniserregendes Torverhältnis von 1:18 und dabei keinen Punkt geholt hat der 1. FC Köln in seinen letzten sechs Freitagsspielen. Es wäre an der Zeit, dies zu ändern, immerhin reisen 7500 Fans mit auf die andere Rheinseite.

https://twitter.com/fckoeln/status/1654018018543038465

Das sagen die Trainer

Xabi Alonso (Bayer Leverkusen): “Freitag, halb neun zu Hause in der BayArena – wir hoffen auf einen tollen Abend! Der Gegner wird es uns aber nicht leicht machen, es wird ein intensives Spiel, bei dem wir alles reinwerfen müssen.“

Steffen Baumgart (1. FC Köln): „Wir müssen einen überragenden Tag haben, um der Qualität von Leverkusen etwas entgegen zu setzen.“ […] „Ich weiß, wie wir Kölner kommen, wie viele in Hoffenheim waren. Ich weiß, was für eine Stimmung kommen kann.“

Schiedsrichter

Felix Zwayer (SR), Marco Achmüller (SR-A. 1), Robert Wessel (SR-A. 2), Martin Petersen (4. Offizieller), Felix Brych (VA), Mike Pickel (VA-A)

So könnte der FC spielen

Schwäbe – Schmitz, Hübers, Chabot, Hector – Ljubicic, Skhiri – Thielmann, Kainz, Maina – Selke

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