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Müngersdorf

Der 1. FC Köln in der Europa Conference League: Wenn du mich fragst, wo es am schönsten war, sag ich – Székesfehérvár!

Hungry in Hungary: Auf dem Platz und auf den Rängen hat der 1. FC Köln für den Einzug in die Gruppenphase der UEFA Europa Conference League gebrannt. Der rot-weiße Tross sorgte für ein Fußballfest auf internationaler Bühne.

Stolz ist ein großes Wort. Viel zu oft ein viel zu großes Wort, das dazu noch von den falschen Menschen zu den falschen Zwecken missbraucht wurde. Doch als der 1. FC Köln in der MOL Aréna Sóstó in Székesfehérvár so beisammen stand, war genau dieses Gefühl in seiner pursten Form zu spüren. Die „Geißböcke“ hatten durch den 3:0-Rückspielerfolg beim Fehérvár FC die 1:2-Hinspielscharte ausgewetzt und sich für die Gruppenphase der UEFA Europa Conference League qualifiziert. Die in rot angereisten FC-Fans hatten mit ihrer lautstarken Unterstützung vor dem Spiel, während der Partie und nach dem Abpfiff ihren Anteil an diesem Erfolg. Auf dem Platz und auf den Rängen: Ein internationales Fußballfest für den 1. FC Köln.

Jubelszenen, die bereits weit zuvor ihren Lauf nahmen. Eigentlich schon mit dem Abpfiff des Hinspiels drehten sich die Gespräche nur noch um den Auftritt beim Fehérvár FC. Fährst du? Wenn ja, wie? Wie lange bleibst du und wo pennst du? Alles egal, wir werden uns schon finden. Ob die Anreise aus Köln, Düsseldorf oder Dortmund erfolgte, ob die Fahrt per Flug, Zug oder Auto angetreten wurde, ob es zuerst nach Budapest, Székesfehérvár oder Siófok ging: Der rot-weiße Tross hatte sich unter der Woche in Bewegung gesetzt, um seinen Verein auf europäischer Bühne nach vorn zu brüllen. So war es kaum verwunderlich, dass es bereits am Mittwochabend allerorten kölsche Tön in Ungarn zu vernehmen gab. Feucht-fröhlich, ausgelassen, vorfreudig: FC international!

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Nach bester ungarischer Art in der Sonne gegrillt

Nicht überall stieß die Kölner Europapokal-Euphorie auf ungeteilte Gegenliebe. Verbrüderungs- und Verprügelungsszenen in der „Stadt der Könige“ sozusagen. Doch wer hatte ehrlich etwas anderes erwartet, wenn man op kölsche Art in einer fremden Stadt sein Unwesen treibt? Spätestens ab Donnerstagsfrüh war klar, dass die FC-Anhänger*innen Székesfehérvár beim Marsch vom Treffpunkt zum Fanfest in ein rotes Meer verwandeln würden. Die Schlachtenbummler der Heimmannschaft schienen davon so begeistert zu sein, dass sie sich den Gepflogenheiten ihrer Gäste anpassen wollten. Die Verkleidungen wirkten zwar weniger freudig denn aggressiv, auch die Einladungen zum Stippeföttche hatten einen leicht unfreundlichen Unterton. Da beim ungarischen Mummenschanz, den Aufforderungen zum Tanz und einer kleinen Aufwärmeinheit im läuferischen Bereich wenig passiert, stand den Festivitäten vor dem Spiel ebenso wenig im Wege.

 

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Den örtlichen Getränken wurde ebenso zugesprochen wie dem üblichen Klaaf, wenn sich ein kölscher Haufen in der Fremde zusammenfindet. Viele bekannte Gesichter wurden bei vielen Kaltgetränken freudig begrüßt, Verabredungen für den Abend nach dem Spiel ausgemacht, Informationen und Geheimtipps für den weiteren Verlauf der Reise ausgetauscht. Und da diesmal nicht der Köbes, sondern die ungarische Polizei die letzte Runde ausrief, setzte sich die in rot gekleidete Schar an FC-Fans in sengender Hitze in Gang, um dieses ominöse Fanfest, das die Gastgeber für uns organisiert hatten, zu entern und sich die dort erhältlichen Eintrittskarten für die Partie zu sichern. So manch einer hätte vermutlich den Weg zum Treffpunkt nicht angetreten, wenn die anstehende Reiseroute bekannt gewesen wäre. „Wären wir doch direkt am Bahnhof geblieben und hätten uns dort einsammeln lassen“ – tja, so wurde der kölsche Tross nach bester ungarischer Art beim Fußmarsch von der Sonne gegrillt.

Das hatte auch am Fanfest nicht sein Ende: Noch nie waren Menschen vermutlich so glücklich über ein simples Großzelt mit Bierbänken gewesen – Schatten und Abkühlung waren eine gern gesehene Abwechslung. Wären da doch nicht die leider erwartbaren Schwierigkeiten am Getränkestand gewesen. Viele dürften angesichts der Wartezeiten in der prallen Sonne trotz erworbenen Flüssigkeiten durstiger zurückgekommen sein. Über das Wohl und Wehe in der Kartenschlange entschied derweil der Nachname: Gerüchte zufolge stehen Menschen, deren Familienname in der Kategorie T bis Z anfängt, immer noch dort. Für die Schmitzens, Schneiders und Co. gab es immerhin eine eigene „Sch“lange. Dennoch großen Dank an all die helfenden Hände dort – das war vermutlich nicht die einfachste Aufgabe, das in so kurzer Zeit derart auf die Beine zu stellen.

