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Analyse

Der erste Tribut: Der Baumgart-FC nach sechs Spieltagen

Das 1:1 in Frankfurt war das sechste Bundesligaspiel des FC unter Steffen Baumgart. Zum ersten Mal fühlte es sich ein bisschen so an, als müssten die Spieler Federn lassen.

Foto: IMAGO / Revierfoto

Das 1:1-Unentschieden  des 1. FC Köln beim Auswärtsspiel in Frankfurt war ein Abnutzungskampf. Ein 1:1 der besseren Sorte zwar, aber auch eine hart geführte Begegnung mit vielen Unterbrechungen, mehr Kampf als Spielkunst, unbedingter Wille auf jeden Fall und am Ende irgendwie ein Ergebnis, bei dem keines der Teams so richtig zufrieden war. Ganz unzufrieden aber auch nicht. Für die “Geißböcke” unter Steffen Baumgart war es im sechsten Spiel so ein bisschen der erste Tribut, den der FC für den neuen Fußball wird zollen müssen. Mehr ging nicht.

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Auffällige unauffällige Werte

Ein Blick auf die Statistiken des Spiels verdeutlicht: es war weder ein besonders gutes Spiel des effzeh, noch ein besonders schlechtes. Es war überhaupt kein auffälliges Spiel. Denn auch wenn es vielleicht nicht in der kompletten Partie so aussah, der FC kam zu Chancen, zu Torabschlüssen – und zwar so, wie es unter Steffen Baumgart üblich ist. Nach sechs Spieltagen springen im Durchschnitt 14 Schüsse aufs gegnerische Tor pro 90 Minuten heraus. Gegen Frankfurt waren es genau 14. Und davon hätten eben durchaus auch mehr als der eine von Ellyes Skhiri den Weg ins Tor finden können. “Wir hätten in der ersten Halbzeit gewisse Situationen besser ausspielen müssen, dann wäre vielleicht das 2:0 gefallen und das Spiel in unsere Richtung gekippt”, analysierte es Mittelfeld-Ass Florian Kainz. Auch Timo Horn befand, dass „die ein oder andere Torchance mehr“ hätte herausspringen können und eben auch müssen, um in Frankfurt einen Sieg zu holen.

Auch die Laufleistung der Baumgart-Truppe, oft bemüht als Beleg für den neuen FC, für den Ansatz des Trainers, ist extrem konstant auf sehr hohem Niveau. 117 Kilometer sind gerade mal 1.000 Meter mehr, als der Durchschnitt aus sechs Köln-Partien in dieser Bundesliga-Saison. Zu wenig läuferischer Einsatz aber war es in Frankfurt gewiss nicht, der zu den drei Punkten fehlte. Leicht überdurchschnittlich geriet auch die Anzahl der gespielten Pässe, minimal unterdurchschnittlich deren Genauigkeit. Aber auch hier: beides keine besonderen Auffälligkeiten, nichts, was das Spiel in Frankfurt so richtig erklären könnte. Das dürfte vielleicht sogar die eigenen Spieler überraschen. So hatte Torhüter Timo Horn nach dem Spiel gesagt: “Gerade im Passspiel haben wir schon deutlich bessere Leistungen gezeigt. Es waren viele Bälle nach Fehlpässen weg oder sie sind uns versprungen. Das sind Kleinigkeiten, die entscheidend sein können.” So richtig kann die Statistik diesen Eindruck nicht bestätigen. Und doch hat auch Horn hier natürlich einen Punkt. Die Werte waren eben nicht sonderlich schlecht, aber auch nicht besonders gut.

Dominant, auch auswärts

So richtig überraschend sind sogar die Werte in Sachen Dominanz. Denn der FC kommt in Frankfurt auf 54 Prozent Ballbesitz und ist damit erst im zweiten Spiel in dieser Saison mehr mit dem Spielgerät beschäftigt gewesen, als der Gegner. Davor war es die Partie gegen Bochum, in der es zu erstaunlichen 71 Prozent Ballbesitz gekommen war. Gegen Frankfurt nun also auch, was vor allem an der ersten Halbzeit liegen dürfte. Und beim Blick auf die zurückliegenden Jahre, die eigenen Auftritte und auch die der Frankfurter, ist das dann doch ein auffälliger Wert. Baumgart kann Ballbesitz. Und Baumgart kann Zweikampf. „Beide Teams haben gekämpft. Wir haben nach vorne gespielt, das will ich sehen“, so der Cheftrainer.

