Der 1. FC Köln verliert das langersehnte Derby gegen Borussia Mönchengladbach verdient mit 0:1. Gegen den Rivalen vom Niederrhein ist ein Tor aus der 14. Minute entscheidend, als Alassane Pléa nach einem Pass in die Tiefe frei vor Timo Horn auftauchte und den Kölner Keeper überwinden konnte. Alles in allem war es ein relativ ungefährdeter Sieg für die Gäste, nachdem der FC erst in der Schlussphase zu gefährlichen Abschlüssen kam und vorher große Probleme damit hatte, sich Torchancen zu erspielen. Für dieses Vorhaben war im Vorfeld der Partie Jhon Cordoba wieder in die Startelf gerückt, der Kolumbianer ersetzte Kingsley Schindler.
Ansonsten setzte Trainer Achim Beierlorzer auf die zuletzt bewährte Viererkette und das Mittelfeld mit den beiden schwimmenden Zehnern Dominick Drexler und Louis Schaub auf den Außenbahnen. Bei Gladbach gab es personell und taktisch auch keine große Überraschung: Vor der Viererkette, in der Bensebaini für den erkrankten Oscar Wendt sein Bundesliga-Debüt feierte, agierte der Europa-League-Teilnehmer in einer Raute mit Denis Zakaria als tiefem Sechser, Florian Neuhaus und Christoph Kramer auf den Halbpositionen und Breel Embolo auf der Zehn.
Gladbach im Ballvortrag variantenreicher und stabiler
Eine der entscheidenden Fragen war, wie der 1. FC Köln dem Aufbauspiel der Gladbacher begegnen würde. Ähnlich wie gegen den BVB vor einigen Wochen verzichtete Beierlorzer auf eine flache Viererkette im Mittelfeld, sondern beorderte den laufstarken Ellyes Skiri (zwölf Kilometer Laufdistanz, 83 intensive Läufe) ein wenig weiter nach vorne. Der Tunesier kümmerte sich um Denis Zakaria, wodurch eine 4-1-3-2-Formation beim 1. FC Köln entstand. Die Gladbacher ihrerseits kümmerten sich in Person von Embolo um Birger Verstraete. Interessant war auch, wie der FC die Halbräume geschlossen bekommt, da sich Neuhaus und Kramer überwiegend dort anbieten und die Ballzirkulation aufrechterhalten.
In der Herangehensweise und Leistungsfähigkeit der beiden Mannschaften liegt hier auch der größte Unterschied: Während es die Gladbach mit einem Mix aus langen Bällen, flachem Aufbau und Dribblings nach vorne versuchten, agierte der 1. FC Köln mit einem deutlichen Fokus auf lang gespielten Bällen in der Hoffnung auf den gewonnenen zweiten Ball. Das Spiel ging am Ende aufgrund einer Szene verloren, die diesen Unterschied exemplarisch verdeutlicht: Timo Horn spielte einen langen Ball nach vorne auf Jhon Cordoba, der das Kopfballduell gegen Nico Elvedi verlor. Der durch den Schweizer abgeköpfte Ball landete bei Christoph Kramer, der unterstützend den Raum geschlossen und mit einem intelligenten Pass Breel Embolo einsetzte. Der Gladbacher Zehner war zum Zeitpunkt der Ballabgabe durch Kramer gar im Raum hinter den Kölner Sechsern Skhiri und Verstraete. Der Tunesier kam zwar noch in den Zweikampf, konnte Embolos dynamischen Antritt aber nicht verhindern.
Der ehemalige Schalker lief auf die Viererkette zu und versuchte, den in die Tiefe startenden Thuram mit einem Pass zu bedienen – Kingsley Ehizibue verhinderte das, vom Fuß des Neuzugangs prallte der Ball aber zu Pléa, der Horn keine Chance ließ und zur Führung traf. Es ist selten, dass in einem Tor so viele Elemente von dem auftauchen, was in der späteren Analyse die Hauptelemente in der Herangehensweise beider Teams sind. Der FC spielte insgesamt 84 lange Bälle, der Großteil davon aus der eigenen Viererkette heraus mit dem Ziel des mittleren oder Angriffsdrittels. Speziell Sebastiaan Bornauw wählte immer wieder dieses Mittel. Die Gäste kamen auf 57 lange Bälle.