Frei nach Podolski: Das ist ein Traditionsverein – und der freut sich halt!

Ungarische Gastfreundschaft mit kölschen Tönen – sie setzte sich an der MOL Aréna Sóstó fort. Wer vor der Anreise ob des Anforderungskatalogs des 1. FC Köln Angst vor der Kontrolle am Stadion hatte, sah sich eines Besseren belehrt. Professionell, freundlich, schnell: Am Eingangsprozedere kann sich manch ein Bundesligist eine Scheibe abschneiden. Nichts wird halt so heiß gegessen, wie man auf dem Fanmarsch gegrillt wurde. Im 2018 eröffneten 08/15-Neubau hatte der kölsche Anhang dann die Hintertor-Tribüne für sich – an dieser Stelle auch nochmals ein Dankeschön an die Unterhändler, die mehr Tickets möglich machten, als dem FC eigentlich zugestanden hätten. Mit zügigem und ziemlich vernünftigem Catering zu humanen Preisen (ach, das alles geht auch?) gestärkt riss die „Rote Wand“ dann in Székesfehérvár die Bude ab. Lautstarke Unterstützung über das ganze Spiel – und am Ende die Freudenfeier gemeinsam mit Spielern und Trainerteam. “Europa auffressen” war das Motto – und die “Geißböcke” verschluckten sich nicht am ungarischen Brocken!

Anders als in London beispielsweise, als sich die FC-Vertreter trotz sensationellem Support lediglich zu einem Höflichkeitsapplaus aus großer Distanz hinrießen ließen und sich sowohl vorher als auch nachher verbal wenig erkenntlich zeigten, hatten alle diesmal das Glücksgefühl: Hier steht eine Einheit – auf dem Rasen und auf der Tribüne. Hier ist der verdammte 1. FC Köln – und wir haben mindestens noch drei weitere Auswärtsauftritte auf internationalem Parkett vor uns. Frei nach dem Bergheimer Philosophen Lukas Podolski: Das ist ein Traditionsverein – und der freut sich halt. Auf dem Fanfest, in Székesfehérvár oder am Balaton: Selig nach dem Einzug in die Gruppenphase der Europa Conference League strömten die kölschen Anhänger*innen aus der MOL Aréna Sóstó zu ihren Locations, um diesen Erfolg gemeinsam zu feiern. Wo uns wohl die Auslosung hinführen würde? Erst einmal egal: FC international!

Doppelbelastung: Auch als FC-Fan eine Frage des Willens

Nach einer kurzen Nacht wurde dann der Markt sondiert: Wer ist überhaupt weitergekommen, auf wen kann der glorreichen 1. FC Köln denn so treffen, wo wollen wir denn am liebsten hin? Istanbul, Stockholm oder Nizza – Ziele für über den Fußball hinaus Interessierte. Nach Armenien: Das würde uns gefallen, so die Reiselustigen. Lech Poznan wäre doch ganz geil, so die Lebensmüden. Doch Absolventen des Masterkurses „UEFA Europa Conference League“ der Pierre-Littbarski-Fußballakademie unter Leitung der Modus-Koryphäe Prof. Prof. Dr. Dr. Chaled Nahar wussten: Am Freitag werden nur die Lose gezogen, die Ansetzungen der Partien erfolgt dann vermutlich erst Samstagsfrüh. OGC Nice, Partizan Belgrad, 1. FC Slovacko: Die Gegner standen fest, doch wann geht es für den rot-weißen Tross dorthin? Erste Schlaumeier buchten gleich alle drei Auswärtsanreisen für alle sechs Termine (kann ja stornieren, Freunde!), doch alle anderen schauten sich die möglichen Optionen erst einmal an.

Foto: OZAN KOSE/AFP via Getty Images

Um acht Uhr morgens (die nächste kurze Nacht!) war es dann so weit: Aufstehen, der Spielplan ist da. Schnell alles buchen, bevor die Flüge zu teuer werden. Viertel vor Neun: Alles eingetütet. Die Preise im Anschluss: Uff, dagegen ist die Teuerung beim Gas ein Witz. Was macht man nicht alles für den 1. FC Köln? In Siófok zum Beispiel in den Plattensee springen, aufs Riesenrad gehen und die heimischen Restaurants testen: Der Kölner an sich gönnt sich gern (und muss ob der Lautstärke dann auch öfters gehen). Als die letzten müden Gesichter am Sonntagfrüh vom Provinzflughafen Heviz die Rückreise antraten, stand schon das nächste FC-Spiel auf dem Programm. Geht es jetzt wirklich direkt durch ins Stadion? Die Doppelbelastung – auch als Fan eine Frage des Willens. Da machten einem auch die IKEA-Waschkörbe von 1990 bei der Kontrolle nichts mehr aus – ein vorhandenes Rückflugticket vorzuzeigen, schien auch nicht so wichtig zu sein. Danke 1. FC Köln: Wenn du mich fragst, wo es am schönsten war, sag ich – Székesfehérvár!

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