Nachdem Markus Anfang im Sommer seinen Dienst angetreten hatte, musste er neben den Spielern erst einmal die Öffentlichkeit für seine Idee von Fußball sensibilisieren – einschiebende Außenverteidiger im Aufbauspiel, flacher und ruhiger Spielaufbau, dazu mannorientiertes Verteidigen, kurzum: Dinge, die man so in Köln nicht unbedingt häufig vorher gesehen hatte.
Die letzten Spiele zeigten jedoch, dass die Kölner Gegner sich auf genau diese Vorstellungen vorbereitet hatten und diese dementsprechend bekämpften – mit einer Raute im Mittelfeld, in dem Höger zugestellt und die Bewegungsfreiheit der Achter eingeschränkt wurde, konnte man die Ballzirkulation des effzeh schon einigermaßen wirkungsvoll unterbrechen. Folglich kommt Simon Terodde weniger in Abschlusssituationen, die Chancen auf Torerfolge sinken somit rapide.
Hannes Wolf baut auf Titz-System auf
Interessant ist, dass die Entwicklung beim HSV einigermaßen ähnlich verlief, nur mit dem Unterschied, dass zwischenzeitlich der Trainer entlassen wurde. Christian Titz setzte auf ein ballbesitzorientiertes, durchaus riskantes Spiel, in dem die Rolle von Keeper Pollersbeck als zusätzlichem Aufbauspieler das hervorstechendste Merkmal war. Gemutmaßt wurde, dass Titz aufgrund seiner Beratungsresistenz entlassen wurde und wenig Bereitschaft dafür zeigte, einen Plan B zu entwickeln.
Witzigerweise gab es dann unter seinem Nachfolger Hannes Wolf keine bahnbrechende Revolution, die das gesamte System auf den Kopf stellte. Wolf vollzog kleinere Änderungen, schränkte die Offensivspieler ein wenig in ihrer Bewegungsfreiheit ein und verschaffte dem HSV somit mehr Stabilität. Die Elemente sind im Vergleich zum effzeh immer noch ähnlich: Verteidigt wird im 4-1-4-1, die Außenverteidiger rücken unter Wolf allerdings auch etwas mehr ins Zentrum und sorgen dort für Ballzirkulation und Aktionen nach vorne.
Foto: Oliver Hardt/Bongarts/Getty Images
Bezeichnend war gestern, dass Douglas Santos aus dieser Position heraus an den beiden torgefährlichsten Aktionen beteiligt war – erst scheiterte er nach einem simplen Laufweg in dem Raum, den eigentlich Marcel Risse beherrschen müsste, an Horn. Danach beschleunigte er gegen Höger und drang in den Strafraum ein, sein Abschluss wurde von Horn zwar pariert, der Nachschuss war jedoch drin – der effzeh verlor deswegen.
Kleinere Anpassungen dringend notwendig
Nach fünf Spielen ohne Sieg ist es nun auch logisch, dass die Diskussionen um den Trainer etwas lauter werden. Was es nun braucht, sind Anpassungen von Anfang, Reaktionen auf das zuletzt Gesehene – eine Verzweiflungs-Einwechslung wie die von Frederik Sörensen gestern kann das allerdings nicht sein. Wenn man nach 20 bis 30 Minuten merkt, dass man den Ball nicht konstant aus der Abwehr in die gegnerische Hälfte bekommt, sollte man unter Berücksichtigung seines Matchplans überdenken, warum das so sein könnte – und ob die aufgestellten Spieler an diesem Tag ihre Aufgabe erfüllen.
Anfang muss nicht alles von hinten nach vorne umkrempeln, das würde für noch mehr Unsicherheit sorgen. Kleinere Anpassungen (weniger Fokus auf flachen Spielaufbau, vielleicht ein zweiter Sechser neben Höger) können schon viel bewirken und der Mannschaft etwas mehr Sicherheit geben. Der ehemalige Kieler sollte nun tunlichst Maßnahmen umsetzen, um die Wahrscheinlichkeit auf Siege zu erhöhen. Ansonsten könnte es wirklich ein stürmischer Herbst werden.