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Vorspiel

1. FC Köln zu Gast bei Union Berlin: Dem eisernen Kryptonit widerstehen

Im Abstiegskampf braucht der 1. FC Köln dringend jeden Punkt, doch die „Geißböcke“ sind nach dem Derbysieg aus dem Tritt geraten. Da hilft es wenig, dass gerade jetzt mit dem 1. FC Union Berlin ein Angstgegner auf dem Programm steht.

vorne v.li., Robert Andrich Union Berlin, Salih Özcan 1.FC Koeln, Sebastian Andersson 1.FC Koeln, Rafael Czichos 1.FC Koeln, Robin Knoche Union Berlin, Cedric Teuchert Union Berlin 22.11.2020, Fussball GER, Saison 2020 2021, 1. Bundesliga, 8. Spieltag, 1. FC Köln - 1. FC Union Berlin 1:2, ***DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video.*** EDITORIAL USE ONLY Koeln Nordrhein Westfalen Deutschland *** front left , Robert Andrich Union Berlin , Salih Özcan 1 FC Koeln , Sebastian Andersson 1 FC Koeln , Rafael Czichos 1 FC Koeln , Robin Knoche Union Berlin , Cedric Teuchert Union Berlin 22 11 2020, Fussball GER, Saison 2020 2021, 1 Bundesliga, 8 Matchday, 1 FC Köln 1 FC Union Berlin 1 2, DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and or quasi video EDITORIAL USE ONLY Koeln Nordrhein Westfalen Germany Team2
Foto: imago images / Team 2

Das Leben im Abstiegskampf: Es ist kein einfaches. Auf einen vermeintlichen Befreiungsschlag folgen Wochen der Ernüchterungen. Einen Schritt vor, zwei zurück. Nur aus eigener Kraft den Verbleib in der Bundesliga schaffen? Ein Traum, den die Realität jeden Spieltag aufs Neue auf die Probe stellt. Der Blick auf die Konkurrenz? Viel grüner ist das Gras auch auf der anderen Seite nicht. Aber wie bemitleidenswert kann das Dasein noch werden, wenn unter der Woche glatt Werder Bremen aus tabellarischen Gründen die Daumen gedrückt werden muss? Es ist ein Jammer, dieses Leben im Abstiegskampf.

Den 1. FC Köln führt dieses Leben am fußballerischen Existenzminimum am kommenden Wochenende in die Hauptstadt. Also nicht zum Bonner SC, sondern tatsächlich nach Berlin. Das Gastspiel beim 1. FC Union steht auf dem Programm, auswärts an der Alten Försterei ist eigentlich immer ein Erlebnis – für die Fans wohlgemerkt. Denn die Aufeinandertreffen mit den Köpenickern, in dieser Saison sensationell stark unterwegs, haben sich in der jüngsten Vergangenheit zum Albtraum für die „Geißböcke“ entwickelt. Unter dem Schweizer Coach Urs Fischer hat Union noch kein Spiel gegen den 1. FC Köln verloren – seit dem gemeinsamen Aufstieg konnten die Berliner sogar alle drei Bundesliga-Partien für sich entscheiden. Eisernes Kryptonit quasi, für die Supermänner in rut-wieß praktisch nicht zu bezwingen.

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Weiterentwicklung dank seriöser Arbeit solider Fachleute

Keine guten Vorzeichen also für das Gisdol-Team, das seit dem überraschenden Erfolg im Derby bei Borussia Mönchengladbach nur einen einzigen Zähler einfahren konnte. Dass es gerade an der Alten Försterei wenig Spaß macht, gegen die Berliner um den schillernden Spielmacher Max Kruse antreten zu müssen, davon können jedoch auch andere Mannschaften ein Lied singen. Der FC Bayern ließ in Köpenick ebenso Federn wie Borussia Dortmund, der VfL Wolfsburg oder andere Spitzenclubs. Kaum verwunderlich, dass die „Eisernen“ im Gegensatz zu den Kölnern schon jetzt mit einem weiteren Jahr in der Bundesliga planen können und sogar noch vom Einzug in den Europapokal träumen dürfen.

Das ist die Konsequenz der seriösen Arbeit solider Fachleute, die an der Alten Försterei geleistet wird. Mit großer taktischen Disziplin, der nötigen physischen Präsenz und Qualitäten in der Luft sowie beim ruhenden Ball hat sich der 1. FC Union Berlin unter Urs Fischer zu einem der unangenehmsten Gegner entwickelt, die in der Bundesliga anzufinden sind. Mit cleveren Verstärkungen wie Kruse, aber auch Sebastian Griesbeck oder Robin Knoche haben die „Eisernen“ 2020/21 den nächsten Schritt machen können – auf und neben dem Platz, wo Sportchef Oliver Ruhnert die Evolution der Köpenicker zu einer festen Größe in der Beletage des deutschen Fußballs mit klugen Entscheidungen statt kostspieliger Experimente vorantreibt.

