Folge uns
.

Meinung

Alles im rot-weißen Bereich

Zehn Spieltage sind vorbei, der effzeh steht überraschend gut da. Wir wagen uns an ein Zwischenfazit, das wenig verwunderlich äußerst positiv ausfällt.

Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Auf den ersten Blick sieht die Welt rund um das Geißbockheim rut-wieß aus. Platz sechs, 18 Punkte bereits auf dem Konto, eine Menge Euphorie bei den Fans: Das Leben als effzeh-Fan ist derzeit äußerst entspannt. Vorbei die Zeiten, als nach gut einem Drittel der Saison bereits gewaltig der Baum brannte, über den Trainer und dessen Zukunft hitzig diskutiert wurde sowie die ersten Rechnungen angestellt werden musste, wie viel Zähler bis zur Winterpause hermüssen, um unterm Weihnachtsbaum wenigstens vom Klassenerhalt träumen zu können.

Während all dies, inklusive dem eigentlich in Köln beheimaten Chaos, gen Norden ausgelagert wurde, hat der effzeh in der Länderspielpause die Ruhe weg. Kraft am freien Wochenende tanken, mit der Nationalmannschaft Erfolge feiern oder eben den Flugplan Richtung Baku checken: Die bundesliga-freie Zeit kann in Köln diesmal perfekt genutzt werden. Doch ist beim effzeh auch auf den zweiten Blick alles Gold, was glänzt? effzeh.com versucht nach zehn Spieltagen schon einmal ein kleines Zwischenfazit zu ziehen.

Die Punktausbeute

Dass bei den Verantwortlichen trotz der überflüssigen 0:1-Niederlage bei Eintracht Frankfurt voller Zufriedenheit auf die Tabelle blicken, stößt überall auf größtes Verständnis: Der Auftritt in Frankfurt bedeutete erst die zweite Niederlage in dieser Spielzeit, bereits 18 Zähler (fünf Siege, drei Remis) fuhren die Schützlinge von Trainer Peter Stöger in den ersten zehn Partien ein. Im Vergleich zur vergangenen Saison hat der effzeh damit vier Punkte mehr auf dem Konto – und kann ein bedeutend besseres Torverhältnis (+9 statt -4) sein Eigen nennen.

Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Wer, nicht ganz zu Unrecht, darauf verweist, das Team hätte von einem leichteren Auftaktprogramm profitiert, dem sei folgende Statistik ans Herz gelegt: Vergleicht man die momentane Ergebnisse mit den Begegnungen der Vorsaison, dann holte der effzeh in diesen Partien 2015/16 satte sieben Punkte weniger. Gerade die Siege in den Heimspielen gegen Freiburg, die als Aufsteiger in dieser Rechnung den VfB Stuttgart ersetzen, oder Ingolstadt waren in der vergangenen Spielzeit stets für einen Rückschlag gut. Dieses Manko hat der effzeh abstellen und sich schon ein beachtliches Polster Richtung Abstiegskampf verschaffen können.

Die Leistungen auf dem Platz

Dies hat vor allem mit einem Entwicklungssprung zu tun, den das Team allmählich vollzogen hat: Taktisch flexibel und mit großer Stabilität ausgestattet sind die Stöger-Schützlinge nun auch in der Lage, defensiv orientierte Gegner besser zu bespielen. Mehr Ballbesitz (mittlerweile 48 Prozent), leicht bessere Pass- und Zweikampfquoten sowie mehr Torchancen: Im Spiel nach vorne lässt sich die Verbesserung wohl am leichtesten feststellen. Und dies ging, obwohl befürchtet, nicht zulasten der defensiven Stabilität.

