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Report

Zwischenzeugnis für den neuen Vorstand des 1. FC Köln: Finanziell auf Horstmanns Spuren?

Der neue Vorstand des 1. FC Köln ist nun seit mehr als drei Monaten im Amt. Wir nutzen die Winterpause, um einen Blick auf die wichtigsten Handlungsfelder zu werfen und zu analysieren, wo sich bereits etwas getan hat – und wo nicht. Der zweite Text beschäftigt sich mit den Finanzen.

Foto: Matt Cardy/Getty Images

Zwar blieb Werner Wolf dem 1. FC Köln als Mitglied des Beirats, dem später auch Präsidiumskollege Eckhard Sauren damals erhalten, doch dieser ist weniger ins Vereinsgeschehen eingebunden als etwa der Vorstand oder der Mitgliederrat. Die aktuelle finanzielle Lage ist dem gewählten Präsidium daher nicht anzulasten. Eine wirtschaftliche Bilanz des Wirkens von Wolf und Co. kann daher frühestens in einigen Monaten gezogen werden.

Will Wolf dem 1. FC Köln allerdings heute eine Situation wie damals bei seinem Intermezzo als Interimschef ersparen, muss er jedoch eine Kurskorrektur einleiten, damit der Club nicht wieder zum Getriebenen wird. Dabei werden Zeit und Möglichkeiten knapper: Im Sommer investierte der effzeh viel mehr Geld als ursprünglich veranschlagt war. Die Liquidität ist in einem alarmierenden Zustand, den die Entlassungen von Armin Veh und Achim Beierlorzer verschärft haben dürften.

Dieser Entwicklung gingen ein sündhaft teures Zweitliga-Jahr und ein selbstverschuldeter Abstieg voraus. Dazu kamen Pech und Unvermögen bei der Personalauswahl für den Profifußball: Seit dem Sommer 2017 beschäftigte der Club sechs Cheftrainer und drei Geschäftsführer Sport, insgesamt sechs davon kassierten eine Abfindung, zwei Interimstrainer traten ins zweite Glied zurück. Kostenintensiv war vor allem die Ära von Armin Veh, in der der effzeh das finanzielle Risiko, um sportlichen Erfolg zu erreichen, extrem erhöhte.

Hohe Investitionen haben Qualität nicht ausreichend erhöht

Wie sich das in Zahlen ausdrückt, machte der in diesen Angelegenheiten gut informierte Express kürzlich bekannt: Insgesamt drohe dem effzeh im laufenden Geschäftsjahr 2019/20 einen Verlust von 20 Millionen Euro – auch wenn die Zahlen erst im nächsten Jahr von Vereinsseite genannt werden dürften. Bereits im vergangenen Winter habe Armin Veh gesagt, der Kader koste 53 Millionen Euro pro Saison, sei aber deutlich überbezahlt. Einen Kurswechsel schlug Veh jedoch nicht ein.

Er wurde kaum einen teuren Spieler los, holte dafür aber viele dazu und stattete sie mit langfristigen Verträgen aus. Auf kostengünstige Leihspieler verzichtete er. Gemäß dem Express gab der Club seit Januar 2018 rund 50 Millionen Euro aus – alleine an Ablösesummen. Gehälter muss er schließlich auch noch bezahlen. Nicht nur für die Spieler, sondern auch für die leitenden Angestellten. Dort sollen aktuell Armin Veh (1,8 Mio. €), Horst Heldt (1,5 Mio.), Alexander Wehrle (1,1 Mio.), Achim Beierlorzer (1,5 Mio.), Markus Gisdol (1 Mio.) und Frank Aehlig (400.000 €) zu Buche schlagen. Ein Dementi des 1. FC Köln zu diesen Zahlen gab es nicht.

Finanz-Geschäftsführer Alexander Wehrle | Foto: Mika Volkmann/Bongarts/Getty Images

Diese Zahlen wären schon bedenklich, wenn der effzeh ein etablierter Erstligist mit Planungssicherheit wäre. Stattdessen befindet er sich, davon offenbar überrascht, mitten im Abstiegskampf. Schon jetzt lässt sich daher festhalten: Die hohen Investitionen der letzten zwei Jahre haben die sportliche Qualität nicht genug erhöht. Viele Gelder sind darüberhinaus jahrelang an Spieler wie Marcel Risse, Benno Schmitz, Marco Höger oder Niklas Hauptmann gebunden. Doch ihre finanzielle Belastung überwiegt ihren sportlichen Wert bei weitem.