Gisdol: „Es wird ein anderes Spiel als gegen Bremen“

Davon ist der 1. FC Köln weit entfernt, was auch der Abstand zum 1. FC Union Berlin in der Tabelle bezeugen kann. Dennoch: Um die Durststrecke nach dem Derbysieg zu beenden, müssen es die „Geißböcke“ schaffen, gegen die aggressiv agierenden Hauptstädter spielerische Lösungen zu finden. Im Heimspiel gegen Werder Bremen machte der FC dabei auch dank veränderter taktischer Ausrichtung einen Schritt nach vorne, zeigte mit Startelf-Debütant Max Meyer insbesondere im Passspiel aufsteigende Tendenz. An der Alten Försterei wird das Team von Coach Markus Gisdol allerdings auf einen grundverschieden agierenden Gegner treffen. „Es wird ein anderes Spiel als gegen Bremen“, warnt der Trainer deshalb eindringlich. „Bremen hat uns aber viel Platz gegeben und war relativ passiv. Union wird anders auftreten und uns deshalb andere Dinge abverlangen. Sie sind aktiver im Spiel gegen den Ball und üben mehr Druck auf den Gegner aus. Darauf müssen wir uns einstellen.“

Foto: imago images / Revierfoto

Einstellen muss sich der FC vor allem auf die großen Qualitäten der „Eisernen“, die trotz aller spielerischer Weiterentwicklung offensiv vor allem auf Standardsituationen setzen. „Union ist für mich nach wie vor eine der körperlich stärksten und robustesten Mannschaften der Liga. Sie sind zweikampfstark und in der Luft unglaublich gut“, lobte Gisdol den kommenden Gegner auf der abschließenden Pressekonferenz vor dem Aufeinandertreffen an der Alten Försterei. Und fürwahr: Insbesondere in der Luft ist Union Berlin torgefährlich – nur der FC Bayern erzielte 2020/21 mehr Kopfballtore als die Köpenicker, die auch nach ruhendem Ball die zweitstärkste Mannschaft der Liga sind (nur Mönchengladbach erzielte bisher mehr Standardtore).

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Taktische Wechselspiele auf beiden Seiten

Das Problem: Die „Geißböcke“ ließen bereits 15 Gegentreffer nach Standards zu, nur zwei Teams in der Bundesliga sind schlechter. Allein in den vergangenen vier Partien musste FC-Keeper Timo Horn fünf Mal nach einem Kopfball hinter sich greifen. Die Zahlen liegen auf der Hand, doch wie sich beide Kontrahenten am Samstag begegnen wollen, scheint noch völlig offen zu sein. Der FC kehrte zum Heimspiel gegen Bremen zur Viererkette zurück, die zwar spielerische Fortschritte, aber nicht den erhofften Erfolg brachte. Ob dieses Experiment, das in dieser Saison in zehn Spielen noch keinen Sieg nach sich zog, auch an der Alten Försterei fortgesetzt wird? Das ließ Coach Markus Gisdol ebenso offen wie eine mögliche Startelf-Rückkehr von Rafael Czichos, der zuletzt gegen Werder gelb-gesperrt fehlte und von Jannes Horn ordentlich vertreten wurde.

„Es ist es noch nicht ganz klar, was uns erwartet. Die Grundordnung des Gegners ist eine offene Frage.“

„Jannes Horn es gut gemacht. Rafael war bislang aber auch ein sehr zuverlässiger Spieler bei uns. Mehr möchte ich dazu noch nicht sagen“, gab sich der FC-Trainer ungewohnt schmallippig. Doch auch beim Gastgeber ist die taktische Ausrichtung offen. Union, für gewöhnlich wie der FC mit Dreierreihe in der Defensive unterwegs, stellte am vergangenen Wochenende beim 0:0 in Bielefeld ebenfalls auf ein System mit Viererkette um. „Was die taktische Herangehensweise angeht, ist es noch nicht ganz klar, was uns erwartet. Die Grundordnung des Gegners ist eine offene Frage“, sieht auch Gisdol noch Fragezeichen bei der Herangehensweise der „Eisernen“, die sich durch das taktische Wechselspiel mehr offensive Durchschlagskraft erhofften. Vergeblich, denn in Bielefeld blieb Union ohne eigenen Treffer – nur sieben Tore in den vergangenen neun Partien sprechen eine klare Sprache.

Kein spielerischer Leckerbissen, sondern „ein hartes Stück Arbeit“

Die Köpenicker sind jedoch nicht das einzige Team in diesem Duell, das Ladehemmung hat. Der FC hat in dieser Saison lediglich 22 Tore erzielt (Platz 16) und überhaupt nur 226 Torschüsse abgegeben (ebenfalls Platz 16). Auf der anderen Seite kann Union auf seine Abwehrarbeit vertrauen: Die „Eisernen“ stellen mit nur 26 Gegentoren die drittbeste Defensive der Liga und gewann prozentual die meisten Defensivzweikämpfe aller 18 Teams. Trotz dieser hervorragenden Werte ist der Respekt vor den „Geißböcken“ in der Hauptstadt groß: „Der 1. FC Köln ist sehr gut organisiert und zeichnet sich durch seine gute Arbeit gegen den Ball aus. Sie sind konsequent in den Zweikämpfen und lassen nicht viele Räume. Es erwartet uns ein hartes Stück Arbeit“, erklärte Unions Coach Urs Fischer vor der Partie.

Ein hartes Stück Arbeit – das erwartet allerdings auch den FC, der in dieser Saison jedoch vor allem auswärts überzeugen konnte. 15 ihrer 22 Punkte holten die „Geißböcke“ auf fremden Geläuf, bei keinem anderen Bundesligisten ist der Anteil der Auswärtszähler so hoch wie beim Gisdol-Team (68 Prozent). Schon in Dortmund oder beim letzten Sieg im Derby konnten die Kölner außerhalb der Domstadt positiv überraschen. Sollte das auch an der Alten Försterei gelingen, dann wäre die Geschichte vom eisernen Kryptonit wohl endgültig Geschichte. Und das Leben im Abstiegskampf für alle Beteiligten rund um den FC etwas angenehmer. Niemand sollte Werder Bremen zum Wohle des glorreichen 1. FC Köln die Daumen drücken müssen.

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