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Meinung

Immer mitten in die Fresse

Krieg! Nichts anderes herrscht auf deutschen Straßen. In den Stadien sowieso und überhaupt. Oder ist das etwa gar nicht so? Ein Kommentar.

© gerrit starczewski star-photo.de

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Ich schaue aus meinem Fenster. Gerade erst überall Polizeisirenen. Jetzt Leere. Stattdessen überall Müll aus umgeworfenen Mülltonnen, abgetretene Außenspiegel. Hier! Keine 10 Gehminuten vom Stadion entfernt. Gleich spielt der effzeh. Und danach ist noch Topspiel. Lüdenscheid Nord gegen Herne West. Also raus auf die Straße, durch den Müll, vorbei an schwitzenden Jugendlichen, die vor dem brüllenden Mob wegrannten. Da hinten muss er sein. Die Straße runter. Da wo die ganzen Hundertschaften stehen. Ich höre laute Schlachtgesänge. Später höre ich von einem Kollegen, dass genau an der Stelle noch Rauchgranaten flogen. Aus einem Panzerwagen. Vor dem Spiel. Genauso geht’s auch während des Spiels weiter. Das ganze gipfelt dann in großen Massenschlägereien zunächst vor dem Stadion, dann auf der Hohen Straße und später in der Innenstadt. Ein ganzes Lokal wird auseinandergenommen stand in der Zeitung. Ihre Fahne holten sich die Ultras später in Gelsenkirchen wieder. Der Krieg ist also 50 km weiter westwärts gezogen. Moment!

Westwärts? Gelsenkirchen liegt doch im Nordosten von Köln. Dann reden wir hier vom BVB, oder? Aber das geht doch nicht! Schließlich hat doch der effzeh die gewaltbereitesten Fans der Welt. Niemand ist vor denen sicher. Die nehmen ohne mit der Wimper zu zucken ganze Busse mit Rentnern auseinander. Abfackeln ganzer Tribünen können sie am besten. Die eigenen Spieler sind vor denen nicht sicher. Das gab es noch nie in Deutschland. Höchstwahrscheinlich haben die Verbindungen zu Al Qaida, querfinanziert vom Iran. Ein Joint Venture also. Direkt unterhalb der Fans des 1. FC Kölns kommen die Bandidos und die Hells Angels. Genauso muss es sein! Es darf einfach nicht anders. Schließlich haben die Medien doch monatelang gesagt, dass der effzeh ganz schlimm ist. Also seine Fans. Manchmal auch der Verein. Aber meistens seine Fans.

Mag es denn jetzt sein, dass es anderswo auch bescheuerte Menschen gibt, die sich gerne den Kopf einhauen? Ist das etwa gar kein regionales Problem auf der linken Rheinseite, hervorgerufen vom starken Braunkohleabbau und den dabei erzeugten Stäuben, die unter einem Komplott aus Aachen und Gladbach immer richtig Köln geblasen werden? Einmal eingeatmet führen die dann zu Ausfall von 80 % des Gehirns. Fortan singt man „effzeh, effzeh!“ und liebt es sich zu kloppen. Reichen diese Stäube etwa auch ins Ruhrgebiet?

Oder ist es etwa so, dass wir in einer Gesellschaft leben, die gerne die Sensation liebt und auf der anderen Seite eine mediale Landschaft, die genau dies gekonnt zu bedienen weiß? Wenn also innerhalb kürzester Zeit ein paar Vollidioten (und anders kann man die gar nicht nennen), die zufällig Köln Fans sind, Straftaten begehen dann wird daraus flux der gefährliche Kölner Anhang. Wir haben Sommer und deswegen müssen wir was schreiben. Die Folgen einer solchen Darstellung waren offensichtlich. Einmal in der Öffentlichkeit  diskutiert, brauchte es nicht lange und die Politik schaltete sich ein. Der DFB war sowieso schon da. Die Stadien müssen sicherer werden! So ein Niveau von Aggression gab es ja schließlich noch nie!

Noch nie? Besagte Erstliganachbarn aus eingangs erwähnter Szene kloppten sich vor 30 Jahren noch bis in den Tod. Damals setzte die Polizei schon Rauchgranaten ein wenn die gegnerischen Fans noch gar nicht da waren. Und genau weil man das hier in Dortmund schon so lange erlebt und es ja scheinbar normal ist, dass sich Schalker und Dortmunder aber mal so richtig verwemsen, schreibt da auch kein Arsch drüber. Gut, es wird mal erwähnt. Irgendwo hier in der Zeitung oder mal im WDR. Aber den Niersbach habe ich noch nicht vor der Kamera gesehen. Der DFB ist noch nicht da. Der wird auch niemals kommen. Ist ja keine große öffentliche Diskussion.

In Köln schon. Aber die sind ja auch viel schlimmer.

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