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Meinung

Kaderplanung in der Offensive: Viel Geld für weniger Klasse

Von Neuzugängen ist beim effzeh nicht mehr die Rede, obwohl man in der Offensive wohl schon noch einmal nachlegen könnte – oder nicht?

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Von Neuzugängen ist beim effzeh nicht mehr die Rede, obwohl man in der Offensive wohl schon noch einmal nachlegen könnte – oder nicht?

Laut Sportchef Jörg Schmadtke ist die Kaderplanung im Offensiv ersichtlich abgeschlossen. Defensiv hat sich der effzeh verbessert, offensiv nicht. Im Gegenteil: die investierten 16 Millionen bedeuten eine qualitative Verschlechterung und ein Risiko für die Saison. Im Vergleich zur letzten Transferperiode hat der effzeh dieses Mal die Korken knallen lassen. Wurde im vergangenen Sommer noch rund sieben Millionen Euro an Ablösesummen investiert, kostete schon Linksverteidiger Jannes Horn diese Summe. Dazu kamen geschätzte acht Millionen für Jorge Mere, drei Millionen für Joao Queiros und die Rekordablösesumme von 16 Millionen Euro für Jhon Cordoba. Macht schätzungsweise 18 Millionen für drei junge Verteidiger mit großem Potential und 16 Millionen für einen Stürmer.

Defensiv wurde der Kader zweifellos verbessert. Jorge Meré und Jannes Horn haben ihre Qualität bereits nachgewiesen, wenngleich man bezüglich ihrer Leistungskonstanz nicht zu hohe Ansprüche stellen sollte. Im Falle etwaiger Schwächephasen stehen zudem einige Routiniers bereit, die Peter Stöger bedenkenlos einsetzen kann. Das gilt auch für Shootingstar Lukas Klünter, der zwar eine starke Schlussphase hatte, aber noch keine längere Konstanz nachgewiesen hat. Für ihn steht mit Pawel Olkowski ebenfalls ein Ersatz bereit.

Auf Lücke geplant?

Anders sieht es in der Offensivabteilung aus. Natürlich würde alles von der Wechselposse um Anthony Modeste überlagert. Der Franzose, der vergangene Saison 25 Tore erzielte und zwischendurch auf Weltklasseniveau agierte, wurde durch Jhon Cordoba ersetzt. Cordoba erzielte in rund 50 Ligaspielen für Mainz zehn Tore. Es wäre unfair, ihn an Modeste zu messen, doch auch unabhängig davon wird er sich gewaltig steigern müssen. Die physischen Voraussetzungen bringt er mit, technisch ist er zweifellos schwächer als sein Vorgänger. Er wird somit Unterstützung der anderen Offensivkräfte benötigen.

Foto: Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images

Doch genau da fangen die Probleme an. Denn die Tore von Anthony Modeste müssen durch die gesamte Mannschaft aufgefangen werden. Für Überraschungsmomente und technische Klasse sorgten letztes Jahr nur Yuya Osako und Leo Bittencourt – wenn sie fit waren. Milos Jojic hatte zwar gute Scorerwerte, war aber oft nachlässig in der Defensivarbeit und zeigte enorme Schwächen im Antritt. Artjoms Rudnevs, Simon Zoller und Christian Clemens haben vergangene Saison nicht nachweisen können, dass sie die fußballerischen Schwächen in der Offensive beheben können. Nicht kalkulierbar sind zudem die Entwicklungen des blutjungen Salih Özcan sowie des Langzeitverletzten Marcel Risse.

Zwar bemühte sich der effzeh nachweislich um Mark Uth, der in diesem Bereich ein enormes Upgrade dargestellt hätte. Doch nachdem die TSG Hoffenheim bekanntgab, dass sie Uth nicht ziehen lässt, blieb der Nachweis des Interesses an weiteren Spielern für den Offensivbereich aus. So besteht die Gefahr, dass etwa Simon Zoller wieder auf anderen Positionen aushelfen muss, obwohl der Knipser für die Flügel zu viele Schwächen aufweist.

Mittelfeld bleibt unbeachtet

Das größte Problem des Teams bleibt aber das zentrale Mittelfeld. Zwar bewies Matthias Lehmann, wie wertvoll er als Abfangjäger vor der Abwehr sein kann, aber sein Passspiel bleibt unterdurchschnittlich. Er ist trotz aller Zuverlässigkeit genau wie der bis zu seiner Verletzung sehr starke Marco Höger zudem zu sprintschwach und torungefährlich. Für eine Mannschaft, der es letzte Saison insbesondere im zentralen Mittelfeld nach dem Abgang Yannick Gerhardts an Technik, Dynamik und Tempo fehlte, ist das Fehlen eines Zugangs in diesem Bereich gefährlich. Jonas Hector ist zwar sehr ballsicher, aber qualitativ nicht so wertvoll wie als Linksverteidiger, zudem hat er ähnliche Schwächen wie Höger und Lehmann. Auf Nikolas Nartey und Salih Özcan als X-Faktoren zu setzen, wäre fahrlässig.

Ein in der Offensive personell nahezu unveränderter Kader soll den Abgang des besten Stürmers seit Dekaden kompensieren? Ohne Ergänzungen im Mittelfeld, das für die Balance der Mannschaft so wichtig ist? Da die Gegner des effzeh nun abwartender und defensiver spielen werden, wird technisch hohes Niveau nochmals wichtiger. Gelingt keinem Spieler ein spürbarer Leistungssprung, droht die Offensive trotz 16 Millionen Euro Investition schwächer und ausrechenbarer zu sein als in der Vorsaison. Angesichts der Dreifachbelastung und der beiden starken Aufsteiger geht der effzeh hier ein hohes Risiko ein.

Die Probleme im Kader wurden nicht behoben

Die Verweise auf die letzte Saison und die Konkurrenz sind bei dieser Bewertung unzulässig. Der effzeh profitierte im vergangenen Jahr von großen Schwächen größerer Klubs, von viel Glück in der Schlussphase sowie einem Torjäger in überragender Form. Dass andere Vereine ebenfalls Schwächen in einigen Mannschaftsteilen aufweisen und sich auch nicht überragend verstärken konnten, haben mit den diagnostizierten Schwachstellen des effzeh nichts zu tun. In jeder Transferperiode sollte das Ziel lauten, die Probleme des Kaders zu beheben und auf anderen Positionen qualitativ zu verbessern. Den ersten Punkt hat der effzeh bislang ausgelassen. Es bleibt zu hoffen, dass er sich dabei nicht verpokert.

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