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Analyse

Müngersdorf als neue Festung? Das neue Heim-Gesicht des 1. FC Köln

Auch im dritten Heimspiel schafft es der 1. FC Köln, im eigenen Stadion ungeschlagen zu bleiben. Die Einheit aus Publikum und Spielern entfacht eine Leidenschaft, die selbst den Vizemeister aus Leipzig vor Probleme stellt.

Foto: imago images / Moritz Müller

Ein Spiel, das alle mit offenem Mund dastehen ließ: Nach über 90 intensiven und aufregenden Minuten knöpfte der 1. FC Köln dem Vizemeister aus Leipzig ein 1:1 ab – in der Toppartie des 5. Spieltags, das nicht nur Steffen Baumgart als “geiles Fußballspiel” empfand, begegneten sich beide Kontrahenten mit offenem Visier. Die durchaus verdiente Führung der abermals couragiert auftretenden “Geißböcke” durch Anthony Modeste (53.) konterten die Gäste mit einem Kopfballtreffer von Amadou Haidara (71.), doch der FC blieb stabil und im dritten Heimspiel der Saison abermals ungeschlagen.

Schon nach zwölf Minuten kochte das Stadion in Müngersdorf, das erneut mit 25.000 Fans gefüllt werden durfte. In den ersten zehn Minuten hatte der ungeliebte Gegner aus Leipzig bereits ein Abseits-Tor erzielt und unmittelbar darauf in Person von Christopher Nkunku den Pfosten getroffen. In einer anderen Saison wäre das Grund genug gewesen, den Plan über den Haufen zu werfen und voller Ehrfurcht alle Spieler nach hinten zu ziehen. Nicht so unter Steffen Baumgart: Der FC spielte weiterhin ruhig hinten raus und wurde ebenfalls fast belohnt als Duda den Pfosten in besagter 12. Minute mit einem traumhaften Volley zum Beben brachte.

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Mehr Mut zahlt sich aus

Dieser Mut der “Geißböcke” setzte sich auch im weiteren Verlauf der Partie fort: Betrachtet man am Ende des Spiels die sogenannten realtaktischen Formationen, so erkennt man, dass auf beiden Seiten gleich fünf Spieler durchschnittlich länger in der gegnerischen Hälfte waren als in der eigenen. Gegen einen Champions-League-Teilnehmer wäre das beim FC in einer anderen Saison kaum möglich gewesen. Selbst beim 2:1 im vergangenen Jahr mit großem Druck im Abstiegskampf war Aushilfsstürmer Jonas Hector der einzige Kölner mit diesem Merkmal.

   
Die Realtaktischen Formationen der beiden Spiele gegen Leipzig im April (links, 2:1) und im September (rechts, 1:1) auf whoscored.com

Das insgesamt ausgeglichene Spiel lässt sich auch an anderen Statistiken ablesen: Mit 361 zu 405 Pässen, das entspricht 47:53 Prozent Ballbesitz, waren die beiden Teams über die gesamte Distanz ähnlich aktiv. Betrachtet man jedoch nur die Zeit nach dem Führungstreffer von Modeste in der 53. Minute, kommen die Gäste auf 59 Prozent. Das drückt die Drangphase aber noch nicht deutlich genug aus. Weil sich das Spiel in der Folge immer weiter in Richtung des Kölner Tores verschob, zeigt der Ort der Pässe erst, welches Team insgesamt häufiger in der Offensive war.

Knapp die Hälfte der 405 Leipziger Pässe endeten in deren Offensivdrittel. Mit dem schnellen und sauberen Spiel, kombinierten sich die Leipziger immer wieder in gute Schusspositionen und konnten daher 89 Prozent ihrer Schüsse aus dem Zentrum abgeben. Ein überragender Wert, schließlich ist ein Schuss von dort besonders erfolgsversprechend (zum Vergleich: Beim FC waren es 36 Prozent). Aus den guten Positionen feuerten die Gäste insgesamt 19 Versuche ab, von denen auch neun den Weg Richtung Tor fanden. Doch Timo Horn hatte mit acht Paraden einen starken Tag erwischt, besonders die Glanztat in der Schlussphase gegen Szoboszlai ist dabei herauszustellen.

Alle Spieler ziehen mit

Wie schon im letzten Heimspiel gegen Bochum sollten die Einwechselspieler eine Rolle spielen – dieses Mal jedoch nicht in der Offensive: Jorge Meré wurde bereits nach einer halben Stunde für Rafael Czichos eingewechselt, da dieser mit einer Gelben Karte nah an einem Platzverweis stand. Genau dieses Schicksal hatte den Spanier gegen Bochum ereilt, doch wegen einer ansonsten guten Vorstellung gegen den VfL und in Freiburg war der Bank Platz für Meré etwas überraschend. Für ihn stand diesmal Luca Kilian in der Anfangsformation – die Leihgabe des 1. FSV Mainz 05 feierte damit ihr Startelfdebüt für die “Geißböcke”.

„Er war direkt im Spiel und hat prompt für Stabilität gesorgt. Das hat er sehr gut gemacht. Wir sind glücklich mit der Leistung.“

Doch Meré war direkt nach seiner Einwechslung auf Zack und verdiente sich ein Lob des Trainers. Der spanische Innenverteidiger war vor allem kurz nach dem Ausgleich wichtig, als er einen Nkumku-Schuss sechs Meter vor dem Tor nach links abfälschte und damit ein sicheres Tor verhinderte. „Er war direkt im Spiel und hat prompt für Stabilität gesorgt. Das hat er sehr gut gemacht. Wir sind glücklich mit der Leistung”, betonte Baumgart nach der Partie. Auch Kingsley Ehizibue fügte sich nach seiner Einwechslung hervorragend ein, gewann all seine vier Zweikämpfe und muss für die Rettungs-Grätsche in der 80. Minute ein Sonderlob erhalten.

Der Funke springt über

Erst durch diese Zweikämpfe und die Paraden von Horn konnte es überhaupt zur Riesenchance für Duda kommen, dessen freier Abstauber aus fünf Metern nicht im leeren Tor, sondern in den Armen des Keepers landete. Bei einigen Fans stellte sich trotz Punktgewinn gegen eines der Top-Teams der Liga dadurch nicht direkt mit dem Abpfiff ein gutes Gefühl ein. Und doch hätte diesen Punkt vor der Partie wohl jeder genommen, sodass sich die Mannschaft in ihrer Ehrenrunde von den Zuschauenden feiern lassen durfte. Schon während des Spiels konnte man im Stadion immer wieder spüren, dass das Wechselspiel zwischen Spielern und Fans funktioniert.

Foto: imago images / Picture Point LE

Wurde es im Stadion etwas leiser, dauerte es nicht lange, bis eine leidenschaftliche Defensivaktion das Publikum wieder aktivierte. In Leipzigs Druckphase dagegen konnten die Menschen auf den Rängen ihren Beitrag leisten, indem sie mit Wechselgesängen wieder Mut und Energie auf das Feld gaben. Und so bleibt der 1. FC Köln auch im dritten Spiel zuhause ungeschlagen, was die begeisterten Fans gleich wieder zum Träumen anregte. Und wer weiß, ob die ein oder andere VAR-Situation in einem leeren Stadion nicht auch anders ausgefallen wäre. Abseits dieser Spekulation merkt man jedoch an der Stimmung im Stadion und der gesamten Stadt, dass der 1. FC Köln die Menschen begeistert. Ein so mutiges Auftreten gegen Leipzig ist gleichzeitig Ursache und Ergebnis dessen.

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