Der 1. FC Köln bleibt zuhause weiter in der Erfolgsspur: Gegen die SpVgg Greuther Fürth drehen die “Geißböcke” einen Pausenrückstand und besiegen den Aufsteiger dank einer fulminanten zweiten Hälfte mit 3:1 (0:1). Sebastian Andersson (50.) sowie ein Doppelpack von Ellyes Skhiri (55., 90.) brachte dem FC den dritten Heimsieg im vierten Spiel vor eigenem Publikum. Es war der Lohn für eine grundsätzlich angriffslustige Ausrichtung der Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart, der nach dem Seitenwechsel kleinere taktische Anpassungen vornahm, die sich deutlich bemerkbar machten. Das verdiente 0:1 der Gäste durch Marco Meyerhöfer (7.) konnten die Kölner schnell vergessen gemacht.
Bereits auf der Pressekonferenz einen Tag vor dem Spiel legte sich Steffen Baumgart auf eine Doppelspitze aus Anthony Modeste und Sebastian Andersson fest. Doch er machte zeitgleich auch klar, dass er mit Ondrej Dudas Formkurve sehr zufrieden sei und den Slowaken ungern aus dem Team nehmen würde. Zusätzlich hätte er aber auch Mark Uth gerne auf dem Platz. Und so begann spätestens mit der Pressekonferenz das Rätseln um die offensive Besetzung für das Freitagsspiel. „Es muss ja dann immer einer weichen“, lautete eine der lauten Überlegungen des Trainers auf der PK, doch beim Blick auf die Aufstellungen zeigte sich, dass das nicht für das Fürth-Spiel galt: Sowohl das Sturmduo Modeste-Andersson als auch Zehner Ondrej Duda behielten ihren Startelf-Platz.
Problemstellung: Fürther Pressing-Netz
Mark Uth durfte aber ebenfalls beginnen und die linke Halb-Position in der zentralen Mittelfeldraute einnehmen, ebenso wie der nicht weniger offensiv denkende Florian Kainz auf der halbrechten Seite – gleich fünf Offensive wurden damit gegen das Schlusslicht aufs Feld geschickt. In der Mittelfeldraute orientierten sich Kainz und Uth im eigenen Aufbau sehr zentral. Und weil Fürth kaum ein Interesse an eigenem Ballbesitz hatte, kam dieses Aufbauspiel ziemlich häufig vor. Genau darauf war der Plan der Fürther dann entsprechend auch eingestellt. Gegen das zentrale Positionsspiel der Kölner hatte sich Stefan Leitl eine interessante Idee einfallen lassen: Nach einem Pass in die Mitte als Auslöser verdichteten die Fürther das Zentrum in einem bestimmten Muster.
Im Aufbau standen so Jorge Meré und Rafael Czichos außen am Strafraumeck, um den eröffnenden Ball von Timo Horn in Empfang zu nehmen. Dabei bekamen sie zunächst den eingezeichneten Passweg nach außen angeboten. Dort fehlte in Halbzeit Eins jedoch immer wieder ein Angebot, sodass Benno Schmitz und Jonas Hector immer wieder nur ein Notfall-Ball nach vorne blieb. Weil die drei Fürther hinter den beiden Spitzen ebenfalls nach vorne schoben, um die hohen Ballgewinne zu erzielen, wurde Ellyes Skhiri im Aufbau lange aus dem Spiel genommen. Im dunkelgrün eingefärbten Bereich bekam er keinen Raum zum Aufdrehen und konnte daher nur wenig beim Aufbau helfen. In der Folge spielte der FC immer wieder schnell in den Bereich am Mittelkreis auf Kainz, Uth und den entgegenkommenden Duda. Das war für das Fürther „Netz“ der Auslöser mit beiden Außenketten sofort in die Mitte zu drücken. Köln hatte auf den Flügeln ohnehin nur selten mehr als einen Spieler positioniert, sodass der Raum im Mittelfeldzentrum ruckartig besetzt werden konnte. Wurde der Ball dann doch nach außen gegeben, machten die Außen-Trios die Breite gleich wieder so zu, dass dem Spieler am Ball nur die Flanke blieb.
Das Gegenmittel führt zum 1:1
Um dieses in die Mitte leitende Pressing zu überwinden, bedurfte es eine winzige Änderung in der Raute: Anstatt den aufrückenden Außenverteidigern die Seite „freizuschaffen“, indem sich Kainz und Uth in die Mitte stellten, überlud gerade der Österreicher beginnend nach 36 Minuten immer öfter den Flügel. Dadurch, dass Kainz seinen Hintermann Schmitz auf dem Flügel unterstütze, eröffneten sich zum einen mehr Räume und Passwinkel für die Stürmer, die bis dahin mit vier (Modeste) und 14 (Andersson) Kontakten noch ziemlich in der Luft hingen.
Zum anderen wurde das Flügelspiel dadurch aber deutlich gefährlicher. Genau dadurch entstand dann auch das 1:1 kurz nach Wiederanpfiff: Kainz bot Schmitz an der Auslinie eine Unterstützung, sodass der Rechtsverteidiger nicht mehr gegen drei äußere Akteure von Fürth alleine war. Mit einem Pass hinter die Abwehr löste es der Österreicher dann gleich perfekt, indem er mit einem Beinschuss-Pass Schmitz für den Assist an der Grundlinie freispielte. Nach dem 2:1 durch eine Ecke konnte der FC weiter von dieser Mini-Veränderung profitieren, denn durch das breitere Spiel konnte der Ball immer länger gehalten werden. Am Ende steht mit 67 Prozent ein sehr starker Ballbesitz-Wert auf Seiten der “Geißböcke”, die die Fürther nach dem Seitenwechsel trotz Führung kaum zurück ins Spiel finden ließen.
Defensive Baustelle
Durch die offensive Besetzung der Raute wurde eine defensive Baustelle besonders offensichtlich: Was Dejan Ljubicic als Spieler mit den ligaweit meisten intensiven Läufen noch häufiger kaschieren kann, wurde vor dem Rückstand besonders gut sichtbar: Die zentrale Raute kann durch Verlagerungen leicht ausgespielt werden. Sinnbildlich dafür steht das 1:0 der Aufsteiger. Jetro Willems gibt einen Einwurf die Linie herunter und dorthin zieht es neben den beiden Innenverteidigern Meré und Czichos auch Kainz und Skhiri. Weil auch Kapitän und Linksverteidiger Hector weit nach rechts schiebt, entblößt der FC in dieser Situation seine gesamte linke Seite.
Genau das ist auch eine drohende Gefahr aus dem Spiel heraus: Die Mittelfeldraute rückt in Pressing-Situationen häufig dicht aneinander, sodass die ballferne Seite sehr stark geöffnet wird. Gelingt dem Spieler am Ball die befreiende Verlagerung, ist schnell eine gesamte Seite der “Geißböcke” offen. Insgesamt jedoch belohnte sich der FC mit der veränderten Herangehensweise gegen das hohe Fürther Anlaufen zum Ausgleich und damit zur Kehrtwende, der Mannschaft wird ein solches Erfolgserlebnis nach Rückstand weiteren Auftrieb verleihen. Dennoch wurden gerade in der ersten Hälfte auch Schwächen and der zentralen Positionierung aufgezeigt, an denen in der kommenden Länderspielpause gearbeitet werden kann.