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Meinung

Saison 2016/2017: Eine medizinische Bilanz

Der effzeh läuft als Tabellenfünfter in der Bundesliga ein – und das trotz der lange Zeit anhaltenden Verletzungsproblematik. Wir ziehen eine medizinische Bilanz dieser an Verletzungen nicht armen Saison – mithilfe der Tabelle von fussballverletzungen.com.

Foto: Lukas Schulze/Bongarts/Getty Images

Der effzeh läuft als Tabellenfünfter in der Bundesliga ein – und das trotz der lange Zeit anhaltenden Verletzungsproblematik. Wir ziehen eine medizinische Bilanz dieser an Verletzungen nicht armen Saison – mithilfe der Tabelle von fussballverletzungen.com.

Stellt euch vor, der 1.FC Köln hätte sich in dieser Saison nicht sensationell für die Europa League qualifiziert, sondern am Ende Platz neun belegt. Stellt euch vor, der effzeh hätte die wichtigen Spiele gegen Bremen und Mainz eben nicht gewonnen, sondern verloren. Man wäre zwar etabliert in der Bundesliga, aber trotzdem enttäuscht ob der verpassten Chance. Aber hätte man dem Team dann wirklich einen Vorwurf machen können? Immerhin waren wichtige Stammspieler einen großen Teil der Saison verletzt. Wir blicken auf die Verletzungstabelle der Bundesliga und stellen fest: Die Kölner Sensation ist tatsächlich eine Sensation.

Die Ausfallliste war zwischenzeitlich lang – extrem lang

Timo Horn – 14 Spiele. Kapitän Matthias Lehmann – zwölf Spiele. Leonardo Bittencourt – 17 Spiele. Und Risse, Marcel Risse, der Doppeltorschütze des Monats, sogar 21 Bundesligaspiele – das sind die Ausfallzeiten einiger Kölner Leistungsträger. Und es sind längst nicht alle. Weil auch Ersatzmann Thomas Kessler neun Spiele fehlte, musste ein Mal sogar Tormann Nummer drei,  der junge Sven Müller, ran. Auch Dominic Maroh galt vor dieser Saison eigentlich als Stammkraft, er fehlte wochenlang wegen eines Schlüsselbein- und eines Rippenbruchs. Und was das millionenschwere Nachwuchstalent Sehrou Guirassy wirklich kann, wer soll das wissen? An 20 Spieltagen stand der Stürmer verletzungsbedingt nicht zur Verfügung. Peter Stöger hatte böse gesagt eigentlich einen leichten Job in diesem Jahr. Sein Team stellte sich nicht selten ganz von alleine auf.

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Was bedeutet das jetzt für die Verletztenbilanz am Ende der Saison? Die Seite fussballverletzungen.com wertet regelmäßig die Verletzungsdauer der Bundesliga-Spieler aus. Sie berechnet die durchschnittlichen Ausfalltage pro Spieler, indem sie die gesamten Fehltage durch die Kadergröße teilt. Blickt man auf die Verletzungstabelle der abgelaufenen Bundesligasaison, so fällt zunächst auf: die “gesündeste” Mannschaft, der FC Ingolstadt, ist abgestiegen. In Ingolstadt liegt der Wert bei etwas über 15. Wir gratulieren an dieser Stelle der medizinischen, sportwissenschaftlichen, physiotherapeutischen und der Fitness-Abteilung des FCI zu dieser speziellen Meisterschaft.

Ligavergleich: effzeh liegt im Mittelfeld

Eintracht Frankfurt belegt in der Verletzungstabelle abgeschlagen den letzten Tabellenplatz mit über 76 Ausfalltagen pro Spieler. Hier besteht offensichtlich Handlungsbedarf. Der 1.FC Köln rangiert im Mittelfeld auf Platz acht. Im Schnitt fehlten die effzeh-Spieler fast 49 Tage, was natürlich an den Langzeitverletzten wie Risse und Guirassy liegt. Wieviel Aussagekraft hat nun eine solche Tabelle, in der der “Verletzten-Meister” sportlich am Ende abgestiegen ist? Welchen Stellenwert haben Ärzte, Physiotherapeuten, Analytiker, Sportwissenschaftler und Fitnesstrainer im professionellen Fußball?

