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Analyse

5:1-Sieg in Kiel: Flanken und Standards retten den 1. FC Köln

Der 1. FC Köln schafft über die Relegation auf den letzten Drücker den Klassenerhalt: Beim 5:1 in Kiel überzeugen die “Geißböcke” vor allem durch starke Standards und die Lufthoheit im gegnerischen Strafraum.

Foto: IMAGO/Nordphoto

Die 0:1-Niederlage im Relegations-Hinspiel gegen Holstein Kiel hatte unter der Woche abermals aufgezeigt, dass dem 1. FC Köln in dieser Saison im Großteil der Spiele fußballerische Lösungen fehlten – Rang 16 nach der regulären Saison war daher keine Überraschung. Doch wie es manchmal so ist im Fußball, kann sich das Blatt binnen weniger Tage wenden. Mit einem deutlichen 5:1 gewann der FC das Rückspiel und kann daher für ein weiteres Jahr in der Bundesliga planen. Bereits nach 39 Minuten stand es 4:1 für die Kölner, das Spiel war früh gegessen. Die Gastgeber aus Kiel waren bemüht, verfügten aber auf Strecke nicht über die nötigen Mittel, um den “Geißböcken” dann über 180 Minuten doch gefährlicher zu werden. Das hatte unterschiedliche Gründe.

Dass der FC so fulminant in die Partie startete, lag in erster Linie an zwei Startelfveränderungen: Mit Sebastian Andersson und Florian Kainz kamen genau die beiden Schlüsselspieler zum Einsatz, die über weite Strecken der Saison verletzungsbedingt fehlten. Für beide begann die Spielzeit eigentlich erst im April, als sie bei der Auswärtsniederlage in Wolfsburg die ersten Einsatzminuten in diesem Jahr sammeln konnten (Andersson kam bereits im Verlauf der Saison angeschlagen zum Einsatz). Dennoch mussten beide behutsam an die Belastung herangeführt werden, sodass sie ihr Pensum erst nach und nach steigern konnten, um besser in die Abläufe zu kommen – und den Saisonausgang letztlich positiv mitzubestimmen. Mit Andersson spielte der dringend benötigte Zielspieler, dessen Stärken im gegnerischen Sechzehner liegen, mit Kainz ein dribbelstarker Flügelspieler, der mit beiden Füßen flanken kann. An manchen Tagen kann das schon ausreichen. Und nochmal zur Erinnerung: Andersson kam in 38 Prozent der Spielminuten des FC in dieser Saison zum Einsatz, Kainz in nur 17 Prozent.

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Drei Flanken, drei Kopfbälle, drei Tore

Dementsprechend motiviert startete der FC auch in das Auswärtsspiel an der Förde, dessen Anfangsphase den FC-Fans wohl lange in Erinnerung bleiben wird. Der erste Diagonallauf des aktiven Marius Wolf brachte einen Einwurf, in dessen Folge Ondrej Duda zum Dribbling ansetzte und nicht entscheidend gestört wurde – seine Flanke verwertete der mitgelaufene Kölner Mannschaftskapitän Jonas Hector zum 1:0. Mit ihm, Wolf und Andersson war der Strafraum gut besetzt, sodass die Kieler Defensive wenig Chancen zum Eingriff hatte. Die Herangehensweise, die Kieler früh und insbesondere auf den Außenpositionen zu pressen, ging allerdings direkt danach gehörig schief: Kingsley Ehizibue (ebenfalls neu in der Startelf) verlor ein Kopfballduell auf der rechten Außenbahn, Sebastiaan Bornauw verschätzte sich im Laufduell gegen Fabian Reese – der Kieler Stürmer bereitete den Abschluss von Finn Porath vor, im Nachgang traf Jae-sung Lee per Kopf zum Ausgleich nach vier (!) Minuten.