Viel Wucht, aber wenig Torgefahr
Bemerkenswert war jedoch etwas Anderes: Die “Fohlen” konnten sich darauf verlassen, dass die entscheidenden Spieler für den Spielaufbau auch durch individuelle Leistungen den Ball nach vorne brachten: Embolo (6), Zakaria (6), Neuhaus (6) und Pléa (5) hatten eine Vielzahl an erfolgreichen Dribblings zu verzeichnen. Auch hier der Vergleich zum Gegner: Kingsley Ehizibue kam auf der rechten Seite zu zwei erfolgreichen Dribblings. Speziell Gladbachs Breel Embolo scheint in neuer Rolle beim neuen Verein aufzublühen, der Schweizer zeigte eine enorm starke Leistung auf der Zehn und initiierte immer wieder gefährliche Offensivaktionen.
Was sagen diese Statistiken nun aus? Erst einmal ist im Derby wieder deutlich geworden, dass der FC das Mittel des langen Balles bevorzugt wählt, um danach in hohen Positionen den Ball zu gewinnen und zu Abschlüssen zu kommen. Jhon Cordoba und Anthony Modeste sollen aufgrund ihrer physischen Präsenz im Idealfall den Ball festmachen beziehungsweise verlängern oder aber ihren Mitspielern die Möglichkeit zu geben, den abgeköpften Ball zu erobern. Die Gladbacher Innenverteidigung um Elvedi und Ginter hatte die beiden Stürmer aber weitestgehend im Griff.
An der Seitenlinie war auch mehrfach zu beobachten, dass Trainer Beierlorzer seine Mannschaft bei ruhenden Bällen dazu ermutigte, lang nach vorne zu spielen und nachzurücken. Im Anschluss erwartet die Mannschaft dann meistens eine Flanke. Wenn es seiner Mannschaft gelang, mal mit Ball am Fuß im letzten Drittel aufzutauchen, passte zu häufig die Entscheidungsfindung nicht – vielleicht war die Nervosität zu groß, vielleicht nicht. Mit ein wenig mehr Ruhe und Zielstrebigkeit wäre in einigen Aktionen durchaus etwas mehr möglich gewesen.
Eine knappe, aber verdiente Niederlage
Die beste Möglichkeit entstand auch einer überraschenden Spielhandlung von Jonas Hector, der anstatt zu flanken einen flachen Ball auf Drexler spielte – der Offensivspieler scheiterte aber an Yann Sommer. Nach dem Seitenwechsel entwickelte die Mannschaft des FC mehr Torgefahr, auch wenn Verstraete und Modeste nicht präzise genug abschließen konnten. Auch Simon Terodde hatte nach Einwechslung in der Schlussphase noch einige gute Aktionen, Sommer war aber gegen ihn und auch Cordoba (88.) auf dem Posten. Insgesamt wies die Statistik aus Kölner Perspektive betrachtet auch mehr Abschlüsse aufs gegnerische Tor aus. Dass die Gladbacher nicht früher höher führten, verhinderte die eigene Chancenverwertung oder Ehizibue in der 70. Minute, der auf der Linie rettete.
“Wir sind in der ersten Hälfte nicht gut ins Spiel gekommen. Gladbach hat klar die Zweikämpfe für sich entschieden.”
“Wir sind in der ersten Hälfte nicht gut ins Spiel gekommen. Gladbach hat klar die Zweikämpfe für sich entschieden. Damit wurde es für uns schwierig, wir mussten dem Ball hinterherlaufen und viele Meter gehen”, befand Achim Beierlorzer nach dem Spiel. “Die wenigen Umschaltmomente haben wir auch nicht so konsequent zu Ende gespielt, dass Torchancen hätten rauskommen können”, ergänzte er. Unter dem Strich war es eine verdiente Niederlage, die den FC zu Beginn der Saison nicht entscheidend zurückwerfen wird. Aber: Die bisherigen Spiele haben gezeigt, dass die Mannschaft mit viel Herz agiert – die spielerischen Entwicklungspotenziale liegen aber auch auf der Hand.