Das Spiel war entschieden und lag in seinen letzten Zügen. Karsten Heine stand etwas verloren am Spielfeldrand, die Arme verschränkt. Vielleicht dachte er gerade an den größten Moment seiner Trainerkarriere. Damals, vor fast dreißig Jahren, als er mit der Zweitvertretung der Berliner Hertha im Endspiel um den DFB-Pokal gestanden hatte. Sie hatten dem Bundesligisten aus Leverkusen einen Riesenkampf geliefert und erst durch ein spätes Tor von Ulf Kirsten vor fast 70 000 Zuschauer mit 0:1 verloren.
Heute waren es mal gerade 300 Fans, die das Spiel im Stadion verfolgen konnten. Heines Blick ging über die fast menschenleere Ostseite hin zur Anzeigetafel. Die aufleuchtenden Ziffern zeigten, dass die Niederlage diesmal klarer war als im Endspiel von 1993. Sechs Stück hatten sie sich eingefangen und kein eigenes erzielt.
Trotz 0:6 – Altglienicke war nicht chancenlos
Chancen hatte es gegeben. Es hatte noch 0:0 gestanden, als Breitkreuz abzog und der Ball das Tornetz touchierte. Später war Cigerci alleine auf Timo Horn zugelaufen, der den Ball noch so gerade neben das Tor abfälschen konnte. In der Schlussviertelstunde hatte Manskes Schuss die Latte getroffen und das Gebälk erzittern lassen. Ins Tor trafen sie nicht. Trotzdem war er stolz auf seine Truppe, er nickte wie zur Bestätigung, sie hatten toll gekämpft und mutig nach vorne gespielt.
Dr. Martin Thomsen pfiff das Spiel ab und riss Heine damit wohl aus seinen Betrachtungen heraus. Der Gästetrainer drehte sich um, ging auf Markus Gisdol zu und gratulierte ihm zum Sieg. Der Kölner Trainer lächelte zufrieden. Er dachte vielleicht daran, dass der Sieg mit 6:0 deutlich ausgefallen war, vielleicht deutlicher als es das Spiel hergab. Modestes Kniebeschwerden ließen einen Einsatz nicht zu, Cordoba spielte nicht, Kainz und Jakobs waren verletzt. Die Mittelfeldspieler hatten es an diesem Nachmittag für den FC richten müssen, erzielten fünf der sechs Treffer. Und über torgefährliche Mittelfeldspieler freut sich jeder Trainer.
Zwei Tore nach ruhenden Bällen
Vielleicht lächelte er auch, weil er an die beiden Standardtore nach Eckbällen dachte. Auch ohne Florian Kainz und Mark Uth konnten ruhende Bälle vor dem gegnerischen Tor für Gefahr sorgen. Das gefiel ihm. Auch dass Timo Horn wieder ohne Gegentor geblieben war. Das Lächeln mutierte zu einem leichten Grinsen, als er an die Szene zu Beginn dachte, als der Kölner Keeper nach einem Rückpass für Gefahr im eigenen Strafraum gesorgt hatte.
Markus Gisdol blinzelte in die Sonne und wandte sich seinen Spielern zu. Dem ein oder anderen ließ er einen leichten Schulterklopfer zuteil werden, mal anerkennend wie bei Kapitän Jonas Hector, der ein gutes Spiel gemacht hatte, mal aufmunternd wie bei Jan Thielmann, der viel Betrieb gemacht hatte, dem dabei jedoch nur wenig gelungen war. Schließlich nahm er Jhon Cordoba in den Arm und herzte ihn. Ein Hauch von Abschied lag über Müngersdorf. Time to say goodbye.
Die Stimmen zum Spiel
Jonas Hector dachte zunächst an die Zuschauer, die sich zum ersten Mal wieder im Stadion eingefunden hatten: “Dass Zuschauer wieder da waren, hat uns riesig gefreut. Wir hoffen auf immer mehr. Sie haben uns nach der Corona-Pause extrem gefehlt. Zum Spiel: Wir haben schon ein bisschen gebraucht, um reinzukommen. Mit dem Elfmeter kamen wir immer besser ins Spiel, im Endeffekt war es ein nie gefährdeter Erstrundensieg.”
Markus Gisdol zollte zunächst dem Gegner Respekt: “Das war eine sehr gute Leistung von Altglienicke. Man hat gemerkt, dass sie im Rhythmus sind und wir nicht. Es hat eine Zeit gedauert, bis wir richtig im Spiel waren. Dann wurde es besser. Mir hat gefallen, dass wir immer seriös geblieben sind. Und deshalb bin ich froh, weil auch der ein oder andere Spieler eine ungewohnte Position ausfüllen musste, aufgrund der Personalsituation. Von daher bin ich zufrieden.“
“Eines muss aber auch jedem klar sein: Das Pokalspiel gibt keinerlei Aufschlüsse auf die neue Saison.”
Horst Heldt sagte schließlich: “Es ging heute darum, in die nächste Runde zu kommen. Altglienicke ist ein ambitionierter Viertligist, das hat man am Anfang gesehen. Wir haben letztendlich deutlich gewonnen, kein Tor zugelassen. Das ist gut. Eines muss aber auch jedem klar sein: Das Pokalspiel gibt keinerlei Aufschlüsse auf die neue Saison.”
Welchen Einfluss haben Transfers auf das Spiel gegen Hoffenheim?
Diese neue Saison beginnt am nächsten Samstag mit einem Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim. Ein gestandener Erstligist, der an den Rhein reist, um zu gewinnen. Es wird ein völlig anderes Spiel werden als gegen Altglienicke. Und die Vorbereitung der Kölner auf diese Partie wird gewiss nicht unberührt bleiben von den bevorstehenden Schritten auf dem Transfermarkt.
Es scheint klar, dass Cordoba geht. Zur Hertha? Und kommt Ondrej Duda als Teil der Transferentschädigung für den Kolumbianer? Wer wird der Ersatz für Cordoba sein? Der Bochumer Silvère Ganvoula? Sebastian Andersson von Union Berlin? Oder Mister Unbekannt? Reagiert man auf die Verletzung von Benno Schmitz? Fragen über Fragen.
Neue Stürmer braucht der FC, soviel scheint klar. Ohne Modeste, Cordoba, Kainz und Jakobs sieht es vorne mau aus. Und gegen die Kraichgauer werden es die Mittelfeldspieler nicht alleine richten können. Vor wie vielen Zuschauern? 3.000? 5.000? Oder gar 10.000? Man wird sehen, wie auch bei so manch anderem Thema rund um den 1. FC Köln. On verra. Veremos. You just wait and see.