Ein Schritt nach vorne für den 1. FC Köln: Nach mehreren Wochen ohne Sieg bezwang die Mannschaft des neuen Trainers Markus Gisdol die ambitionierten Nachbarn aus Leverkusen mit 2:0. Nach einer ausgeglichenen ersten Hälfte, in der sich der FC auf Augenhöhe präsentierte, kippte das Spiel nach etwa einer Stunde in Richtung der „Geißböcke”, denen es somit endlich wieder einmal gelang, das Spielglück auf ihre Seite zu ziehen. Jhon Cordoba nach einem Ballgewinn und Sebastiaan Bornauw nach einer Standardsituation waren die Torschützen für den zweiten Heimsieg in dieser Saison.
Gleichzeitig war es das zweite Mal, dass der FC seit dem Wiederaufstieg kein Gegentor kassierte. Im vierten Spiel unter der Leitung von Gisdol griffen die Veränderungen des Trainers dergestalt, dass am Ende ein Sieg heraussprang – der Fußballlehrer scheint mittlerweile Grundordnung und Personal besser einschätzen zu können. Davon zeugte auch die Startaufstellung: Mit Ismail Jakobs, Noah Katterbach und Debütant Jan Thielmann standen drei Spieler aus dem eigenen Nachwuchs auf dem Feld.
Deutliche Steigerung in Sachen Siegeswille
Ellyes Skhiri (lediglich im Kader), Jonas Hector und Rafael Czichos (beide gesperrt) kehrten zudem in die Mannschaft zurück, beim 0:2 in Berlin hatte das Trio nicht gespielt. Gisdol verzichtete auf einer Fünferkette, sondern setzte auf Geschwindigkeit auf den Außenbahnen und Laufstärke beziehungsweise Präsenz in der Zentrale. Die Leverkusener, die ihrerseits zu den Mannschaften in der Bundesliga gehören, die normalerweise viele Offensivaktionen kreieren, blieben an diesem Tag weit unter ihren Möglichkeiten. Zurecht oft gelobte Akteure wie Aranguiz, Amiri, Havertz oder Volland konnten das Spiel nicht wie gewohnt beeinflussen.
Ob es, wie in unserem Vorspiel thematisiert, ausschließlich an der psychologischen Komponente lag und die Werkself den Gegner unterschätzte, lässt sich nicht abschließend klären – fest steht aber auch, dass beim 1. FC Köln in Sachen Engagement, Entscheidungsfindung und Siegeswille eine deutliche Steigerung zu verzeichnen war. Mit einem laufstarken Mittelfeld bestehend aus Hector, Drexler und Skhiri konnten die Kölner immer wieder diejenigen Lücken schließen, die Havertz und Co. normalerweise ausnutzen.
Ein herausragendes Duo im Zentrum
Im Defensivzentrum blieben Bornauw (der Belgier entwickelt sich zu einem Leistungsträger) und Czichos weitgehend fehlerlos, beide klärten die brenzligsten Situationen verlässlich. Im ersten Durchgang wurde es sogar nur einmal richtig gefährlich, als ein gut gespielter langer Ball aus der Leverkusener Defensive fast Moussa Diaby eine große Torchance ermöglicht hätte. – der Franzose konnte den Ball aber nicht kontrollieren.
“Unser Kapitän hat heute eine Leistung gebracht, die war Nationalmannschaftsniveau.”
Das herausragendste Duo war an diesem Tag aber ein anderes: Jonas Hector und Ellyes Skhiri legten beide mehr als 12 Kilometer an Laufleistung hin, führten mehr als 20 Zweikämpfe und hatten jeweils 56 Ballkontakte. Die Spieldynamik gab wenig überraschend her, dass Leverkusen den Ballbesitz weitgehend monopolisierte und die Kölner versuchten, den Rhythmus zu brechen und ihrerseits über Umschaltaktionen nach vorne zu kommen. Hier zeigte sich, dass das Kölner Mittelfeldzentrum an diesem Tag entscheidend dafür war, Leverkusens Stärken zu vermeiden.
Über das Tempo auf der Außenbahn nach vorne
Dominick Drexler, ein wenig offensiver unterwegs als Skhiri und Hector, war ebenfalls sehr fleißig in der Abwehrarbeit – nach 33 Minuten servierte er den einen key pass für Thielmann, der aber verzog. Mit dem 17-jährigen Flügelspieler lässt sich dann auch das nächste Schlüsselelement des Kölner Spiels an diesem Tag erklären: Katterbach und Jakobs auf links sowie Ehizibue und Thielmann auf rechts brachten die Geschwindigkeit ein, die es brauchte, um die Läufe in die Tiefe zu machen und Umschaltsituationen zu ermöglichen.