COLOGNE, GERMANY - AUGUST 27: Dominic Maroh of Cologne is carried off the field on a stretcher during the Bundesliga match between 1. FC Koeln and SV Darmstadt 98 at RheinEnergieStadion on August 27, 2016 in Cologne, Germany. (Photo by Juergen Schwarz/Bongarts/Getty Images)

Foto: Juergen Schwarz/Bongarts/Getty Images

Die Tabelle an sich kann nur Hinweise geben, so viel ist klar. Das zeigt nun eben das Beispiel Ingolstadt. Auch der zweite Absteiger aus Darmstadt liegt auf Rang drei. Daran hat es bei beiden also nicht gelegen. Dennoch: Gladbach wurde in der abgelaufenen Saison 15. der Verletzungstabelle. Insgesamt 1907 Tage fehlten Spieler verletzungsbedingt. Der Verein möchte daran verständlicherweise etwas ändern und schlägt auch deshalb auf dem Transfermarkt zu: Vom FC Bayern München kommt Dr. Andreas Schlumberger. Der Sportwissenschaftler war Teamleiter des Bereichs “Rehabilitation und Prävention” an der Säbener Straße, zuvor auch bei Borussia Dortmund angestellt. Nun wird er in Mönchengladbach der sogenannte Leiter für “Medizin und Prävention”.

Präventive Maßnahmen werden im Profifußball immer wichtiger

Gerade Letzteres ist im Millionengeschäft Profifußball heutzutage immens wichtig. Die komplette medizinische Abteilung hat zwar auch noch die Aufgabe, verletzte Spieler wieder fit zu bekommen – fast noch wichtiger ist aber, die Belastung für den Einzelnen so zu steuern, dass er sich eben erst gar nicht verletzt. Welchen Stellenwert dieses Themenfeld hat, war zu Zeiten Pep Guardiolas beim FC Bayern zu erkennen. Der offen ausgetragene Streit zwischen dem Trainergott und der Münchner Medizinkoryphäe Dr. Müller-Wohlfahrt, Spitzname Mull, zeigte zwei grundverschiedene Herangehensweisen. Bayern liegt heute, ohne Dr. Mull, einen Platz hinter dem effzeh im Verletzungsmittelfeld, allerdings mit einer Mannschaft, die im Zweifelsfall wesentlich anfälliger ist als die Kölner.

Die komplette medizinische Abteilung hat zwar auch noch die Aufgabe, verletzte Spieler wieder fit zu bekommen – fast noch wichtiger ist aber, die Belastung für den Einzelnen so zu steuern, dass er sich eben erst gar nicht verletzt.

effzeh mit dem kleinsten Kader der Bundesliga – alle waren am Limit

Marcel Risse, 1. FC Köln

Foto: NORBERT SCHMIDT/AFP/Getty Images

Und hier kommen wir zur eigentlichen Sensation: Der FC Bayern hatte auch nicht gerade wenig Verletzte, ähnlich wie eben der glorreiche 1.FC Köln. Allerdings spielten die Bayern wie immer auf drei Hochzeiten, hatten dazu mit Spielern wie Robben, Ribéry und Xabi Alonso wegen Alter und Vorgeschichte verletzungsanfällige Spieler im Kader. Der 1.FC Köln hingegen spielte mit einer extrem jungen Mannschaft und in maximal zwei Wettbewerben. Einziges Manko: der effzeh verfügte mit 24 Spieler über den kleinsten Kader der Bundesliga. Dennoch: viel mehr Seuche als in dieser Saison ist für die “Geißböcke” kaum vorstellbar. Von den verhältnismäßig wenigen Spielern im Kader fielen einige monatelang aus und trotzdem spielte der effzeh sich in die Europa League. Das zeigt, wie stark das Team als Ganzes war – und wie sehr die Qualifikation eigentlich eine Sensation war. Der effzeh erreichte Platz fünf der Fußball-Bundesliga, obwohl er längst die Stützräder installiert hatte.

Und so spielt diese Verletzungstabelle Manager Jörg Schmadtke auch ein wenig in die Karten. Denn Schmadtke will den Kader gar nicht wirklich vergrößern für das Abenteuer Europa. Einfach nicht nochmal so ein Seuchen-Jahr haben. Einen fitten Marcel Risse einsetzen können. Timo Horn 34 Spiele im Kasten und Leo Bittencourt den Flügel entlangflitzen sehen. So oder so ähnlich dürften die frommen Schmadtke-Wünsche an die medizinische Abteilung aussehen. Und wer weiß, wenn Modeste den 1. FC Köln verlassen sollte, vielleicht erlebt das stets verletzte Nachwuchstalent Guirassy ja eine Wiederauferstehung und wird aus dem Krankenbett heraus der Nachfolger des Torschützen vom Dienst.

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