Den 55 Prozent gewonnenen Zweikämpfen stehen allerdings auch ganze 19 begangene Fouls gegenüber. Und das ist nun wirklich der einzige Ausreißer in der Frankfurt-Partie. Inklusive des sechsten Spieltags kommt der effzeh im Schnitt auf 13 Fouls, hier ganze 19 zu erzielen, ist schon auffällig. Und das ist eben dann schon auch ein kleines Anzeichen dafür, dass der Baumgart-Fußball Spuren hinterlässt. Immer mit der absoluten Überzeugung aufzutreten, immer schnell anzulaufen, immer Vollgas zu geben, bei Ballverlust sofort ins Gegenpressing zu gehen, das erfordert viel Kraft. Und die vor allem auch im Kopf. Und der Ansatz stellt ein gewisses Risiko dar. Das zeigt eben genau diese Foul-Statistik.

Florian Kainz trifft Erik Durm Foto: IMAGO / Jan Huebner

Nehmen wir die Verletzung Erik Durms in der ersten Halbzeit. Florian Kainz ist hier kein böser Wille zu unterstellen. Kainz macht das, was Baumgart sehen will. Er rennt drauf. Er rennt volle Kanne drauf. In dieser Situation verschätzen sich beide Spieler. Durm rechnet nicht mit der Wucht und der Geschwindigkeit, mit der Kainz auf ihn zurennt. Und Florian Kainz geht ein klein wenig zu übermotiviert zur Sache, drückt die Schulter am Ende ein Stückchen nach, erwischt den unvorbereiteten Durm im Gesicht. „Intensiv“ wird er das Spiel später bezeichnen. Es ist, wie gesagt, keine Absicht zu erkennen, es ist einfach ein klein wenig drüber. Durm muss danach ausgewechselt werden. So richtig was gewonnen hat der FC auch nicht durch die Aktion, außer das Signal, dass man alles will und alles gibt, um in Frankfurt zu gewinnen. Das ist dem vom Trainer propagierten Fußball aber immanent, es kann nicht immer alles gelingen, aber wir werden alles versuchen. Das ist der Ansatz und das blieb auch im sechsten Bundesligaspiel unter Steffen Baumgart nur allzu sichtbar.

Es bleibt ein Erfolg

Am Ende steht das Unentschieden. Und das ist in diesem Fall durchaus als Erfolg zu werten. Nur gegen Bayern München hat man bislang verloren und hat damit seit vier Bundesligaspielen keine Niederlage mehr einstecken müssen. Eine richtige Serie. In der vergangenen Spielzeit gab es einen so langen Zeitraum ohne Niederlage nicht ein einziges Mal. Und vor Rückschlägen hat Baumgart jederzeit offen gewarnt, immer wieder davon gesprochen, dass es sie geben müsse auf dem neuen Weg, den diese Mannschaft des 1. FC Köln eingeschlagen hat. Schon gegen Leipzig stand am Ende ein 1:1, welches durch Dudas verpasste Chance irgendwie nicht komplett zufriedenstellte – mit ein wenig Abstand betrachtet aber natürlich eine herausragende Leistung gegen den Vizemeister darstellte.

Und nun das nächste 1:1 gegen Frankfurt, in Frankfurt. Ein Verein also, dem seit Jahren kontinuierlich gute Arbeit nachgesagt wird, ein Verein, der vom Potential her vergleichbar ist, es aber zuletzt viel besser ausschöpft als die Kölner. Wenn gegen diesen Verein mit einer Leistung, die nicht zu den Top-Auftritten gehörte nicht nur ein Unentschieden herausspringt, sondern eben auch noch eine gewisse Dominanz abzulesen ist, wenn wir schon soweit sind, hier fast mit dem Meckern wegen eines verpassten Sieges zu beginnen, dann sind Steffen Baumgart und sein hart arbeitendes Team auf einem sehr sehr guten Weg das gesteckte Saisonziel von Platz 12 zu erreichen. Auch wenn gegen Frankfurt zum ersten Mal der Tank am Ende so richtig leer war.

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