Da ist auch ein schwacher Trost, dass sich die Konkurrenz im Aufstiegsrennen kaum besser anstellt: Union Berlin zog durch einen Last-Minute-Erfolg in Duisburg zwar am effzeh vorbei, doch musste um diesen Sieg beim Abstiegskandidaten mehr zittern, als den „Eisernen“ lieb war. Der Hamburger SV an der Tabellenspitze teilte sich die Punkte mit starken Heidenheimern, der FC St. Pauli musste gegen Erzgebirge Aue die nächste Niederlage einstecken und Holstein Kiel sicherte sich in der Nachspielzeit einen Punkt gegen Fürth.
Der Gegenwind für Anfang wird größer
Wie eng es im Aufstiegsrennen der 2. Bundesliga zugeht, zeigte am Samstag ein Blick auf die Livetabelle: Rutschten die „Geißböcke“ zwischenzeitlich auf Platz fünf ab, ging es innerhalb weniger Minuten wieder zurück auf den zweiten Rang. Am Ende rangiert die „beste Mannschaft der Liga“ (so hieß es zumindest kürzlich) nach Spieltag 22 auf einem schmeichelhaften dritten Platz. Eine Momentaufnahme, die niemanden am Geißbockheim zufriedenstellt.
Die Auftritte in den letzten Wochen haben den Druck deutlich erhöht, extern wird der Gegenwind für Markus Anfang genauso größer wie der Ton intern rauher. Das liegt auch am Auftreten des 44-jährigen Trainers, der in Köln noch nicht richtig angekommen zu sein scheint. Die Herzen der Fans hat der gebürtige Kölner derzeit genauso wenig für sich gewinnen können wie offensichtlich die Köpfe der schwer emotionalisierbaren Mannschaft.
Foto: Thomas Starke/Bongarts/Getty Images
So sollen seine teils gewöhnungsbedürftige Ansprache bei den Spielern für das ein oder andere Kopfschütteln gesorgt haben, seine ständigen Ausbrüchen an der Seitenlinie machen es nicht nur dem 4. Offiziellen schwer. Die Zweifel an Anfangs Eignung für die schwierige Aufgabe beim 1. FC Köln mehren sich – die Befürchtungen, der Bundesliga-Absteiger könnte eine Nummer zu groß sein, werden immer lauter vorgetragen.
Gegen Dresden schon einmal dem Druck getrotzt
Daran haben auch Vehs Aussagen ihren Anteil – ganz nonchalant kritisierte der einstige Trainer eine Entscheidung seines Untergebenen. „Wenn ich ein Spiel so lange im Griff habe, dann einen Wechsel vornehme und das in der Form in die Hose geht – das darf einfach nicht sein“, schoss der FC-Sportgeschäftsführer den ersten öffentlichen Giftpfeil in Richtung Anfang, der vor den Gegentreffern den akut gelb-rot gefährdeten Czichos vom Feld genommen hatte.
Jetzt haben wir die Chance, in einer englischen Woche in kurzer Zeit viele Punkte zu holen.
Ein Tausch, der sich nicht auszahlte – wie auch Veh befand, der seit Anfang Dezember 2017 die Fäden bei den „Geißböcken“ in der Hand hält, die sich mehr als nur anbahnenden Anfang-Verpflichtung allerdings lediglich abnickte. Der effzeh-Coach derweil versucht die verständliche Unruhe im Umfeld nicht an sich heranzulassen: „Wir werden jetzt nicht in Aktionismus verfallen“, verkündet Anfang und legt den Fokus auf die kommenden Aufgaben: „Jetzt haben wir die Chance, in einer englischen Woche in kurzer Zeit viele Punkte zu holen. Darauf muss jetzt unser Fokus liegen.“
Dass Anfang aber nicht nur ein beratungsresistenter Konzepttrainer, der starr an seinen Vorstellungen festhalten will oder gar ein taktisches „One-Trick-Pony“ ist, zeigte die Entwicklung in der Hinrunde. Nach zahlreichen schwachen Auftritten mit dem traurigen Tiefpunkt in Hamburg, als eine blutleere Vorstellung für den Verlust der Tabellenführung sorgte, rückte der effzeh-Coach von seiner Vorstellung einer Formation mit einer Viererkette und lediglich einem Stürmer ab.
Viel Spielraum für Ausrutscher gibt es nicht mehr
Eine gelungene Anpassung, wie die darauf folgenden Wochen zeigten. Ein 8:1 gegen Dresden sollte die fulminante Trendwende darstellen: Mit dem formstarken Angriffsduo Cordoba/Terodde mischten die „Geißböcke“ die Liga auf und schossen fünf souveräne Siege in Folge heraus. Auftritte, die Hoffnung auf dauerhafte Besserung machten. Doch den Versprechungen ließ die Mannschaft einmal mehr wenig Taten folgen – was auch an taktischen Maßnahmen des Trainers lag.
Das Experiment mit zwei extrem offensiven Außen scheiterte spätestens in Paderborn krachend, Nationalspieler Jonas Hector wirkt im Zentrum weiterhin nicht als spielstabilisierender Faktor und die Dreierkette wackeln infolge des riskanten Spielaufbaus vom Torwart weg immer mehr. Nun muss allerdings in den kommenden Wochen geliefert werden: Viel Spielraum für Ausrutscher hat die Mannschaft im Rennen um den Aufstieg nicht mehr, in den Medien werden bereits die Wochen der Wahrheit für den Trainer ausgerufen.
Angesichts Vehs klarer Worte nach der Paderborn-Pleite keine abwegige Interpretation – die Duelle gegen Sandhausen, in Aue und in Ingolstadt dürften definitiv über die kurzfristige Zukunft des effzeh-Coaches entscheiden.