Nach fünf Minuten spielte Katterbach einen solchen tiefen Ball auf Jakobs, dessen Abschluss allerdings ein wenig überhastet wirkte – in der Mitte war Drexler mitgelaufen. Auch danach schafften es die Kölner immer wieder, über die Außenbahn Gefahr zu schaffen: Im Vergleich zu den bisherigen Spielen der Saison aber weniger mit Flanken aus dem Halbfeld, sondern eher mit Rückgaben von der Grundlinie. Hector (26.) und Thielmann (33.) vergaben zwei auf diese Weise herausgespielte Gelegenheiten.
Dass der FC nicht noch mehr aus den Räumen machte, die Leverkusen anbot, lag am fehlenden Timing zwischen Pass und Laufweg. Thielmann verpasste nach wenigen Minuten im Spiel den Zeitpunkt des richtigen Abspiels auf Modeste, der schon gestartet war. Bei einem Pass von Katterbach, der die Abwehr der Werkself zerschnitt, passte bei den Kölnern Offensivspielern ebenfalls nicht der Übergang, sodass das Tor durch Modeste letztlich aberkannt wurde.
Die Wechsel bringen eine neue Dynamik
Nach dem Seitenwechsel entwickelte Leverkusen dann etwas mehr Zug zum Tor, weil erst Amiri und dann Havertz in Abschlusssituationen kamen – gerade Amiris Chance nach einem simplen Einwurf war vermeidbar. Zehn Minuten waren in der zweiten Hälfte gespielt, als sich beide Trainer bereits dazu entschieden, von der Bank nachzulegen – die Wechsel passierten vergleichsweise früh. Peter Bosz brachte Bailey für Amiri, Markus Gisdol ersetzte Thielmann und Modeste durch Risse und Cordoba.
Danach sollte das Spiel eine etwas andere Dynamik einnehmen, auch weil Marcel Risse mit einer seiner ersten Aktionen Cordoba schickte, der gegen Leverkusens Innenverteidigung um Aleksandar Dragovic deutliche Geschwindigkeitsvorteile aufwies. Der bereits verwarnte Österreicher konnte sich nur mit einem Foul helfen, woraufhin er mit Gelb-Rot vom Platz flog. Der 1. FC Köln war daraufhin in Überzahl, wich aber vorerst nicht von seiner Marschroute ab.
Das Mittelfeldpressing sollte letztlich den Erfolg bringen: Risse fing einen für Diaby gedachten Einwurf ab, drehte nach vorne auf und hatte komischerweise viel Raum. Da Leverkusens Abwehr nach vorne schob, ergab sich durch die Laufwege der Kölner Offensivspieler jede Menge Raum – Risse hat viele Optionen, um einen Spieler einzusetzen. Sein Chipball war nicht ideal gespielt, erledigte aber seinen Zweck zumindest indirekt: Hector kam an den Ball und leitete ihn auf Cordoba weiter, der Kolumbianer traf zur Führung.
Bornauw entscheidet die Partie für den 1. FC Köln
Wenig später flog Bailey vom Platz, die Leverkusener Schlussoffensive blieb aus. Durch ein Retsos-Handspiel bekam der FC dann einen Freistoß aus dem Halbfeld, den Risse hereinbrachte und Bornauw ins Tor verlängerte – das 2:0 entschied die Partie endgültig zu Gunsten des FC. Der erste Sieg seit zwei Monaten war geschafft, die Maßnahmen von Gisdol zahlten sich aus. Es ist nicht selbstverständlich, drei jungen Spielern in einer solchen Phase das Vertrauen zu schenken, die Unbekümmertheit, aber auch die Qualität der Drei sprach jedoch Bände.
“Jeder hat sich voll reingehauen. So eine Leistung müssen wir jede Woche bringen.”
Mit Skhiri setzte Gisdol auf einen Spieler, der der Mannschaft Halt geben kann. Und die Einwechselungen von Cordoba und Risse passten an diesem Tag auch. Dass beim 1. FC Köln jetzt vielleicht ein positives Momentum vorhanden ist, zeigte sich auch daran, dass die hinter dem Tor warmlaufenden Akteure ihre Mitspieler bei Grätschen und Zweikämpfen pushten. Das Binnenklima einer Mannschaft kann man immer auch daran ablesen, wie die Ersatzbank mitgeht. Mit dem Rückenwind des überraschenden Sieges geht es nun in die beiden letzten Spiele des Jahres gegen Frankfurt und Bremen – wenn es die Mannschaft schafft, die Leistung zu konservieren, könnte auch dort etwas Zählbares herausspringen.