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Wenig Stabilität, dann viel Wucht: Ein komischer Auftritt des 1. FC Köln

Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Niederlage Nummer sieben und es ist noch nicht einmal Oktober – auch im Heimspiel gegen Belgrad zieht der 1. FC Köln den Kürzeren. Unsere Taktik-Analyse.

Dreimal Pfosten: Im Spiel gegen Roter Stern Belgrad steigerte sich der effzeh nach der Pause und verpasste den eigentlich überfälligen Ausgleich mehrfach nur knapp. Mit der Einwechslung von Yuya Osako und  Leonardo Bittencourt kam die Wende, doch Auf- und Einstellung im ersten Abschnitt hinterlassen viele Fragezeichen. Das Experiment mit Sehrou Guirassy und Jhon Cordoba als Doppelspitze misslang, doch auch im Defensivverbund ging vieles schief. Wir begeben uns auf Spurensuche.

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Über Sicherheit ins Spiel finden: Eigentlich kein schlechter Plan

Die Herangehensweise von Peter Stöger vor dem ersten Heimspiel im Europapokal war dabei eigentlich nicht verkehrt: Der Österreicher wollte seiner Mannschaft nach dem torlosen Unentschieden gegen Hannover erst einmal Sicherheit vermitteln und stellte daher drei Innenverteidiger auf. Mit Jorge Meré, Frederik Sörensen und Dominique Heintz wollte mal den eigenen Strafraum beschützen, was allerdings im ersten Durchgang eher weniger gelang.

Das defensive Mittelfeld um Matthias Lehmann, Salih Özcan und dem etwas offensiver ausgerichteten Milos Jojic schaffte es nämlich nicht, nach eigenem Ballverlust schnell die Grundordnung wiederzufinden und die Defensive zu beschützen. Mehrfach konnten die Serben mit einfachen vertikalen Bällen Raumgewinn erzielen, woraufhin auch das Tor fallen sollte. Die Umsetzung des an sich guten Plans scheiterte komplett, was schon etwas beunruhigend ist.

Cordoba konnte erst im zweiten Durchgang überzeugen | Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Die Entstehung des Gegentors spricht nämlich Bände: Aus der eigenen Hälfte wurde Richmond Boakye ins Eins-gegen-Eins gegen Meré geschickt, der den Gästestürmer nicht richtig zu fassen bekam. Obwohl er ihn erst abdrängte, ließ er ihn danach Richtung Tor aufdrehen und abschließen. Auch in dieser Szene fiel auf, dass das defensive Mittelfeld nicht rechtzeitig den Zugriff auf den gegnerischen Spieler bekam.

Mit dem Rückstand nach einer halben Stunde schien dann auch Stögers Matchplan gescheitert zu sein – eigentlich war es tatsächlich sinnvoll, erst einmal über Kompaktheit und Stabilität ins Spiel zu finden, um dann eventuell im zweiten Durchgang mit offensiven Wechseln für mehr Präsenz zu sorgen. Eine Sache muss nämlich hinterfragt werden: Was genau erhoffte sich der Österreicher von der Doppelspitze Guirassy – Cordoba?

Der verzweifelte Versuch, Stabilität herzustellen

Beide sind nicht dafür bekannt, die Kombinationsmaschinerei am Laufen zu halten, und das müssen sie auch nicht. Wenn man allerdings schon zwei Stürmer dieses Typs aufstellt, muss auch klar geklärt sein, wer welche Aufgaben übernimmt. In der ersten Halbzeit fiel allerdings mehrfach auf, dass beide sich entweder auf den Füßen standen oder die verfügbaren Räume nicht gut besetzten.

Der Zehnerraum blieb über weite Strecken komplett verwaist, weil auch Jojic und Özcan ihn nicht durchgängig besetzen konnten. Die entstehenden Räume waren für beide einfach zu groß, sodass sie extrem viel Laufarbeit verrichten mussten, um überhaupt irgendwie eine Balance herzustellen. Dementsprechend fand der effzeh in der ersten Halbzeit keine Mittel, um mit Ball in die torgefährlichen Räume zu kommen. Meist spielte man U-förmig um den gegnerischen Abwehrblock herum, allerdings ohne dabei in diejenigen Zonen vorzustoßen, aus denen eine Flanke oder ein Pass für unmittelbare Torgefahr sorgt.

Die beiden Wing-Backs Rausch und Olkowski standen zwar durchgängig relativ hoch, hatten aber dann bei Ballbesitz zu wenig Optionen in ihren Zonen, um den Ballbesitz aufrechtzuerhalten. Ein wirksames Mittel im Aufbauspiel mit einer Dreierkette sind meistens vorstoßende Halbverteidiger, doch weder Heintz noch Meré trauten sich diesen Beitrag für das Aufbauspiel des effzeh an diesem Tag in irgendeiner Weise zu.

Betretene Mienen bei den effzeh-Spielern | Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Es muss deswegen die Frage erlaubt sein, ob Stöger seine Mannschaft mit der Maßgabe ins Spiel geschickt hat, erst einmal nur das eigene Tor zu verteidigen. Wenn dem so gewesen ist, dann war es umso frappierender, dass es die Mannschaft nicht auf die Reihe bekommen hat, aus einer kompakten Grundordnung heraus Ballgewinne zu erzielen. Das Verhalten im eigenen defensiven und offensiven Umschaltmoment war im ersten Durchgang durchweg katastrophal, weshalb Beunruhigung schon angebracht ist.

Nach der Pause: Andere Grundordnung, anderes Spiel

Eine wirkliche Veränderung im Spiel des effzeh fand erst nach der Pause statt, als Osako und Bittencourt auf das Feld kamen – damit war zu rechnen. Das Spiel des effzeh veränderte sich insofern, als dass mit Osako endlich jemand auf dem Feld war, der den Zehnerraum besetzte. Leonardo Bittencourt ging auf seinen angestammten linken Flügel und unterstützte dort den im zweiten Abschnitt starken Konstantin Rausch.

Die Mannschaft von Stöger verschob ihren Abwehrblock mehrere Meter nach vorne, woraufhin komischerweise eine größere Kompaktheit hergestellt werden konnte. Teilweise lag es allerdings auch am fehlenden Nachrückverhalten der Gäste. Insgesamt dominierte der 1. FC Köln nach dem Seitenwechsel jedoch die Partie und erarbeitete sich zahlreiche Abschlüsse. Am Ende standen fünf Schüsse auf das gegnerische Tor, so viele hatte der 1. FC Köln in dieser Saison nur ganz, ganz selten.

COLOGNE, GERMANY - SEPTEMBER 28: Milos Jojic of FC Koeln reacts to a missed chance during the UEFA Europa League group H match between 1. FC Koeln and Crvena Zvezda at RheinEnergieStadion on September 28, 2017 in Cologne, Germany. (Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

Auffälligster Spieler beim effzeh: Milos Jojic traf gleich zweimal den Pfosten | Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Wichtig waren dabei eben genau die Szenen, in denen der effzeh mit Tempo agierte und somit auch wieder die Zuschauer aufweckte – die moralische Komponente ist nach dieser erneuten Niederlage dann doch positiv zu bewerten. Somit überwiegen nach dem Spiel zwar durchaus die positiven Eindrücke, obwohl die ersten 45 Minuten aus taktischer Sicht ein einziger Offenbarungseid waren. Wenn es die Mannschaft in Zukunft aber nicht schaffen sollte, durchgängig am Spiel teilzunehmen und dabei mit der nötigen Balance zwischen Defensive und Offensive zu agieren, werden viele weitere Niederlagen folgen.

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