Betrachtet man den Leistungsstand des 1. FC Köln rein in Bezug auf die Zahlen, ist nach der zwischenzeitlichen Schwächephase wieder alles im Lot: Mit 30 Punkten aus 15 Spielen ist der effzeh auf dem besten Weg, in die Bundesliga zurückzukehren – sofern dieser Schnitt gehalten wird. Dass die letzten drei Spiele recht deutlich gewonnen werden konnten, gilt gemeinhin als Resultat der Systemumstellung durch Markus Anfang – weg vom 4-1-4-1, das der Trainer auch in Kiel favorisierte, hin zu einer Grundordnung mit drei klar erkennbaren Innenverteidigern, zwei Flügelspielern, zwei Angreifern und einer klaren Aufgabenverteilung im Mittelfeld. Zwar waren weder die Spiele gegen Darmstadt noch gegen Dresden vollumfänglich überzeugend, schlimm ist das allerdings nicht – Markus Anfang scheint nun für den aktuellen Zeitraum eine Herangehensweise gefunden zu haben, die zu seinem Kader passt.
Vielfach wurde zuletzt betont, dass die Spieler sich in der Grundordnung wohlfühlen müssten, um ihr unbestritten hohes Potenzial auch auf den Platz bringen zu können. Der Wohlfühlfaktor setzt allerdings auch voraus, dass die Abläufe und vor allem die Aufteilung der Raumbesetzung in der neuen Grundordnung klar sind. Denn eins steht fest: Anfang hielt lange Zeit am 4-1-4-1 fest (sorry, dass wir es ständig wiederholen müssen, eigentlich ist das frei nach Pep Guardiola eine Telefonnummer) und dementsprechend waren auch die Trainingsinhalte darauf abgestimmt. Wenn man einen zweiten, leicht unterschiedlichen Ansatz in einer Mannschaft implementieren will, braucht es natürlich auch die Zeit, um die Abläufe im Training zu simulieren und die Spieler damit vertraut zu machen.
Mittlerweile ist ein Plan B vorhanden
Und wenn man die Formkurve des effzeh in den letzten Spielen verfolgt, scheint dies ganz gut zu funktionieren – die Spieler fühlen sich wohl, wie sie betonen, und die Ergebnisse stimmen. Im Fußball können gewisse Dinge allerdings sehr schnell gehen, weshalb die neue Grundordnung langfristig nicht dafür sorgen wird, dass der 1. FC Köln alle Spiele ausnahmslos deutlich gewinnt. Bereits am Freitag in Regensburg kann es der Fall sein, dass Jahn-Trainer Achim Beierlorzer und sein Team im Vorfeld einen Matchplan entwickelt haben, mit dem sie dem 1. FC Köln begegnen und diesem trotz der letzten drei Erfolge das Leben schwer machen.
Dass sich beim Fußball alles durch die Anwesenheit des Gegners verkompliziert, wusste schon Shakespeare (oder vielleicht doch Jean-Paul Sartre) – deswegen ist es in erster Linie positiv zu bewerten, dass beim 1. FC Köln nun weder Fans noch Spieler in Panik ausbrechen müssen, wenn Plan A nicht funktioniert. Denn über eine zweite Herangehensweise zu verfügen, die man mit Selbstvertrauen und Vertrautheit ausfüllen kann, vergrößert die Handlungsoptionen für eine Fußballmannschaft. Hier rückt ein entscheidender Faktor des Berufsbildes eines Fußballlehrers in den Blick: Die Fähigkeit, auf Augenhöhe mit der Mannschaft zu kommunizieren und Feedback anzunehmen.
Kommunikation auf Augenhöhe zwischen Trainer und Mannschaft ist wichtig
Während in Deutschland lange Zeit davon ausgegangen wurde, dass ein Fußballtrainer ähnlich eines “Generals” seine “Truppe” befehligt, haben sich die Kommunikationsstrukturen seit dieser militärischen Sicht dankenswerterweise verändert. Spieler und Trainer kommunizieren heute auf einer Ebene, auch wenn am Ende der Trainer eine Entscheidung trifft. Das hindert ihn aber nicht daran, im Vorfeld bei seiner Mannschaft zu erfragen, womit diese sich am wohlsten fühlt oder wo sie eventuelle Probleme sieht. Trainer im Spitzenfußball wie Pep Guardiola und Joachim Löw (zumindest vor der WM 2018) gelten als Vorreiter dieser Herangehensweise, die den Fußballern mehr Verantwortung überträgt.
Es lässt sich nur darüber spekulieren, was genau der Grund dafür war, dass Anfang von seinem durchaus sympathischen Dogma des ballbesitzorientierten Fußball im 4-1-4-1 abrückte: War es die Intervention des Geschäftsführers Armin Veh? Waren es Stimmen aus der Mannschaft? Oder entschied sich das Trainerteam unabhängig davon alleine dazu, eine neue Herangehensweise zu wählen? Woher der Sinneswandel kam, lässt sich nicht endgültig klären, es ist im Endeffekt sogar egal. Denn solange der 1. FC Köln an seinen Prinzipien festhält (flacher Spielaufbau, Dominanz durch Ballbesitz), können einzelne Zutaten in engen Spielen den Ausschlag geben. Das kann bei zwei Stürmern der stärkere Fokus auf Flanken sein, im anderen System möglicherweise auch das Spiel durchs Zentrum. Wichtig sind mehrere Optionen, mit denen man zum Erfolg kommen kann.
Regensburg als neue Herausforderung – braucht es eine Reaktion?
Kölns Trainer formulierte das am Dienstag im Pressegespräch so: “Wir können so oder so drei Spiele in Folge gewinnen. Das ist eine schöne Erkenntnis.” Dabei nahm er Bezug auf die erste Siegesserie des effzeh, der im September Sandhausen, Ingolstadt und Bielefeld besiegte und dabei am Ursprungssystem festhielt. Nach den letzten drei Siegen gegen Dresden, Darmstadt und Fürth wartet auf den 1. FC Köln in Regensburg eine gestandene, überdurchschnittliche Zweitligamannschaft, die in der vergangenen Saison trotz bescheidener Mittel auf Rang fünf landete. In dieser Saison ist man nach einem schwierigen Saisonstart spätestens seit dem 5:0-Erfolg in Hamburg in der Spur und zuletzt gar seit zehn Spielen ungeschlagen. Der Fokus bei den Oberpfälzern liegt auf intensivem Angriffspressing und schnellem Umschaltspiel nach vorne, was für die Etablierung in der zweiten Liga weitergeführt wird.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Anfang-Elf am Freitag Schwierigkeiten bekommt und die ansteigende Form des 1. FC Köln in Regensburg eine Delle erhält. Doch es ist gut zu wissen, dass Markus Anfang darauf reagieren kann – Flexibilität, eine flache Kommunikationsstruktur und professioneller Austausch der verschiedenen Beteiligten sind schließlich Grundlagen für erfolgreichen Fußball.