Zum spielerischen Fortschritt kommt auch der mentale Aspekt hinzu: Größere Geduld und größeres Vertrauen in die eigene Fähigkeiten machen den effzeh auch als Favorit zur spielbestimmende und -entscheidende Variablen. Das zeigt sich vor allem vor dem gegnerischen Tor: Brauchte die Mannschaft im letzten Jahr noch zu viele Chancen für einen Treffer, wirkt vor allem Anthony Modeste eiskalt wie noch nie. Vor allem in Spielen wie gegen Freiburg oder Ingolstadt macht der effzeh aus wenig viel – eine Kunst, die zuvor in Müngersdorf nicht bewundert werden konnte.

Foto: Matthias Kern/Bongarts/Getty Images

Foto: Matthias Kern/Bongarts/Getty Images

Die Neuzugänge

Kritisch wurde vor der Saison betrachtet, wen Jörg Schmadtke ins Team holte. Und wen nicht. Zu zögerlich agierte der effzeh-Sportchef so manchem Anhänger, zu wenig Fantasie steckte in den Verpflichtungen von Marco Höger, Artjoms Rudnevs oder Konstantin Rausch. Nach zehn Spieltagen sollten einige Abbitte leisten: Vor allem Höger, der nach seiner Kreuzbandverletzung aus der letzten Saison noch nicht bei voller Leistungsfähigkeit ist, hat sich zu einer absoluten Verstärkung entwickelt. Der Ex-Schalker ist durch seine Ballsicherheit, seine Spielübersicht und die Zweikampfstärke nach kurzer Zeit ein stabilisierender Faktor im effzeh-Spiel geworden.

Nicht ganz auf diesem Niveau agiert bislang das weitere Trio: Rausch macht seine Sache auf der linken Außenbahn bislang äußerst solide, lediglich das Frankfurt-Spiel fiel etwas ab. Schnell, giftig in den Zweikämpfen und offensiv wie defensiv einsetzbar: Der Linksfuß ist zu einem weiteren Puzzlestück des taktisch flexiblen effzeh. Rudnevs zeigte derweil, was schon in Hamburg die Fans wahnsinnig machte: Der Lette ist ein Arbeitstier, läuft und läuft und läuft, vergisst dabei aber manchmal das fußballerische Kerngeschäft. Kaum zu bewerten ist dagegen Sehrou Guirassy. Nach Meniskusverletzung musste sich das französische Sturmtalent erst einmal hinten anstellen – der Auftritt in Frankfurt machte jedoch Lust auf mehr.

Foto: Matthias Kern/Bongarts/Getty Images

Foto: Matthias Kern/Bongarts/Getty Images

Der Verein

Auch außerhalb des Rasens ist der effzeh auf Erfolgskurs: Bei der Mitgliederversammlung im September verkündete Finanzboss Alexander Wehrle abermals eine Rekordbilanz: Der Umsatz lag so hoch wie nie zuvor, der Gewinn war der größte in der Vereinsgeschichte. Der einst finanziell auf der Intensivstation liegende Klub ist wieder kerngesund – und peilt für die laufende Spielzeit die nächsten Bestmarken an. Dazu bringt die Euphorie dank der starken Leistungen den effzeh in eine hervorragende Ausgangslage für das wichtige Jahr 2018: Dann laufen die Verträge des Hauptsponsors, des Ausrüsters und des Namensgebers für das Stadion aus. Es winkt der nächste Geldregen.

Die nötige Kontinuität ist gegeben: Nachdem die Verträge mit den handelnden Verantwortlichen Peter Stöger (2020), Jörg Schmadtke (2020) und Alexander Wehrle (2021) bereits vor einiger Zeit langfristig verlängert werden konnte, ist nun auch das Präsidium um Werner Spinner für die nächste Jahre an Bord. Das lässt hoffen, dass die positive Entwicklung des Vereins in den kommenden Jahren so weitergeht. Das verbesserte Image zeigt sich auf allen Ebenen – nur leider scheint das bei der Stadt noch nicht angekommen zu sein. Die vermutlich stockende Erweiterung des Geißbockheim-Geländes ist der einzige Wermutstropfen einer starken Anfangsphase der neuen Saison.

Mehr aus Meinung

.