Parallelen und Unterschiede

Dass der 1. FC Köln ins finanzielle Risiko für sportlichen Erfolg geht, ist eine frappierende Parallele zu den Horstmann-Jahren. Eine weitere ist die Verschleierung der schlechten Situation. Sprach Leki damals noch darüber, dass der Plan “nur aufgehen” müsse, sagte Alexander Wehrle etwas verklausulierter zu den Mitgliedern: “Etablieren wir uns, lohnen sich die Investitionen.” Obwohl er betonte, dass der Club auch einen erneuten Abstieg verkraften könne, ist der Umkehrschluss eindeutig: Bei einem Abstieg waren ein Großteil der Investitionen nutzlos. Auch Wehrles Gerede über das hohe Eigenkapital des Clubs, das dem effzeh die hohen Investitionen ermögliche, war eine Nebelkerze. Hohes Eigenkapital bedeutet unter anderem eine hohe Kreditwürdigkeit, aber kein Bankvermögen oder “anfassbares Geld”. Zur Liquidität, die über letzteres Aufschluss gäbe, verlor Wehrle in den letzten Monaten auch auf Anfrage kein Wort.

Angesichts der unvorhergesehenen Ausgaben wie den Abfindungen für Armin Veh und Achim Beierlorzer stellt sich auch folgende Frage: Kann sich der effzeh alle regulär anfallenden Kosten noch leisten? Ein Indiz dafür, wie dringend der Club “anfassbares Geld” benötigt, ist der “Early Bird”-Vorverkauf für die Heimspiele der Rückrunde, der Mitte November startete und stark beworben wurde. Der finanzielle Spielraum verschiebt sich dabei nicht, da die Einnahmen schon zu Saisonbeginn kalkuliert werden. Das Geld ist lediglich früher da. Freilich, Horstmanns IMG-Verlängerung war beileibe ein anderes Kaliber. Zumal die DFL damals deutliche finanzielle Verbesserungen einforderte. Doch die Richtung beider Aktionen stimmt überein.

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Eine Horstmann’sche Möglichkeit, schnell an Geld zu kommen, ließen Wehrle und Co. allerdings bislang aus: Das Verkaufen von Transferrechten einzelner Spieler an Investoren. Zwar ist die “Third Party Ownership” seit einigen Jahren ohnehin verboten. Doch hier hätte vermutlich große Vorsicht geherrscht. Denn sogar einige Jahre nach dem Amtsantritt Werner Spinners litt der Club unter den Konstrukten, die Horstmann errichtete, um Geld beschaffen zu können. Insbesondere Alexander Wehrle dürfte sich noch an den komplizierten Transfervertrag von Pedro Geromel erinnern, der ihm zahlreiche Überstunden und unangenehme Gespräche beschert hat. Noch 2014 sagte er dazu: “So einen Vertrag habe ich noch nicht gesehen.”

Siegers Abgang wiegt schwer, die Verschleierungen alarmieren

Angesichts der finanziellen Schwierigkeiten wiegt ein kürzlicher Verlust auf höchster Ebene umso schwerer: Mit Jürgen Sieger trat nicht nur der Vizepräsident zurück, sondern auch derjenige mit dem größten ökonomischen Sachverstand. Es war neben Werner Spinner vor allem Sieger, der die wirtschaftliche Gesundung des Clubs als Aufsichtsratsvorsitzender bis zu seinem Rauswurf 2016 vorantrieb. Weder Werner Wolf noch Eckhard Sauren können eine ähnliche wirtschaftliche Kompetenz aufweisen. Auf Siegers Wissen und Eigenschaften verzichten zu müssen, ist für den FC ein schwerer Schlag, von dem das Umfeld bislang kaum Notiz nimmt. Das gilt jedoch auch für die angespannte finanzielle Lage.

Existenziell gefährdet ist der Club bislang zwar nicht. Doch ein erneuter Abstieg, das dürfte allen im Geißbockheim klar sein, würde den 1. FC Köln vor deutlich größere Schwierigkeiten stellen als der letzte. Werner Wolf wird daher entschlossener und überlegter vorgehen müssen als zu seiner Zeit im Verwaltungsrat, wenn er den Verein nicht in eine ähnliche Krise stürzen will. Denn trotz des bisherigen Verzichts auf “ultima ratio”-ähnliche Maßnahmen wie die Veräußerung von Transfer- oder gar Geschäftsanteilen: Die finanziellen Probleme des effzeh können kaum noch verschleiert werden. Auch wenn Wehrle dies kürzlich wieder versuchte. Dem Express sagte er zu möglichen Wintertransfers: “Wir sind voll handlungsfähig.”

Kommt das jemandem bekannt vor? Ja? Richtig. Claus Horstmann sagte im Oktober 2011 dasselbe.

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