Nur zwei Minuten später trug das Gegenpressing aber wieder Früchte: Duda gewann hoch im gegnerischen Feld einen Ball, der angesprochene Kainz hatte bei seiner Flanke mit links zu viel Platz, in der Mitte bewies Andersson sein überragendes Timing beim Kopfball und traf zum eminent wichtigen zweiten Auswärtstor für den FC. Nur einige Minuten später traf der Schwede, der viele Bälle gut festmachte, erneut – dieses Mal ging ein Eckball voraus, den Hector und Kainz kurz ausgeführt hatten. Der Österreicher brachte den Ball von links mit dem rechten Fuß in die Mitte, wo sich Andersson gegen seinen Gegenspieler Hauke Wahl durchsetzte. 3:1 nach 13 Minuten, drei Flanken, drei Kopfbälle, drei Schüsse aufs Tor, drei Tore. Schon ein einigermaßen verrücktes Szenario in diesem wichtigen Spiel.

Schon vor der Pause die Vorentscheidung

Diese wilde Anfangsphase setzte den Ton für ein Spiel, das in dieser Form nur die wenigsten erwartet hatten. Die Kieler versuchten das Spiel daraufhin zu beruhigen, gerade die Innenverteidiger tauschten einige Pässe aus. Bis ins letzte Drittel sah das durchaus gefällig aus, auch wenn dort die Entscheidungsfindung nicht passte oder schlichtweg Qualität fehlte (siehe besonders Lees schlechter erster Kontakt nach 42 Minuten). Von den besseren Quoten in Sachen Ballbesitz und Passgenauigkeit (60 und 79 Prozent für Kiel) konnte sich der Zweitligist am Spielende aber auch nichts kaufen. Der FC versuchte mit körperlicher Präsenz und Emotionalisierung von außen in diesem Endspiel dagegenzuhalten, was auch gut funktionierte – auch wenn Torwart Timo Horn seine Mitspieler nach einer halben Stunde ermahnte, mehr zu machen.

Foto: imago images / Ulrich Hufnagel

Und der FC tat mehr: Wieder im Anschluss an eine Standardsituation landete der Ball bei Jannes Horn, der hinten abgesichert hatte. Seinen langen Schlag nach vorne legte Hector per Kopf auf Rafael Czichos ab, dessen Halbvolley mit dem linken Außenrist im Winkel landete (!). Vierter Schuss aufs Tor, viertes Tor – der FC war zum Halbzeitpfiff schon so gut wie gesichert. Den Kielern war auch im zweiten Durchgang anzumerken, dass ihnen ein paar Prozent an Frische und Schnelligkeit fehlen – an dieser Stelle sei nochmal an ihr massives Programm in den letzten Wochen erinnert. Der FC hatte auch nach der Pause alles im Griff, bewies aber Schwächen in der Chancenverwertung: Andersson scheiterte mehrfach, auch Kainz und später der eingewechselte Drexler scheiterten im Eins-gegen-Eins gegen Kiels Keeper Gelios.

Im richtigen Moment abgeliefert

Erst nach 84 Minuten traf der wohl beste FC-Spieler in dieser Saison zum fünften Tor: Ein einfacher Einwurf von Ismail Jakobs fand Jan Thielmann, der sich tief angeboten hatte – seine Rückgabe verwertete Ellyes Skhiri, der Kölner Dauerläufer im Mittelfeld, zum 5:1. Auf den letzten Drücker sichert sich der FC auf diese Weise den Klassenverbleib, sicherlich mit einer der besten Leistungen in dieser Saison. Die Konsequenz, die die Kölner an diesem Tag zeigten, scheint die Folge der Überzeugung gewesen zu sein, die Friedhelm Funkel seiner Mannschaft in den letzten Tagen und Wochen eingeimpft hatte.

Die Erfolgsmuster bestanden im Wesentlichen aus Flanken und Standardsituationen, aber das ist natürlich nicht verboten – genauso wenig ist es verboten, in der Relegation die Klasse zu halten. Warum es allerdings überhaupt erst so weit kommen musste, wird Gegenstand der Analysen der nächsten Wochen sein müssen. Bis dahin jedoch dürfen die FC-Profis erst einmal feiern, im richtigen Moment abgeliefert zu haben.

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