So schlug sich die Gisdol-Elf gegen den Champions-League-Viertelfinalisten zwar recht wacker, aber am Ende trotz großer Qualitäten auf der anderen Seite letztlich auch irgendwie selbst. Die viel beschworene defensive Ordnung – sie ist dem 1. FC Köln im Anschluss an die Corona-Pause abhanden gekommen. Elf Gegentore in vier Spielen sprechen eine deutliche Sprache. Auch die Art und Weise, wie diese fallen, zeugen von einem Problem. Individuelle Fehler wie Leistners Grätsche vor dem 1:2, dem ein schwaches Zweikampfverhalten von Florian Kainz vorausging, kann eine Mannschaft auf FC-Niveau ebenso wenig kompensieren wie gruppentaktische Aussetzer wie beim 1:3, als Werner im Anschluss an einen eigenen Freistoß komplett alleingelassen wurde.
Als „Ärgernis, das einen begleitet“, beschrieb FC-Sportchef Horst Heldt die Flut an vermeidbaren Gegentoren. Und hat damit keinesfalls Unrecht: Schon in den vorherigen drei Spielen hatten sich die „Geißböcke“ das Leben zu großen Teilen selbst schwer gemacht. Es sei exemplarisch an den Mainzer Ausgleich durch Kunde erinnert, der unbehelligt durch die halbe Kölner Defensive spazieren durfte. Um wieder erfolgreich Fußball zu spielen, muss der FC diese individuellen und gruppentaktischen Probleme dringend abstellen. Das gilt allerdings auch für eine systemische Ursache: Es braucht einen Plan, wie die Gisdol-Elf ihr Spiel aus der eigenen Defensive vernünftig aufziehen möchte.
Es läuft nicht beim 1. FC Köln
Ein schwieriger Weg für den Aufsteiger, der sich offenbar mit mehr Verantwortung für das Gesamtgeschehen auf dem Platz schwer tut. Vom Umschaltspiel über Dynamik zu mehr Ballsicherheit: Das ist eine Entwicklung, die nicht von heute auf morgen vonstatten geht. Wichtig ist aber auch dieser Stelle festzuhalten, dass sich die Leistungen der „Geißböcke“ in dieser ergebnistechnisch mauen Phase gar nicht derart großartig unterscheiden von denen vor der Corona-Pause. Natürlich haben vor allem in den Heimspielen gegen Mainz und Düsseldorf die Gegner dem FC vermehrt das Spiel überlassen, was diesem nicht sonderlich schmeckte. Aber es sei an den Hinrundenabschluss gegen Bremen erinnert, als sich ähnliches abspielte.
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Was sich allerdings verändert hat, sind die Spieldynamiken. Hatte es der FC in seiner erfolgreichen Phase geschafft, Tore zu den richtigen Zeitpunkten zu erzielen (Leverkusen, Freiburg) und manchmal damit auch den bisherigen Spielverlauf auf den Kopf zu stellen (Wolfsburg), gelingt dies derzeit nur noch mäßig, was auch an der schwächeren Chancenverwertung der „Geißböcke“ liegt. Dazu nutzen die Gegner die stets vorhandenen Fehler in der Kölner Defensive aktuell einfach besser aus: Wer die Anfangsphasen gegen Wolfsburg oder Freiburg noch im Kopf hat, dürfte solche Probleme bereits befürchtet haben. Im Fußball neigen viele dazu, Leistungen anhand der Ergebnisse zu erklären, doch ist das nicht die Lösung des Rätsels. Zwar hat die Corona-Pause schlichtweg den Positivlauf des 1. FC Köln unterbrochen – aber eher nur auf der Anzeigetafel denn auf dem Rasen.
Die Abwärtsspirale bremsen
Dennoch: Der Gisdol-Elf muss es nun möglichst schnell gelingen, diesen Negativtrend zu stoppen, sonst verselbständigt sich dieser ähnlich wie die positive Phase vor der Unterbrechung des Spielbetriebs. „Wir müssen schauen, dass wir in den nächsten Wochen wieder Spiele gewinnen. Das würde unserem Selbstvertrauen enorm gut tun“, formuliert auch FC-Kapitän Jonas Hector die Marschroute für die anstehenden Aufgaben. Beim FC Augsburg und gegen den 1. FC Union Berlin warten Gegner, die in der Tabelle nur knapp hinter den „Geißböcken“ rangieren. Gerade in diesen Duellen könnte der Klassenerhalt der Kölner auf dem Spiel stehen – doch zeigt sich die Mannschaft trotz der Abwärtsspirale gefestigt, wie auch der couragierte Auftritt gegen Leipzig zeigte.
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„Wenn wir unser Spiel so beibehalten, werden wir unsere Punkte holen“, gab sich FC-Sportchef Heldt im Anschluss an die 2:4-Niederlage vorsichtig optimistisch. Es mache derzeit weder Sinn, beunruhigt zu sein, noch sich in Selbstsicherheit zu wiegen. Die Stellschrauben, an denen die Mannschaft drehen muss, sind in den vergangenen Wochen klar geworden. Klarheit, die der 1. FC Köln nun auch auf den Platz bringen muss. Denn wie schon Peter Stöger in der Abstiegssaison 2017/18 sagte: Wenn immer ein wenig fehlt, fehlt am Ende ziemlich viel. Eines muss dem Tabellenelften trotz vermeintlich sicherer Ausgangslage nämlich vor Augen geführt werden: Erreicht ist noch nichts in dieser Saison. Dass der Klassenerhalt in trockenen Tüchern ist, muss auch angesichts der eigenen Formkurve aus den Köpfen aller Beteiligten verschwinden. Denn: Der Kopf – er spielt eine wichtige Rolle, gerade im Saisonendspurt.