Nur einem Jahr nach dem besten effzeh-Herbst der Neuzeit steht der 1. FC Köln mit dem Rücken zur Wand – Gott sei dank ist erst einmal Länderspielpause.
Im allgemeinen Sprachgebrauch der Fußballbranche heißt es, man könne einen Saisonstart erst nach sechs, sieben oder acht Spielen bewerten, erst dann ließe sich ein Trend erkennen. Nach sieben Bundesliga– und zwei Europa-League-Spielen ist es dementsprechend an der Zeit, eine Bilanz zu ziehen über das, was die Mannschaft des effzeh seit dem Ende der Vorbereitung so auf die Reihe bekommen hat. Wer die vergangenen Wochen aufmerksam verfolgt hat, wird wissen: Es war nicht sonderlich viel. Anfang Oktober steht die Mannschaft von Peter Stöger mit einem Punkt aus sieben Spielen auf dem letzten Tabellenplatz, in der Gruppenphase der Europa League wurde ebenfalls noch kein Punkt geholt. Ein trauriger und vielleicht auch stürmischer Herbst steht bevor.
Herbst 2016: Ein überragender Saisonstart als “Bayern-Jäger”
Vor einem Jahr war die Gemütslage noch eine ganz andere in der Domstadt. Erinnert man sich an den Saisonstart zurück, fallen vor allen Dingen die Sternstunden wie die kurzzeitige Tabellenführung nach dem Heimsieg gegen Freiburg oder auch das Unentschieden beim Branchenprimus in München ins Auge. Nach sieben Spielen stand Peter Stögers Team auf dem zweiten Tabellenplatz und galt in Fußball-Deutschland ironisch als “Bayern-Jäger Nummer eins”. Mit nur vier Gegentreffern stellten die “Geißböcke” die beste Abwehr der Liga, zusätzlich hatte man mit Anthony Modeste den treffsichersten Angreifer in seinen Reihen. Immer wieder wurde betont, dass eine Mannschaft wie der effzeh über das Kollektiv kommen müsse, in dem einzelne Ausnahmekönner wie Modeste brillieren konnten – aber auch nur, wenn sie ihre eigene Arbeit erledigten.
Kurzum: Es war ein überragender Saisonstart, von dem man das ganze Spieljahr lang zehren sollte. Daher manifestierte sich auch das noch unstete Gerede vom “Europapokal” als nicht gänzlich unrealistische Zielformulierung, was von den Verantwortlichen jedoch immer wieder auf den Index gesetzt wurde. Wie dem auch sei: Unter dem Strich stand die Europapokal-Qualifikation am Ende der Saison, Stöger und Schmadtke galten als die gefeierten Helden in der Domstadt und waren offenbar auch an anderen, betuchteren Bundesliga-Standorten als Entscheidungsträger gefragt. Für das umjubelte Saisonende legte der 1. FC Köln im Herbst 2016 die Grundlage – aktuell könnte man davon weiter entfernt allerdings nicht sein.
Herbst 2017: Schlimmer könnte die Lage kaum sein
Acht Niederlagen, nur drei erzielte Tore, kein Sieg – die bisherige Bilanz in dieser Saison fällt vernichtend aus. Die Urteile über die Transferpolitik des vergangenen Sommers sind allenthalben schon gefällt, Jhon Cordoba gilt in den Kommentarspalten überwiegend als Fehleinkauf und es wird gerätselt, warum man es nicht schaffte, Anthony Modeste einigermaßen adäquat zu ersetzen. Mit Jorge Meré und Jannes Horn wurden zwei kostspielige Transfers getätigt, ohne dass beide bisher nachhaltig unter Beweis stellen konnten, dass sie der Mannschaft langfristig helfen können – so zumindest die Meinung vieler Beobachter. Fest steht, dass es der effzeh nicht geschafft hat, in der Offensivreihe den notwendigen Bedarf mit Spielertypen zu decken, die aktuell im Kader fehlen. Damit, aber nicht ausschließlich damit, lässt sich erklären, warum man sich bisher mit dem Toreschießen so schwer tut.
Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images
Jetzt soll ein Altstar die Wende bringen
In der vergangenen Woche erregte daher die Verpflichtung von Claudio Pizarro die Gemüter, weil der Peruaner aufgrund seines Alters und seines Fitnesszustandes sicherlich keine Soforthilfe sein kann. Der Schachzug, nach Ende der Transferperiode einen vertragslosen Spieler zu verpflichten, der in Bremen in der vergangenen Saison nur auf ein Tor kam, ist sicherlich diskutabel. Am Sonntag zeigte sich jedoch, dass in Köln trotz allem ein wenig der Glaube an einen möglichen Messias wieder Einzug gehalten hat. Lautstarker Jubel brandete auf, als Pizarro sich nach Cordobas Verletzung auf den Weg machte, um eingewechselt zu werden. Es scheint wohl zur Tradition der Stadt und des Vereins zu gehören, dass man in Krisenzeiten auf Einzelpersonen vertraut, die irgendwie die Probleme lösen – die Geschichte war wohl nicht Lehre genug (siehe Podolski, Daum oder Overath). Es wäre daher zu wünschenswert, wenn man Pizarro nicht mit überbordenden Erwartungen konfrontiert und ihn einfach seine Arbeit machen lässt.
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