Der effzeh gab vor einigen Tagen bekannt, dass Britta Heidemann in den Aufsichtsrat der KGaA gewählt worden ist. Ihre Hauptqualifikation für dieses Amt dürfte mit “China” bestens umschrieben sein. Aber ist das wirklich sinnvoll?
Nun ist die große Sportprominenz am Geißbockheim also nicht mehr nur noch auf dem Platz vertreten: Die Olympiasiegerin Britta Heidemann wurde in den Aufsichtsrat der KGaA des effzeh gewählt. Die 34-jährige gebürtige Kölnerin gewann 2008 bei den Olympischen Spielen in Peking im Fechten die Goldmedaille und gilt deutschlandweit als Aushängeschild ihrer Sportart, zudem wurde sie 2009, 2012 und 2014 zur Sportlerin des Jahres in Köln gewählt. Ihre sportliche Karriere verbrachte sie überwiegend bei Bayer Leverkusen, was nachvollziehbar ist, da die Bedingungen in ihrer Sportart dort professioneller sind als in Köln. Ihr Studium der Regionalwissenschaften China schloss sie 2009 mit einer Diplomarbeit an der Universität zu Köln erfolgreich ab.
Nach ihrem Karriereende als Sportlerin nutzte sie ihre Kontakte, die sie während ihrer aktiven Zeit als Sportlerin geknüpft hatte, um im Sportbusiness bleiben zu können und errang schnell Mitgliedschaften in diversen wichtigen Gremien der Sportwelt. Dazu gehören das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), das IOC und seine Athletenkommission sowie politische Beratungsfunktionen in Zusammenhang mit dem Auswärtigen Amt. Laut ihrer Homepage arbeitet sie derzeit zudem als Referentin und Diskutantin zum Thema “Parallel zwischen Fechtsport und Management” sowie als Beraterin zu chinabezogenen Themen.
China prägt den Lebensweg – und die politischen Ansichten
Britta Heidemann verbrachte schon 1998 einen Schulaufenthalt in Peking, der sich in den Folgejahren zu einer intensiven Beziehung entwickeln sollte. Wenige Jahre später absolvierte sie dort ein Praktikum für die Bayer AG Peking und nahm ein regionalwissenschaftliches Studium auf, 2014 veröffentlichte sie ein Buch mit dem Titel “Willkommen im Reich der Gegensätze – China hautnah”. Der Olympiasieg in Peking brachte Heidemann im Reich der Mitte zudem einen enormen Popularitätsschub. Sie ist ein gern gesehener Gast, der oft und regelmäßig im dortigen Fernsehen auftritt. Vor allem ist sie aber an vielen deutschen Delegationen nach China beteiligt, seien es wirtschaftliche, kulturelle, sportliche – oder eben politische.
Bezüglich der Menschenrechtslage in China und der irritierenden Bewertungen, die der Präsident des 1.FC Köln davon kürzlich vorgenommen hat, fragt man sich also gleich, wie sich Britta Heidemann als angepriesene Expertin für China dazu äußern würde. Im Jahr 2008 gab sie dem Tagesspiegel ein ausführliches und – mindestens – bemerkenswertes Interview. Unter anderem sagt sie dort: “Es ist eine sehr westliche Sicht zu glauben, dass diese Menschen sehr unter der Gesamtsituation leiden, die Mentalität ist einfach anders.” Tibeter oder Uiguren dürften diese Betrachtungsweise freilich nicht teilen. Beide Bevölkerungsgruppen leiden massiv unter staatlicher Repression, die über das Maß, das der chinesische Staat ohnehin walten lässt, noch einmal deutlich hinausgeht.
Alles lässt sich irgendwie rechtfertigen
Die Art des chinesisch-politischen Konformismus hat Heidemann dort ebenfalls zu schätzen gelernt: “Es ist offensichtlich, dass China diesen ganzen wirtschaftlichen Fortschritt nicht mit einem liberalen Mehr-Parteien-System erreichen könnte. Das würde zum riesigen Chaos führen.” Heidemanns Ansichten zu China, in denen jede noch so brutale Unterdrückung auf eine dort offenbar kulturell verankerte Eigenart zurückzuführen zu sein scheint, zeigen sich auch in der Bewertung der dortigen Trainingslehre. “Wenn man zum Beispiel kleine Turner, die geschlagen wurden, fragt, ob sie diese Prügel verdient haben, dann würden sie immer sagen: ja. Das ist nicht gut, es sollte natürlich anders sein, aber die Leute leiden nicht so sehr, wie wir uns das vorstellen”, erklärte Heidemann damals. Ob sich ihre Sicht der Dinge seit 2008 maßgeblich geändert hat, bleibt natürlich offen.
Was bezweckt der effzeh?
Neben ihren gut dokumentierten Verbindungen nach China scheint Heidemann aber, wie erwähnt, nun eine klassische Karriere als Lobbyistin und Sportfunktionärin einschlagen zu wollen. Im Präsidium des DOSB sitzt sie neben dem Präsidenten Michael Vesper, der staatliche Zensur in China schonmal mit hiesigen Verboten von rechtsradikalen Webseiten verglichen hat. Ihre Mitgliedschaften im IOC sowie dessen Athletenkommission zeugen ebenfalls von dem Weg, den Heidemann nun eingeschlagen hat und für den sie offenbar viel Zeit aufbringt. Dem “General Anzeiger” sagte sie kürzlich in einem Telefoninterview, sie sei am Flughafen “einmal mehr in meiner Aufgabe als Athletenvertreterin im IOC unterwegs.”
Ist der Aufsichtsrat wirklich die beste Position für Heidemann?
Doch unweigerlich stellt sich die Anschlussfrage: was bezweckt der effzeh mit der Wahl Heidemanns? Nun, ganz offensichtlich will der Klub ihre Kontakte nach China für eigene Zwecke nutzen. Nicht umsonst betonte der China wohlwollend zugeneigte Werner Spinner auf der Vereinshomepage, dass sie den effzeh “mit ihrer Auslandserfahrung und ihrem beruflichen Hintergrund bereichern wird.” Dass er mit dieser Berufung internen Krach mit dem Mitgliederrat in Kauf nimmt, dürfte nach dem kürzlichen Interview mit dessen Vorsitzenden im Express kaum überraschen.
Aus Sicht der des Clubs mag die Verpflichtung Heidemanns zwar sinnvoll sein, nichtsdestotrotz stellt sich die Frage, weshalb es gleich der Aufsichtsrat sein musste. Wäre eine Berufung in den Beirat nicht angesichts dessen, was sich der effzeh von Heidemann erhofft, der bessere Weg gewesen? Ihr Verständnis von ihrer neuen Aufgabe erläuterte sie kürzlich jedenfalls im Express: “Der Aufsichtsrat ist ein wichtiges Gremium, das über die Budgets guckt und aus verschiedenen Perspektiven und Standpunkten berät.” Nur stimmt das so eben nicht. Der Aufsichtsrat “guckt” nicht “über die Budgets”, sondern beaufsichtigt und kontrolliert die Geschäftsführung. Das ist keine laxe Tätigkeit, die man mit ein paar BWL-Kenntnissen und gesellschaftlichen Verflechtungen erfüllen kann. Der Aufsichtsrat ist kein Gremium, in dem Lobbyismus und gute Beziehungen die wesentlichen Qualifikationen darstellen sollten. Von Britta Heidemann scheint sich der effzeh aber genau das zu erhoffen. Ihre Vita spricht jedenfalls eine eindeutige Sprache.